Die Krieger der Königin
sagte der Krieger, und in seiner Stimme lag keinerlei Humor.
»Ril!«, keuchte Solie, und Morgal stellte fest, dass er sich darüber wunderte, wie sie so zögerlich und unsicher sein konnte, wenn sie dem Rat gegenüberstand, aber die tödlichsten Wesen der Welt herumkommandierte wie Kinder. »Das kannst du nicht tun!«
»Warum nicht?«
»Es wäre falsch!«
Alle drei Krieger schienen nicht im Geringsten überzeugt.
Solie stieß den Atem aus. »Niemand wird hier irgendwelche Berge in Asche verwandeln, ist das klar?«
»Du bist eine Spaßbremse«, beschwerte sich Hedu beleidigt.
Solie rollte mit den Augen und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die kleine Sylphe, die mitten im Raum hockte. »Shore? Ähm, wie lang hat dein Meister schon geplant, ähm … du weißt schon.«
»Hat er nicht«, sagte die Sylphe, und ihre Stimme war ein leises Plätschern. »Er ist nur … wütend geworden. Ich … ich … ich habe ihn gewarnt, wollte nicht, dass er stirbt! Wollte nicht, dass du stirbst! Es ist so einsam!«
Sie klang unglaublich unglücklich, und Morgal streckte die Hand nach Ash aus. Die Feuersylphe kam zu ihm, ihre Hitze so weit unterdrückt, wie es ihr möglich war. Er konnte ihre Erleichterung darüber spüren, dass ihre Königin in Sicherheit war. Sie war viel ruhiger als er selbst. Er hatte sich sofort im Namen des Rates entschuldigt, als er von dem Angriff gehört hatte, und Solie hatte die Entschuldigung akzeptiert, aber jetzt war klar: Egal, was andere dachten, sie hatte das Sagen. Da er die Macht nie gewollt hatte, versuchte Morgal, sich selbst davon zu überzeugen, dass es ihm nichts ausmachte. Aber einem Mädchen die Autorität zu übergeben war einfach grundlegend falsch.
Hedu sah ihn an und zischte bösartig. Morgal zog den Kopf ein.
»Es ist in Ordnung«, sagte Solie zu Shore, kniete sich vor die Sylphe und legte ihr eine Hand an die Wange. »Du kannst einen neuen Meister haben – jemanden, von dem du Energie nehmen kannst und der dir all die Aufmerksamkeit schenkt, die du brauchst. Gibt es jemanden, den du magst?« Die Wassersylphe zögerte. »Es ist in Ordnung. Du kannst selbst wählen.«
Mit einem Schimmern wurde Shore zu einer Pfütze, die über den Boden floss, während der Boden trocken blieb. Mit einem Blick zu den Kriegern ging Solie hinter ihr her. Morgal folgte ihr, weil er neugierig war und nicht in diesem Raum bleiben wollte.
Der Flur war überfüllt, und überall bahnten sich vorsichtig Leute ihren Weg. Solie folgte der Wassersylphe, und irgendwie passierte es, dass Morgal direkt hinter ihr lief. Für einen angstvollen Moment wurde ihm klar, dass er zwischen ihr und ihren Kriegern war, aber einen Moment später flog ein roter Falke über seinen Kopf und landete auf ihrer Schulter. Morgal atmete erleichtert auf.
Sie gingen in den Speisesaal. Es war der größte Raum im Stock, und die hohe Decke wurde von massiven Steinsäulen getragen. Er war bereits zur Hälfte gefüllt, weil die Abendessenzeit näher rückte. Der Geruch von Walsuppe und Kartoffeln hing in der Luft, und Morgal stellte fest, dass er Hunger hatte. Leute beäugten die Neuankömmlinge und nickten Morgal zu, während sie Solie unsicher beobachteten. Sie wussten genauso wenig, wie sie mit ihr umgehen sollten, wie Morgal selbst, aber niemand versuchte irgendetwas, da Ril auf ihrer Schulter seine Federn ausschüttelte und die anderen zwei Krieger an ihre Seite traten.
Leon folgte der Gruppe, die Hände auf dem Rücken verschränkt. Ihn starrten die Leute hasserfüllt an, aber entweder er bemerkte es nicht oder er reagierte nicht darauf. Morgal bezweifelte, dass das früher auch so gewesen war. Da niemand über den Mordversuch Bescheid wusste, sprach auch keiner davon.
Alle beobachteten Shore. Sie floss in die Mitte des Raumes und zögerte. Morgal dachte darüber nach, dass die Auswahl nicht groß war. Es gab nur noch ungefähr zwanzig Männer, die noch keine Sylphe hatten, und viele von ihnen hatten bereits erfolglos versucht, eine zu bekommen. Wahrscheinlich würde sie sich mit einem Heranwachsenden begnügen müssen.
Die Wassersylphe entfernte sich von den Männern und bewegte sich nach Solies Ermunterung auf den Tisch zu, an dem die Jugendlichen saßen, genau wie Morgal es vermutet hatte. Ihm war aufgefallen, dass es ausschließlich Mädchen waren, als Shore wieder eine menschliche Form annahm und die Hand nach einem der Mädchen ausstreckte. Es war die vierzehnjährige Loren Malachi. Das Mädchen starrte die
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