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Die Kristallhexe

Titel: Die Kristallhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Zungenspitze über die Lippen, ein Zeichen der Nervosität, das Alberich nicht entging. Er musterte den Fremden einen Moment länger. »Wie wäre es mit - lass mich nachdenken - Fettsack oder Mondgesicht oder Schw...«
    »Saryf«, unterbrach ihn der Mann. Dann senkte er den Kopf. »Verzeiht, aber ich konnte nicht mehr ertragen, wie viele Gedanken Ihr Euch um einen macht, der seinen Wert nicht bewiesen hat.«
    Alberich lächelte und lehnte sich zurück. Sein Gegenüber verfolgte zwar immer noch seine Taktik der falschen Bescheidenheit, doch nun wirkte er unsicherer, ängstlicher, genau so, wie Alberich es mochte.
    »Also dann, Saryf«, sagte er. »Was willst du mir verkaufen?«
    Es fiel Saryf sichtlich schwer, in seine Rolle zurückzufinden. Er räusperte sich einige Male und strich mit der Hand über seinen kahlen Schädel. »Verkaufen ist so ein hässliches Wort, mein König. Sagen wir lieber, dass ich Euch eine Geschichte erzählen möchte. Und wenn sie zu Ende ist, könnt Ihr entscheiden, ob und was sie Euch wert ist.«
    Seine Stimme zitterte. Steif und reglos stand er da. Sein Seidengewand reichte bis zum Boden. Es wunderte Alberich, dass ein Mann, der so eitel war wie Saryf, ein zu langes Kleidungsstück trug. Er verfolgte den Gedanken aber nicht weiter, sondern schnippte mit den Fingern. »Wein!«, sagte er, als einer der Diener, die bei Audienzen stets hinter dem Thron warteten, herantrat. »Und bring meinem Gast auch ein Glas.«
    »Ja, Herr.« Der Diener verließ den Thronsaal durch eine schmale Hintertür.
    Saryf neigte dankend den Kopf und begann zu reden. Seine Geschichte handelte von einer kleinen Gruppe Wanderern, die eine seltsame gläserne Stadt besuchten, warum, verriet Saryf nicht. Ebenso wenig nannte er die Namen seiner Handlungsträger. Aber er war ein guter Erzähler, also ließ Alberich ihn gewähren. Anscheinend waren die Wanderer auf der Suche nach einem mächtigen Dolch, den sie schließlich durch eine List bekamen.
    »... liefen sie aus dem Palast hinaus«, sagte Saryf. »Und in ihrer Hand hielt Laura den Dolch.«
    Alberich zuckte zusammen. »Wer?«
    »Laura.«
    »Woher kennst du sie?« Alberich stand auf. Er war nicht groß, aber dank des Throns in seinem Rücken und der Stufen, die zu ihm hinaufführten, wirkte er übermächtig, das wusste er.
    »Ich kenne sie nicht.« Saryfs Selbstsicherheit war zurückgekehrt. Er spürte anscheinend, dass sich die Machtverhältnisse verschoben hatten. Nun verfügte er über Wissen, das Alberich begehrte. »Ich bin dieser Laura nie begegnet, aber ich weiß, dass Ihr Euch für sie und das, was sie tut, interessiert. Das ist mein Talent, mein Herr: Ich bin der Verbindungsmann zwischen Informationen und denen, die sie benötigen.«
    Alberich drehte den Kelch langsam zwischen den Händen. Der Wein darin war warm und roch nach Zimt. »Hat dieser Dolch, den sie gesucht hat, etwas mit mir zu tun?«
    Saryf lächelte und schwieg.
    Alberich musterte ihn einen Moment, fragte sich, ob er sein Wissen wohl unter der Folter preisgeben würde. Doch dann entschied er, dass es zu lange dauern würde, bis er ein Ergebnis erhielt. Stattdessen nickte er dem Diener, der ihm schon den Wein gebracht hatte, zu und hielt einige Finger hoch. »Gold!«
    »Ja, Herr.«
    Der Diener verschwand.
    »Während wir auf deine Entlohnung warten ...«, Alberich stellte den Kelch auf die breite Armlehne seines Throns, »... würde ich gern wissen, wie du an diese Informationen gelangt bist. Sie stammen schließlich aus einer Stadt, die als Mythos galt.«
    »An jedem Ort gibt es solche wie mich, Männer und Frauen, die zuhören und beobachten. Wissen ist eine Ware wie jede andere, mein König. Wenn ein Händler glaubt, dass sie begehrt sein könnte, versucht er, sie zu verkaufen. Und früher oder später stößt er dabei auf meinen Namen.« Saryf lächelte. »Meistens früher.«
    »Und doch habe ich von dir noch nie gehört.«
    »Meine Dienste waren bislang für Euch nicht von Interesse. Es erfüllt mich mit Stolz, dass sich das nun geändert hat.«
    Die Tür hinter dem Thron öffnete sich. Der Diener, den Alberich weggeschickt hatte, kehrte mit einem faustgroßen Lederbeutel zurück. Wortlos reichte er ihn Saryf, der den Beutel kurz in der Hand wog und ihn dann, ohne ihn zu öffnen, in den Falten seines Gewandes verschwinden ließ.
    »Der Dolch«, sagte er dann, »soll von großer Bedeutung sein, heißt es, um die Tore Innistìrs zu öffnen. Er soll wie ein Schlüssel sein.«
    Alberich zog die

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