Die Kultur der Reparatur (German Edition)
eines Steaks nötigen Rohstoffe wie Wasser, Mineralien, Energie und Transportkosten usw. mit einberechnen.
Meines Erachtens kann nur die Reparatur- und Recyclinggesellschaft zusammen mit der Entwicklung neuer Technologien die Antwort auf die zukünftigen Herausforderungen der Menschheit sein. Natürlich auf der Basis der Nutzung von Energiequellen, die noch lange zur Verfügung stehen, wieGeo- und Sonnen- sowie Wind- und Wasserenergie. Aber dazu braucht es die Entwicklung neuer Technologien, denn selbst wenn für alle Menschen das Recyceln alternativlos wäre, sie sich ökologisch korrekt, nachhaltig und moralisch gegenüber kommenden Generationen verhalten würden, um eines werden wir nicht herumkommen: Wir brauchen die Technologien zur Reparatur, zum Recyceln, zum Ausnutzen, zum Speichern und zum Verteilen der erneuerbaren Energien. Und das bei einer nach wie vor wachsenden Erdbevölkerung.
Werden wir z. B. in einemhalben Jahrhundert aus Mangel an bezahlbarem Kerosin gar nicht mehr fliegen können – oder wird es uns eine neue Technologie ermöglichen?
Die Energiedichte auch der besten Batterien ist heute noch weit weg (um den Faktor 100, vergleicht man Lithiumionenbatterien mit Kerosin) von dem, was nötig wäre, ein Objekt nicht nur in zwei Dimensionen auf der Erde von A nach B zu bringen, sondern auch noch die dritte Dimension des Fluges zu beherrschen, also die Energie bereitzustellen, der es zur Überwindung der Schwerkraft bedarf.
Dieses Beispiel leitet über zur großen Frage, wie Unternehmen global von einem Ressourcen ausbeutenden Geschäftsgebaren, das volkswirtschaftlich in Zukunft nicht mehr tragbar ist, in Richtung nachhaltiger Produktion animiert werden können. Ein Puzzleteil dabei ist sicher, dass wir Verbraucher smarter werden müssen.
Immer häufiger ist von smarten Geräten die Rede. Telefone nennt man Smartphones, aber es gibt auch „Smart Cabrios“. Ich ziehe smarte Menschen jedoch smarten Produkten vor, oder besser: Smarte Menschen sollten wirklich smarte Produkte herstellen und benutzen, und nicht solche, denen nur das Etikett anhaftet. Eine unüberschaubare Vielzahl von Geräten herzustellen, bei denen wir Konsumenten nicht mehr zwischen dem, was wichtig, und dem, was unwichtig ist, unterscheiden können, ist keine gute Entwicklung. Wir sollten uns smarte Fragen stellen, zum Beispiel: Warum brauchen wir eigentlich jedes Jahr ein neues Handy? Wir leben mit dem Fluch der Wegwerfgesellschaft, mit bewusst eingebauter Ablaufzeit. Noch.
Häufig wird ökonomisch argumentiert. Habe ich mit den vielen Neukäufen vielleicht nicht doch etwas Gutes getan, habe ich nicht die Wirtschaft in Gang gehalten? So ließe sich das coole neue Gadget ganz gut rechtfertigen – und der damit verbundene Wurf des alten, gerade mal ein Jahr alten Geräts auf den Müll. Dass diese Art des Konsums angesichts begrenzter Ressourcen auf unserer Erde verändert werden muss, wird jeder einsehen.
Taste the Waste: Wozu Müll noch gut sein kann
Die geplante Obsoleszenz ist schon problematisch genug, noch mehr anzuprangern ist aber das gezielte Wegwerfen noch voll funktionsfähiger Produkte, sei es aus einer individuellen Konsumlaune heraus, sei es über staatliche Programme, wie die Abwrackprämie für ältere Fahrzeuge ohne Katalysator, oder sei es aufgrund von Überproduktion wie insbesondere in der Lebensmittelindustrie. Die Bewertung solcher Aktionen im Spannungsfeld zwischen Umweltvorteilen, volks- und betriebswirtschaftlichen Aspekten, Ankurbelung des Konsums und Sicherung von Arbeitsplätzen vorzunehmen, hängt ganz von der entsprechenden Interessengruppe ab.
Jährlich landen in Deutschland rund elf Millionen Tonnen Lebensmittel auf Müllkippen; der durchschnittliche Bürger bringt es auf rund 100 Kilogramm pro Jahr, so eine Studie der Universität Stuttgart im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz aus dem Jahr 2012. Von bewusstem, verantwortlichem Umgang mit den wertvollen Gütern unserer Erde kann da nicht die Rede sein. Umso dringlicher ist es, dass wir eine neue Wertschätzung für die Dinge, sowohl für die Natur als auch für die vom Menschen geschaffenen Gegenstände, erreichen. Die Schicksalsgemeinschaft aller Menschen auf dem begrenzten Planeten Erde macht dieses Umdenken nötig. Gestalten wir es zusammen mit Wissenschaftlern, Erfindern, Technikern und allen gesellschaftlich engagierten Gruppen. Nehmen wir es selbst in die Hand, ehe die Probleme zu groß
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