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Die Kultur der Reparatur (German Edition)

Die Kultur der Reparatur (German Edition)

Titel: Die Kultur der Reparatur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang M. Heckl
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gebaut, aus Metall und Glas. Für einen Profi, einenprofessionellen Gewächshaushersteller, ist das eine Kleinigkeit, für mich war es das nicht. Um das Projekt in Angriff nehmen, um die Metallstreben miteinander verschweißen zu können, habe ich zunächst einen Schweißkurs absolviert, um die grundlegenden Verfahrensweisen kennenzulernen.
    So einfach ist eine saubere Schweißnaht gar nicht herzustellen. Es kommt viel auf die beteiligten Materialien, die Temperatur und auf Erfahrung an. Danach kaufte ich mir ein Schweißgerät und begann mit meinem Vorhaben.
    Das Gewächshaus hatte in seinen Einzelteilen rund sechzig Jahre im Garten eines Freundes im Gras gelegen, er schenkte es mir, die Eisenteile waren schon völlig überwuchert. Sie selbst stammten aus einem Botanischen Garten, wo sie nicht mehr gebraucht worden waren. Ich kam mir wie ein Retter vor, als ich die Teile aus der Graswiese holte, um ihnen gewissermaßen neues Leben einzuhauchen, sie ihrer ursprünglichen Verwendung zuzuführen.
    Schon das Rausholen aus dem „Dschungel“ gestaltete sich schwierig; bis ich alles von der Botanik befreit hatte, dauerte es mehrere Stunden. Danach zersägte ich die Streben mit der Flex, passte sie neu an, bat meinen Nachbarn beim Schweißen und Halten um Hilfe, vor allem auch beim Mauern eines Sockels aus Backsteinen – und nach mehreren Wochen war aus den Einzelteilen ein neues Gewächshaus entstanden. Ich strich es in einem Ferrari-Rot an, maß die Streben aus und ließ von einem Glaser die passenden Scheiben liefern. Diese kittete ich ein und isolierte noch die ein oder andere Stelle mit Dichtband. Alles wurde wunderschön. Zum Schluss klebte ich goldene Ziffern über den Eingang: „2000“. Das Datum der Wiederherstellung. Eingeweiht wurde das Haus mit einem Grillnachmittag für Nachbarn und Familie.
    Ich gebe ehrlich zu: Jedes Mal, wenn ich mein Werk betrachte, freue ich mich über meine gelungene Bastelarbeit, und gelegentlich zeige ich es auch Freunden nicht ohne einen gewissen Stolz. Bis dahin hatte ich nicht gedacht, dass ich ein gläsernes Haus errichten könnte – und ich hatte es doch fertiggebracht. Aber ich konnte auf altes Material zurückgreifen und es so wiederverwerten. Das alte Glas war zwar nicht mehr vorhanden, aber ich hatte die neuen Scheiben in die alten Verstrebungen eingesetzt. Ich hatte Dinge verstanden, von denen ich vorher keine Ahnung gehabt hatte, hatte Zusammenhänge begriffen und meine Passivität durchbrochen. Die Passivität, die jeder kennt. Der beruhigende Gedanke, dass schon ein anderer etwas für mich macht und ich es nur noch zu bezahlen habe.
    Wenn diese Passivität zur Routine geworden ist, wenn man gar nichts mehr reparieren kann, spricht man in der Psychologie von „erlernter Hilflosigkeit“. Geprägt wurde der Begriff in den sechziger Jahren von Martin E. P. Seligman und Steven F. Meyer, amerikanischen Psychologen. Er besagt, dass wir die Einstellung, uns hilflos und ohne Tatendrang zu fühlen, über die Jahre entwickeln, erlernen können, meist als Ergebnis von negativen Erfahrungen. Menschen sagen sich dann: „Das hat eh keinen Sinn. Da kann ich nichts machen, ich bin nicht in der Lage dazu, das zu bewältigen.“ Es wird nichts unternommen, weil man davon ausgeht, dass sich an dem Umstand, an der eigenen Lebenssituation sowieso nichts ändern kann. Man resigniert, und im Fall einer krankhaften Entwicklung sieht man sich selbst nur noch als Problem, auch als Opfer. Am Ende steht die Apathie. Diese Beschreibung lässt sich übrigens auch auf soziale Gemeinschaften übertragen.
    Selbst reparieren zu können ist ein Gegenmodell zur Hilflosigkeit, ein Ausweg aus dem Gefühl, nichts ausrichten zu können, an dessen Ende im besten Fall das Glück steht. Wenn ich meinem Nachbarn, jenem begeisterten Motorradfahrer und Reparier, an so manchem Sommerabend zusehe, wie er all seine alten Motorräder in Schuss hält, dann frage ich mich manchmal, ob ihn das nicht glücklicher macht als das Motorradfahren selbst.
    Wenn ich deshalb eine Kultur der Reparatur fordere, geht es mir, das möchte ich noch einmal betonen, nicht darum, dass jeder alles selbst reparieren kann. Wir Konsumenten sollten uns vielmehr nicht mehr einfach damit abfinden, wenn etwas kaputt ist, und akzeptieren, dass man den defekten Gegenstand recycelt oder gar entsorgt, ohne eine Reparatur in Betracht zu ziehen. Jeder sollte darauf hinwirken, dass Verkäufer, wenn ihnen kaputte Dinge zu einer möglichen Reparatur

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