Die Kundschafter
vertraut, aber nun sah es leer aus. Ausgestorben lagen die Häuser da, nicht einmal Vögel oder kleine Tiere zwitscherten oder raschelten im trockenen Laub.
»Der Hauch des Todes liegt über allem«, sagte Buruna und schauderte. Sie zog das Gewand vor der Brust zusammen.
»Wie kann ein Land so trostlos aussehen?« bekräftigte Gapolo. »Ich hätte nicht gedacht, dass sich Tainnia so verändern kann.«
Seit Stunden hatten sie keine lebende Seele getroffen, obwohl große Teile der Landschaft Bauern gehörten. Vor etwa vierundzwanzig Monden, entsann sich Mythor, hatte Churkuuhl, die Nomadenstadt, irgendwo dort vorn die Lorana überquert.
Fast ein ganzes Jahr lang lagerten die Yarls damals am Hochmoor von Dhuannin. Er selbst hatte versucht, das Umland kennenzulernen. Aber die berittenen Streifen der Tainnianer hatten ihn immer wieder zur Nomadenstadt zurückgetrieben. Aus dieser Zeit besaß er deutliche Erinnerungen an das Land.
Aber diese Erinnerungen stimmten nicht mehr mit der Wirklichkeit überein! Zwar rief er sich die Lage einzelner Berge oder Waldgebiete ins Gedächtnis zurück, und er fand sie wieder, ebenso wie die Ausläufer des festen Bodens, die tief in das Moorgebiet hineinreichten.
»Es ist wie ein Alptraum!« murmelte Mythor. Gapolo blickte ihn fragend an, und der Kundschafter sagte dem Freund, woran er dachte. Ze Chianez rückte den Schild zurecht, den er unter dem Mantel auf dem Rücken trug, und hörte schweigend zu.
»Dazu kommt dieser Wind, diese Schwüle«, sagte Gapolo. »Sie macht uns krank und lässt unsere Kräfte erlahmen.«
Vor ihnen, am Horizont, breitete sich ein dunkler Streifen aus. Es war, als habe eine riesige Egge quer durch das sumpfige Gelände eine breite Spur gezogen.
Nach einem weiteren Stück Wanderung tauchten die ersten typischen Sumpfgewächse auf; kleine Inseln aus Rohrgewächsen und schwarzen Bäumen, die ihre langen Zweige traurig herunterhängen ließen. Auch der Boden wurde schwarz. Das Gras machte faulig riechendem Moos Platz. Und über allem wölbte sich ein makellos blauer Frühlingshimmel. Unfruchtbares Land umgab die Wanderer. Der Eindruck passte zu dem schauerlichen Gesang, den schwarzen Kutten und den schwirrenden und klatschenden Peitschen und Schnüren. Selbst Lamirs Gesang klang bedrückter.
»Die Schwüle hätte die Geißler schon längst umbringen müssen«, meinte Buruna erbittert. »Ich bin sicher, dass die gelbe Pest eine lästige und schlimme, aber keine tödliche Krankheit ist.«
»Wir werden es erfahren«, versprach Mythor.
Seit dem Durchmarsch der Nomadenstadt hatte sich das Gesicht des Landes verändert. Dürre und Misswuchs breiteten sich langsam aus. Die Yarls hatten eine Spur der Verwüstung gezogen.
Die Spitze der Prozession hatte den Rand einer langgestreckten Zone erreicht, die etwa zweihundert Schritt breit war.
»Das ist, sagst du, die Spur der Yarls?« fragte Buruna. Die Elendskarawane war stehengeblieben. Einige Bußgänger ließen sich einfach in den Morast fallen.
»Ja. Ich erkenne erst jetzt, was die Nomadenstadt wirklich angerichtet hat.«
Schweigend betrachteten sie die Spur der Yarls. In der schwarzen Straße wuchs nicht einmal mehr Moos. Der Boden war aufgerissen und umgeackert, das Unterste war nach oben gerissen, tiefe Furchen zogen sich kreuz und quer durch die aufgebrochene Fläche. An einigen Stellen breiteten sich Flecken aus, die wie verbrannt oder von großer Hitze in glasartige Substanz verwandelt schienen.
Mythor deutete auf kleine Würmer, Schlangen und dunkle, echsenartige Tiere in allen Größen, die in den Löchern und Furchen umherkrabbelten und miteinander um rätselhafte Beute kämpften.
»Was immer die Yarls der Stadt Churkuuhl auf ihrem Weg durch Tainnia lenkte, war nicht das Leben«, murmelte Mythor und fuhr nach einer Weile fort: »Sie kamen aus der Düsterzone. Sie waren Schattengeschöpfe. Wie die Marn auch.«
Gapolo fragte scharf: »Die Marn auch? Das würde heißen, dass du von den Schattenmächten erzogen worden bist?«
»Ja, vielleicht. Aber sie wussten es nicht. Sie wussten nicht, was sie waren. Doch wir hatten Erinnerungen.« Er seufzte. »Vielleicht waren es auch nur Träume.«
»Glaubst du jetzt, was wir so oft gehört haben? Dass die Marn mit ihrer Stadt verhasst waren, wohin immer sie kamen?« Nun sahen sie deutlich, was die Yarls wirklich angerichtet hatten. Die Landschaft schien für alle Zeiten Wunden zu haben.
»Vermutlich«, meinte er mehr zu sich selbst, »ziehen sich solche
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