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Die Kunst des Träumens

Die Kunst des Träumens

Titel: Die Kunst des Träumens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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feurigen, die man für ernsthafter hielt, für beherrschter als die anderen, aber auch für überheblich.«
    »Was hat dies alles für mich zu bedeuten. Don Juan?«
    »Die Bedeutung ist zu weitreichend, als daß wir jetzt darüber sprechen könnten. Ich empfehle dir nur. alle Furcht aus deinem Leben und aus deinen Träumen zu verbannen, um deine Kohärenz zu schützen. Das anorganische Wesen, dem du zu einer Energie- Entladung verholfen und das du dann wieder aufgeladen hast, war ganz begeistert davon. Es wird wiederkommen und mehr von dir verlangen.«
    »Warum hast du mich nicht zurückgehalten. Don Juan?«
    »Du hast mir keine Zeit gelassen. Außerdem hast du nicht mal gehört, wie ich dich anschrie, das anorganische Wesen am Boden Liegenzulassen.«
    »Du hättest mich im voraus, wie du es immer tust, über alle Möglichkeiten unterrichten sollen.«
    »Ich kannte doch selbst nicht alle Möglichkeiten. Was die anorganischen Wesen betrifft, bin ich fast ein Neuling. Diesen Teil vom Wissen der Zauberer lehne ich ab. weil es zu aberwitzig und zu hinderlich ist. Ich möchte nicht irgendwelchen Wesen ausgeliefert sein, egal ob organischen oder anorganischen.« Damit endete unser Gespräch. Ich hätte mir Sorgen machen können, weil er so eindeutig negativ reagiert hatte; aber ich tat es nicht. Irgendwie war ich überzeugt, daß es ganz in Ordnung sei, was ich getan hatte. Und ich setzte meine Traumübungen fort, ohne weitere Einmischung irgendwelcher anorganischer Wesen.

4. Die Fixierung des Montagepunktes
    Da wir vereinbart hatten, nur dann über das Träumen zu sprechen, wenn Don Juan es für nötig hielt, befragte ich ihn selten und beharrte niemals länger auf meinen Fragen. Darum hörte ich gerne zu, wenn er von sich aus das Thema aufgriff. Seine Erklärungen des Träumens waren immer in andere Aspekte seiner Lehren eingebettet und wurden immer spontan und unvermittelt eingeflochten.
    Einmal, während ich bei ihm zu Besuch war. unterhielten wir uns über irgendwelche anderen Dinge, als er unvermittelt sagte, daß die alten Zauberer durch ihre Traum-Kontakte mit anorganischen Wesen große Geschicklichkeit im Manipulieren des Montagepunktes entwickelt hätten. Im übrigen sei dies ein weites und gefahrvolles Feld.
    Sofort nutzte ich meine Chance und fragte Don Juan, um welche Zeit ungefähr diese alten Zauberer gelebt hätten. Schon früher hatte ich, bei verschiedenen Gelegenheiten, dieselbe Frage gestellt, aber nie gab er mir eine befriedigende Antwort. Diesmal, so hoffte ich, würde er, vielleicht weil er das Thema selbst angeschnitten hatte, meinen Wunsch erfüllen.
    »Eine sehr schwierige Frage«, sagte er. Es klang, als wolle er meine Neugier wieder einmal zurückweisen. Darum war ich überrascht, als er fortfuhr: »Sie wird deine Vernunft strapazieren, ähnlich wie das Problem der anorganischen Wesen. Übrigens, was hältst du nun von ihnen?«
    »Laß mich bitte aus dem Spiel«, sagte ich. »Ich kann mir dazu keine Meinung erlauben.«
    Meine Antwort gefiel ihm. Lachend erzählte er, wie viel Angst und Abneigung die anorganischen Wesen ihm selbst einflößten. »Sie waren nie mein Fall«, sagte er. »Und der Hauptgrund war meine Angst vor ihnen. Ich konnte sie nicht überwinden, als ich's hätte tun sollen, und nun ist sie regelrecht zur Fixierung geworden.«
    »Fürchtest du sie noch immer, Don Juan?«
    »Es ist nicht eigentlich Furcht, was ich empfinde, sondern Abneigung. Ich will mit ihnen nichts zu tun haben.«
    »Gibt es einen bestimmten Grund für diese Abneigung?«
    »Den besten Grund überhaupt: wir sind gegensätzlich. Sie lieben die Sklaverei; ich liebe die Freiheit. Sie möchten kaufen, und ich verkaufe nicht.«
    Nun geriet ich in unerklärliche Erregung und erklärte ihm schroff, das ganze Thema sei mir allzu überspannt, als daß ich es ernst nehmen könnte.
    Er sah mich an, lächelte und sagte: »Am besten hält man es mit den anorganischen Wesen, wie du es tust: du leugnest ihre Existenz, triffst dich aber regelmäßig mit ihnen und behauptest, daß du nur träumst und daß im Traum alles möglich ist. Auf diese Weise brauchst du dich nicht festzulegen.« Ich empfand ein sonderbares Schuldgefühl, auch wenn mir nicht klarwurde, warum eigentlich. Und so musste ich fragen: »Worauf spielst du an. Don Juan?«
    »Auf deine Begegnungen mit den anorganischen Wesen«, erwiderte er trocken.
    »Machst du Spaß? Welche Begegnungen?«
    »Ich wollte nicht darüber sprechen. Aber ich glaube, es wird Zeit, dir

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