Die Kunst, gelassen zu erziehen
wohlwollende und interessierte Art und Weise auf unsere Erfahrung – unsere Stimmung, unsere Gefühle, Gedanken und Empfindungen – lenken, lernen wir uns besser kennen und können uns von Neuem mit uns selbst verbinden (siehe Übung) . Zudem gelingt es uns immer besser, uns in unsere Kinder wirklich EINZUFÜHLEN , sie tatsächlich wahrzunehmen.
Denn nur mithilfe von Achtsamkeit werden wir uns darüber bewusst, dass wir etwas wollen und uns darauf versteifen, statt darauf zu achten, was für unser Kind das gerade Angemessene ist. Dass wir uns durch ein Verhalten unseres Kindes persönlich beleidigt fühlen und das Ganze aufbauschen, statt das Geschehene mit Abstand zu betrachten und ihm den Stellenwert zu geben, der ihm gebührt. Wir erkennen, dass es unsere eigenen Gedanken und Wünsche sind, die wir immer wieder in den Mittelpunkt stellen. Durch das Innehalten bekommen wir die Chance, einen Schritt zurücktreten, einen objektiven Blickwinkel einzunehmen undunser Kind wirklich zu sehen. Hierin liegt der Schlüssel zu einer neuen Beziehungsqualität zwischen Eltern und Kindern. Aber keine Sorge, Sie müssen dafür Ihr Leben nicht auf den Kopf stellen oder einen sportlichen Wettkampf daraus machen. Vielmehr können Sie Ihre Achtsamkeit so oft Sie wollen ein wenig trainieren – oder üben, wie die Buddhisten es nennen –, und schon wächst sie. Die Übungen in diesem Buch werden Sie dabei unterstützen.
Nur wahrnehmen, nicht bewerten
Um die Achtsamkeit zu erhöhen, kann es helfen, wenn wir unsere Gefühle und Gedanken wie das Wetter sehen, das durch uns hindurch-zieht: Mal ist es bewölkt, mal scheint die Sonne, mal ist es kalt, mal warm. Das Wetter ist, wie unsere Gedanken und Gefühle, nur eine Momentaufnahme, es kommt und geht wie alles andere auch. Es ist, wie es ist, und es darf so sein. Wir können es einfach vorüberziehen lassen, denn es ist nicht identisch mit uns. Wenn wir diese Flüchtigkeit einmal verinnerlicht haben, können wir ganz anders mit unserer Umgebung umgehen. Denn diese Fähigkeit hilft uns auch, nicht sofort ablehnend, zornig oder überschwänglich zu reagieren, sondern uns mit unseren eigenen inneren Reaktionen zunächst selbst auseinanderzusetzen. Wir lernen einfach wahrzunehmen, was ist, welche Gedanken und Gefühle sich gerade in uns breitmachen. Statt diese zu unterdrücken oder in ihnen zu schwelgen, ist es wichtig, ihnen mit AKZEPTANZ und GROSSZÜGIGKEIT zu begegnen, so offen und weitherzig zu sein wie nur möglich.
So können wir einem Gefühl vielleicht erst einmal inneren Raum und Zeit schenken, es kennenlernen und unsere Absichten prüfen, bevor wir es einem anderen zeigen. Das kann uns helfen, Ungerechtigkeiten und Konflikte schon im Vorfeld zu vermeiden, indem wir nicht einfach impulsiv reagieren, sondern zunächst wahrnehmen und innehalten. Probieren Sie doch die folgende Ergänzung der vorangegangenen Übung.
ÜBUNG
Achtsame Zuwendung
Versuchen Sie, mit Ihren Aktivitäten kurz innezuhalten, und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit nach innen.
Achten Sie dabei zunächst wieder auf Ihre Gedanken. Was geht Ihnen durch den Kopf?
Lassen Sie nun die Gedanken vorüberziehen. Wie fühlen Sie sich dabei?
Was empfinden Sie körperlich? Rumort Ihr Magen, schmerzt Ihr Nacken, fühlen Sie sich wohl? Wie ruhig oder schwer geht Ihr Atem? Wie fühlt sich das an, was Sie gerade in der Hand haben oder worauf Sie sitzen?
Versuchen Sie, möglichst präzise zu spüren, was Sie in Ihrem Körper empfinden, ohne es zu beurteilen.
Wundern Sie sich nicht, wenn Ihre Gedanken beim In-sich-hinein-Horchen immer wieder abschweifen. Das ist nicht ungewöhnlich. Kommen Sie einfach jedes Mal freundlich zu sich selbst und Ihrer Erfahrung im gegenwärtigen Moment zurück, wenn Sie merken, dass Sie abgedriftet sind. Und wenn das zehnmal in der Minute ist – machen Sie kein Problem daraus, denn das ist besonders am Anfang ganz normal und auch später noch von verschiedenen Umständen abhängig. Entscheidend ist die wohlwollende innere Haltung sich selbst gegenüber, denn sie ist der Nährboden für inneres Wachstum und Heilung.
Wie Sie bei diesen Versuchen schnell feststellen werden, ist es unmöglich, das Denken mit unserem Willen zu stoppen. Je mehr wir dagegen ankämpfen, desto wilder wird es sich gebärden. Es macht keinen Sinn, gegen den Tumult in unserem Kopf zu Felde zu ziehen.
Unser Denken beruhigt sich von alleine, wenn wir die geeignete innere Einstellung einnehmen. So wie sich nach dem Einschenken
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