Die Kunstjaegerin
Bilder von der ›Equilibrista‹ haben wollen«, unterbrach Boris. »Und natürlich auch die Story, die hinter einem Hochseilakt bei den Uffizien steckt. Ich weiß nicht, wie viel die Polizei schon verlautbart hat.«
Theresa schüttelte den Kopf. »Nein, wie ich aussehe! Niemand darf mich jetzt fotografieren. Die müssen war-ten. Von wem sind eigentlich diese Blumensträuße da drüben?«
»Einer ist von uns und der zweite ist …«, Flora ging hin, um die Karte zu lesen, »von Francesco.«
»Ich glaube, du solltest ihm verzeihen«, sagte Leon.
»Das sagst du?«
»Ja. Denn ohne ihn wäre die Spezialeinheit der Carabinieri nicht so schnell vor Ort gewesen.«
»War eh nur halb aufgeblasen, das Luftkissen. Typisch. Nein, es tut mir leid, aber gewisse Dinge kann ich nicht verzeihen.« Theresa verschränkte die Arme und verzog schmerzvoll das Gesicht.
»Chèrie, was hat er dir angetan?«, fragte Paul. »Derart unbarmherzig kenne ich dich gar nicht.«
»Den ausschlaggebenden Grund habe ich vergessen. Es waren viele Mosaikteilchen, die zusammen dieses Gefühl der Verletztheit ergeben haben. Und das verzeihe ich nicht. Schenkt den Strauß einer Krankenschwester. Die sind alle sehr nett hier.« Theresa klingelte, sie wollte sich ohnehin noch ein paar Schmerzmittel bestellen.
»Ich verstehe dich, es gibt Dinge, die kann man nicht vergessen.
Mit Walter geht es mir genauso. Also, wie lange musst du hier bleiben?«, wechselte Flora das Thema.
»Wegen Verdachts auf Gehirnerschütterung bin ich unter Beobachtung. Sonst ist alles gegipst und verbunden. Wenn mir nicht schwindlig wird und ich eine Hunderterpackung Paracetamol mitbekomme, kann ich am Abend gehen.«
In diesem Moment klopfte es an der Tür. Renzo Rubini und Robert Kiesling steckten die Köpfe herein.
»Salve, Commissario Rubini, grüß Sie, Chefinspektor Kiesling.«
Theresa sah die beiden mit zusammengekniffenen Augen an. »Bin ich jetzt endgültig rehabilitiert?«
»Frau Valier, ich habe Sie nie wirklich im Verdacht gehabt. Gut, ein bisschen vielleicht, als Sie bei Wenz eingebrochen sind«, murmelte Kiesling verlegen.
»Verziehen und vergessen!«, erwiderte Theresa. Sie konnte doch großmütig sein!
»Guten Tag, Signora Valier, schön Sie endlich persönlich kennenzulernen. Wir haben eine gute Nachricht. Das Gemälde wurde gefunden«, sagte Rubini und sah dabei Flora an, die augenblicklich errötete.
Theresa bemerkte, dass Kiesling die beiden mit einem bösen Blick bedachte und freute sich ein bisschen. Das würde noch interessant werden. Und Flora drehte wieder verlegen an ihren Haaren.
»Wo ist es? Haben Sie es mitgebracht? Wie sieht es aus?«, fragte Leon.
»Nein, wir haben es auf dem Kommissariat. Es ist fast unversehrt, nur vom Keilrahmen genommen. Es müsste neu gespannt werden. Die Kollegen vom Kunstraubdezernat sehen es sich gerade an.«
»Wieso?«, fragte Theresa und sah es schon für Jahre in der Asservatenkammer verschwinden.
»Ich weiß nicht, ob Sie es gehört haben, aber vor ein paar Wochen wurde ein Sustermans hier in Italien restituiert«, sagte Renzo und schickte noch einen Augenaufschlag an die rothaarige Signorina.
»Und weiter? Was hat das mit unserem, ich meine, Frau Valiers Bild zu tun?«, fragte Paul ungehalten.
»Es wird überprüft, ob das Gemälde zu den drei Sustermans-Werken gehört, die im Feber 1943 von Nazitruppen aus einer Villa in Florenz geraubt worden sind. Das Porträt einer Medici-Prinzessin wurde vor Kurzem in Rom zum Verkauf angeboten und dort, nachdem es als Naziraubgut identifiziert worden ist, einbehalten.«
»Aber mein …«, unterbrach Theresa, doch Renzo sprach unbeirrt weiter.
»Das beschlagnahmte Kunstwerk wurde an die Erben zurückgegeben, den Franziskanerorden in Assisi.«
Aufgebracht rief Leon: »Da hat meine Frau Kopf und Kragen riskiert, wegen eines Gemäldes, das wegen der Ignoranz der Kirche zu einem Geheimnisträger und Gefahrenherd wurde? Und nun gehört es vielleicht der Kirche? Was für eine Ironie!«
»Halt!«, unterbrach Theresa und setzte sich mühsam auf. »Es gibt Briefe, die beweisen, dass das Bild immer im Besitz der Igowskis war, also wird es da kein Problem geben.« Sie sank wieder in ihre Polster, froh, dass die ›Krönung‹ nicht auch noch eine braune Vergangenheit hatte.
»In diesem Fall wird die offizielle Ausfuhrgenehmigung eine reine Routineangelegenheit sein«, sagte der Commissario. »Dafür werde ich sorgen.«
»Danke, Frau Valier, dass Sie uns die Arbeit
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