Die Kunstjaegerin
und hob das Bild hoch. Nun bewegte sich auch der Kater, sprang elegant von der Vitrine und strich schnurrend um die Beine seines Herrchens.
»Hoppla! Renoir, mein Schöner«, sagte der Restaurator. »Sie haben meinen Wachhund bereits kennengelernt? Er wirkt ein bisschen arrogant und hochnäsig – ein Geschenk von Paul übrigens … Als ob die beiden verwandt wären.« Er machte eine Pause und lächelte. »Gut, sehen wir uns das Kunstwerk an.«
Theresa half ihm, die Klebebänder der Verpackung zu lösen und erzählte, dass ihr Vater das Bild vor rund vierzig Jahren aus der Verlassenschaft der Fürstin Igowski gekauft habe. Seither sei es weder restauriert noch gereinigt worden.
Wenz nickte stumm.
»Ein gewisser Sustermans hat es gemalt«, fuhr Theresa fort und beobachtete, ob der Name eine Reaktion bei ihm auslöste. Das Gesicht des Restaurators blieb unbewegt. Sie schluckte enttäuscht.
»Vielleicht könnten Sie mir mit der Ikonografie weiterhelfen. Ich habe zwar eine Zeit lang Kunstgeschichte studiert, aber wer hier abgebildet sein soll, ist mir ein Rätsel.«
Der alte Mann legte das Gemälde in der Nähe der Eingangstür auf einen Tisch und begann es zu inspizieren. »Mal schauen … Auf den ersten Blick ist es eine Krönung. Die zwei Priester hier links hinter dem Altarstein scheinen eine Salbung vorzunehmen, hm ja, das dürfte eine Schale mit Öl sein … Im Zentrum der kniende, bärtige Mann mit dem Hermelinmantel ist unschwer als König zu erkennen.« Er strich sich übers Kinn. »Die Menschenmenge dahinter ist eigenartig … Einer hält eine Krone, der andere ein Zepter und einige sind bewaffnet … Außergewöhnlich.«
Vorsichtig, fast ehrfürchtig fuhr der Restaurator mit den Fingerspitzen über die Malschicht. Er hob das Bild hoch, um sich die Rückseite anzusehen. Nach einer kurzen Prüfung seufzte er und schüttelte den Kopf. Theresa ließ die Schultern hängen.
»Es gibt ziemlich unbegabte Kollegen«, brach Wenz schließlich das Schweigen. »Obwohl ich ungern abfällig über meinesgleichen spreche, muss ich sagen, dass in diesem Fall echte Dilettanten am Werk waren. Hier hätte nur ein Meister den Pinsel ansetzen dürfen.
Das bedeutet viel Arbeit für mich, wenngleich eine schöne. Dieses Gemälde ist«, er überlegte kurz, »irgendwie besonders. Ich habe noch keine vergleichbare Darstellung gesehen.«
Nochmals musterte er konzentriert das Kunstwerk, kniff die Augen zusammen, als wolle er mit einem Röntgenblick Untermalungen finden. »Wirklich wunderbar«, flüsterte er, ging zur Tür und warf einen raschen Blick hinaus. »Gut, es hat aufgehört zu schneien, die Sonne kommt durch. Ich brauche Tageslicht.«
Ehe sich Theresa versah, hatte Wenz das Bild hinausgetragen und vor sein Geschäft auf einen Sessel gestellt. Eine alte Frau blieb neugierig stehen. Ihr Dackel schnüffelte aufgeregt an der Eingangstür und zerrte an der Leine. »Komm, Waldi, das Katzenvieh kratzt dir nur wieder die Schnauze blutig.« Sie nickte ihnen kühl zu, bevor sie weiterging.
Der Restaurator schmunzelte, bevor er sich wieder auf seine Arbeit besann. »Im Freien kommt die Schönheit noch besser zur Geltung. Die Oberflächenstrukturen sind trotz des schnellen Pinselstrichs exzellent ausgeführt. Schauen Sie sich den Hermelinmantel des Königs an. Oder die Gesichter!« Er hielt inne, in seinen Augen flammte Begeisterung auf. »Voller Charakter. Das sind keine Figuren wie aus dem Musterbuch. Auch die Komposition ist durchdacht. Diese Krüge«, er zeigte auf die prächtigen goldenen Gefäße am unteren Bildrand, »sind beispielsweise dazu da, den Blick des Betrachters zu lenken, ihn ins Bild einzuführen.« Wenz unterbrach seinen Redefluss. »Oh, entschuldigen Sie, ich doziere schon wieder.«
»Kein Problem, sprechen Sie weiter«, sagte Theresa und trottete Wenz hinterher, als er das Gemälde zurück in seinen Laden trug.
»Es ist fast wie eine Vorlesung auf der Uni.«
Der Restaurator strahlte sie an, Lachfältchen bildeten sich rings um seine Augen. »Schön zu hören. Ich habe einige Bekannte, die meine Monologe furchtbar langweilig finden.«
Erneut nahm er das Kunstwerk in Augenschein. »Die Architektur der Gebäude im Hintergrund ist italienisch, aber die Gesichtszüge der Personen scheinen zum Teil nordisch zu sein. Ein eigenartiger Kontrast. Ich werde nachsehen, ob ich in meinen Büchern etwas zur Darstellung und zum Maler finde. Sustermans, sagten Sie?«
»Ja.«
Theresa hatte selbst bis vor einer Woche, als
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