Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
die harten Gesichtszüge des Mannes, der ohne Zweifel vor über einem Jahrzehnt den Grafen Pico della Mirandola vergiftet hatte.
»Giacomo Kardinal Catalano!«, entfuhr es Bramante. »Ihr, Eminenz? Ihr seid der Sekretär, Ihr habt meinen Freund ermordet?«
»Ja, ich! Irgendwann musstet Ihr ja drauf kommen. Aber es wird Euch nichts mehr nützen, denn niemand wird es wagen, Euch Glauben zu schenken.«
Die beiden Männer maßen sich einige Augenblicke in stummer Feindschaft. Der Kardinal wies mit dem Zeigefinger auf die rechte Hand des Baumeisters.
»Ihr habt da etwas, was mir gehört.«
»Ihr auch!«
»Und was sollte das sein?«, fragte der Kardinal kalt.
»Euer Leben.«
Giacomo hatte sein Rapier noch nicht ganz gezogen, als Ascanio schon mit gezücktem Degen neben dem Architekten stand.
»Was hat Euch der Princeps Concordiae getan, dass Ihr ihn vergiftet habt?«, fragte Bramante bitter.
»Pico della Mirandola war ein schlimmer Ketzer, ein Verführer.«
»Er war der klügste Mensch, den ich in meinem langen Leben kennengelernt habe.«
»Darin finde ich keinen Widerspruch zu dem, was ich gesagt habe. Im Gegenteil, seine Klugheit machte ihn so gefährlich. Mit seinem Tod zerfiel Euer Ketzerbund. Und jetzt gebt mir meinen Ring zurück!«
»Was ist so Besonderes daran?«
»Das werdet Ihr niemals erfahren!«
Der Baumeister wog den Kopf, als dächte er nach, dann zog auch er sein Rapier.
»Gebt mir vorher Euer Leben, dann will ich den Ring mit Euch beerdigen. Das schwöre ich bei allen Göttern Roms.« Mit dem Schwur bei den heidnischen Göttern bezweckte Bramante, Giacomo zu provozieren. »Zu den Fischen mit Euch, zu den Fischen. Das wird eine nasse Sache werden, in der ich meine kranke Seele baden und heilen werde.« Verliebt betrachtete er die kalte Klinge seines Degens und beneidete sie darum, im Körper des Erzschurken das tödliche Vernichtungswerk ausführen zu dürfen. Wie gern hätte er selbst in den Eingeweiden dieses Giftmörders gewütet und ihm mit eigenen Händen die Organe herausgerissen!
Plötzlich trat einer der Männer aus der Gruppe, die um das Feuer saß, zwischen den Architekten und den Kardinal. Die beiden Herren, so bat er inständig, sollten ihren Streit doch an einem anderen Ort austragen. Hier könne man keine Scherereien gebrauchen. Bramante und Giacomo starrten überrascht auf den verlumpten Mann, der mit ausgestreckten Armen und nach oben gedrehten Handflächen zwischen ihnen stand, bittend, ein Friedensstifter. Recht hatte er, den Tod des Kardinals oder des Baumeisters würde man diesen Leuten in die Schuhe schieben. Aus Sicht der Obrigkeit gaben sie die idealen Sündenböcke ab, denn niemand würde für den Mord an dem Kardinal den Baumeister des Papstes verantwortlich machen oder das gewaltsame Ableben des Kardinals mit dem Architekten in Verbindung bringen. Giacomo musterte erst Bramante, dann seinen Begleiter. Ein verzerrtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
»Die beiden bravi waren angewiesen, Euer Leben zu schonen. An diese Rücksichtnahme fühle ich mich nicht mehr gebunden.«
Bramante spuckte aus.
»Und du«, wandte sich Giacomo mit scharfer Stimme an Ascanio, »überlege gut, ob du einem Häretiker helfen willst. Wenn du dich gegen mich stellst, wird es ein schlimmes Ende mit dir nehmen.«
Bramantes Leibwächter verzog nur verächtlich den Mund und hob drohend sein Rapier. »Der Degenstoß, der mich ins Jenseits befördern wird, ist bereits im Himmel beschlossen. Daran könnt nicht einmal Ihr als Kardinal etwas ändern. Wir können den Tod weder suchen noch ihm entfliehen, er findet uns.«
»Was macht dich so sicher, dass es kein Scheiterhaufen sein wird?« Giacomo wollte Ascanio einschüchtern, aber dieser lächelte nur und schwieg.
»Ihr seid des Todes, Donato, und du auch, Messèr Schlagetot! So oder so.« Giacomo steckte den Degen ein und verschwand in der Dunkelheit.
Bramante wollte ihm hinterherstürzen, diese Gelegenheit konnte er sich unmöglich entgehen lassen, da schlug er der Länge nach hin. Im gleichen Moment landete Ascanios Faust im Gesicht des Friedenstifters, der Bramante ein Bein gestellt hatte. Der Mann wankte, dann sagte er mit leiser, aber fester Stimme: »Verzeiht, gnädiger Herr, aber ich sagte, nicht hier!«
Bramante erhob sich ächzend und wollte seine Wut an dem Lumpenmann auslassen, doch Ascanio hielt ihn zurück.
»Der Mann hat recht, Messèr Donato!«
Der Baumeister steckte den Degen ein. Wenigstens kannte er nun den Mörder
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