Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kuppel des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
Vom Netzwerk:
Florenz habt Ihr ein Jahr lang gearbeitet. Legt man diese Zeit zugrunde – und von der Qualität dieser Skulptur müssen doch auch alle Figuren des Mausoleums sein –, dann werdet Ihr die nächsten vierzig Jahre allein mit der Bildhauerei beschäftigt sein.«
    »In fünf Jahren steht das Grabmal in Sankt Peter, eigenhändig von mir erbaut. Und jede einzelne Figur wird in ihrer Schönheit den David noch übertreffen«, gab Michelangelo zurück und straffte die Schultern.
    »Verzeiht mir altem, einfältigem Mann, aber wie wollt Ihr das schaffen?«
    »Schluss jetzt!«, schimpfte der Papst. »Was geht Uns das an, wie er es schafft. Wir sind doch kein Buchhalter! Er hat gesagt, er schafft es, und da er den Papst wohl kaum zu belügen wagt, wird er es auch schaffen. Kümmere dich um deinen Auftrag, Donato. Das genügt vollauf.« Mit diesen Worten stürmte Julius aus dem Saal.
    Michelangelos Grinsen brannte wie Salzsäure auf Bramantes Haut. Diese Niederlage würde er dem Konkurrenten nie verzeihen, niemals! Er, der erste Baumeister seiner Zeit, sollte zum Handlanger eines Bildhauers und dann noch dieses Burschen da werden? Auch wenn in seinem Innern der Zorn loderte, so riss er sich dennoch zusammen. Kein Zornesfältchen verriet, was er dachte und fühlte. Aber noch war nicht aller Tage Abend, noch stand das Grabmal nicht, und er, Donato Bramante, würde alles tun, dass es auch niemals dazu kommen würde. Bevor er die Stanza della Segnatura verließ, raunte er Giacomo zu: »Darf ich Euch bitten, mir morgen die Beichte abzunehmen?«
    »Kommt zur Vesper in den Nordchor des Domes.«

18

    Rom, Anno Domini 1505
    »Du hast Bramante gedemütigt, Michelangelo, und ganz gewiss sinnt er auf Rache«, sagte Sangallo, als sie gemeinsam den Vatikanpalast verließen, und bot sich an, die Wogen zu glätten und zu vermitteln. Michelangelo lachte ihn nur aus. Was ging ihn dieses Wildschwein aus den Marken an! Dass er auf der Hut sein musste, wusste er selbst. Nein, Bramante beschäftigte ihn nicht weiter. Seine Gedanken drehten sich nur um den jungen Dominikaner. Dass dieser ein Gegner seines Entwurfs war, stimmte ihn traurig, denn er mochte ihn, mehr noch, er sehnte sich nach seiner Gegenwart. Im Stillen nannte er ihn den »Kardinal mit dem Engelsgesicht«.
    Zu Hause angekommen, bat er Francesco, ihm verdünnten Wein und etwas Brot in die Werkstatt zu bringen und ihn dann nicht mehr zu stören. Obwohl er auf ganzer Linie gesiegt hatte, verspürte Michelangelo kein Bedürfnis zu feiern. Er trank nur vom Wein, das Brot vergaß er. Ganz in Gedanken nahm er ein Blatt Papier und ließ den Griffel darübergleiten. Überrascht nahm er wahr, dass sich die Striche mehr und mehr zu den Gesichtszügen Frà Giacomos zusammenfügten.
    »Mit der Vernunft bin ich im Klagen eins,
    Dass liebend ich ein Glück erhofft von dorten,
    Und sie beweist mir mit den wahrsten Worten
    Die Schande meines Preisgegebenseins.«
    Michelangelo hatte diese Worte vor sich hingeflüstert und erkannte überrascht, dass es wie eine Strophe aus einem Gedicht klang. Während er die Worte neben der Zeichnung niederschrieb, hörte er ein Geräusch und sah auf.
    Francesco stand in der Tür und hob entschuldigend die Schultern. »Ein Herr will Euch sprechen und lässt sich nicht abweisen!«
    Kurz darauf stand er mitten im Zimmer – der Kardinal mit dem Engelsgesicht. Bevor er sich erhob, um den Gast zu begrüßen, drehte er rasch das Blatt mit Giacomos Porträt um.
    »Eminenz«, sagte er mit einer Verbeugung und wollte ihm die Hand küssen, aber der Kardinal winkte ab.
    »Lasst das ›Eminenz‹ ruhig weg, mir liegt nichts dran. Entschuldigt, dass ich Euch störe, aber wir müssen reden!«
    »Nehmt bitte Platz«, sagte Michelangelo, und Giacomo kam der Aufforderung nach. Er ließ sich mit einer solchen Anmut auf dem Lehnstuhl an der Stirnseite des Holztisches nieder, dass Michelangelo ein Schmerz durchfuhr, wie ihn nur der Anblick der Schönheit hervorbrachte.
    »Kann ich Euch etwas anbieten?«
    »Zu essen? Nein! Zu trinken? Nein! Dass Ihr zum wahren Glauben kommt? Ja!«
    »Oh, ich glaube so fest und so tief wie kein Zweiter!«, versicherte Michelangelo mit belegter Stimme.
    »Wenn Ihr tatsächlich an Gott, den Allmächtigen, glaubt, an unseren Herrn Jesus und an den Heiligen Geist«, sagte Giacomo, beugte sich vor und sah Michelangelo mit blitzenden Augen an, »dann entwerft einen demütigeren Plan für Julius’ Grabmal. Und lasst die heidnischen Dinge weg!«
    Wie schön er ist

Weitere Kostenlose Bücher