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Die Lady auf den Klippen

Die Lady auf den Klippen

Titel: Die Lady auf den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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dort. Von der Anhöhe wurden die Kanonen abgefeuert, Säbel klirrten, Männer schrien. Rauch erfüllte die Luft, verdeckte die Sonne. Und er lief, ohne Pferd, um seinen Freund Tom Mowbray zu retten. Bis ein brennender Schmerz in seinem Knie zu explodieren schien …
      Zorn und Empörung stiegen in ihm auf. Er wollte sich jetzt nicht an den Krieg erinnern, überhaupt nie mehr. Aufgebracht warf er den Hammer zur Seite, der über den Boden rutschte, bis er an eine Säule stieß. Die Männer, die ihm halfen, die Scheune zu errichten, widmeten sich weiterhin ihrer Arbeit und achteten nicht auf ihn.
      Der Brief weckte immer wieder diese verdammten Erinnerungen und damit den verfluchten Schmerz, den er gewöhnlich unterdrückte. Schwer atmend lehnte Rex sich auf seine Krücke. Das Schlimmste war, dass er diesen Brief so dringend brauchte. Und bei Tageslicht besehen konnte er nicht bedauern, Tom Mowbrays Leben gerettet zu haben, ebenso wenig wie die kurze Verbindung mit der Frau, die er einmal geliebt hatte.
      Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, und der Zorn ließ ein wenig nach. All das gehörte einer fernen Zeit an, und die Vergangenheit musste begraben bleiben. Doch den Brief, in dem es um seinen Sohn ging, konnte er nicht einfach vergessen.
      Denn auch wenn er den Inhalt fürchtete, so sehnte er sich doch verzweifelt danach, ihn zu lesen. Die Lektüre bereitete ihm so viel Freude – und so viel Schmerz.
      Der Brief hatte ihn früh am Morgen erreicht, und seither lag er in seinem Arbeitszimmer. Da er nur einmal im Jahr eine solche Nachricht erhielt, wollte er nicht länger warten. Rasch ging er durch das Gebäude, das einmal sein Zuchtstall werden würde. Draußen standen eine Reihe von Bauwerken aus Stein, dahinter die Kapelle aus dem vierzehnten Jahrhundert. Es war ein typischer Tag in Cornwall. Der Himmel war strahlend blau, mit einzelnen Wolken, die aussahen wie gesponnene Baumwolle, während die Moore sich unendlich weit vor ihm auszudehnen schienen, dunkel, ohne Bäume und weitgehend karg. Doch selbst von hier aus konnte er in der Ferne seine Schafe und sein Vieh sehen. Der Anblick schenkte ihm einen Moment der Befriedigung. In der Nähe teilten steinerne Umfriedungen, die er selbst errichtet hatte, die Hügel. Die Einjährigen jagten einander auf einer der Weiden, Zuchtstuten grasten auf einer anderen, mit gerundeten Leibern und kurz vor dem Fohlen. Und stets hörte er hinter sich das Rauschen des Ozeans, eine ständige Erinnerung daran, wo und wer er war.
      Bodenick Castle war sein Zuhause. Es war im späten sechzehnten Jahrhundert errichtet worden, auf nackten schwarzen Klippen, die steil zum Meer hinab führten, und es besaß eine schlichte, quadratische Struktur, von dem nur noch ein Turm erhalten war. Nachdem ihm das Anwesen für seine Verdienste während des Krieges überlassen worden war, hatte er vier Jahre damit verbracht, es zu renovieren, doch er hatte nicht versucht, den zweiten Turm aufzubauen, von dem nur wenige originale Steine übrig geblieben waren. Die hiesige Legende besagte, dass Piraten ihn abgerissen hätten, einen Stein nach dem anderen, auf der Suche nach einem vergrabenen Schatz. Einige Leute behaupteten, dass dieser Schatz noch immer hier versteckt sei.
      Eine einzige Eiche schmückte das Schloss, an dem alter Efeu und wilde Rosen emporrankten. Eilig betrat Rex die Halle.
      Drinnen war es beinahe noch kälter als draußen. Er erschauerte, denn er hatte an der Scheunenbaustelle sein Hemd liegen gelassen. Eilig lief er zu dem Turm, in dessen Erdgeschoss sein Arbeitszimmer lag. Die Furcht stieg wieder in ihm auf.
      Drinnen war es dunkel, denn nur zwei kleine Fenster erhellten das runde Zimmer. Rex ging hinüber zum Schreibtisch, wo seine Papiere sorgfältig in Ordnern abgelegt waren, seine Angelegenheiten geordnet und katalogisiert. Er musste weder auf die Marke noch auf den Absender sehen, um zu wissen, woher der Brief kam – die Schrift war ihm noch immer entsetzlich vertraut.
      In seinem Innern schien der Schmerz zu explodieren. Stephen war jetzt neun Jahre alt. Der Brief kam spät – er hätte schon im Januar eintreffen sollen. Aber schließlich war Julia diejenige, die ihm die Auflistung über die Fortschritte seines Sohnes dann schickte, wenn sie dazu kam. Sie hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass diese Aufgabe unter ihrer Würde war.
      Wie es Stephen wohl gehen mochte? War er noch immer so ernsthaft und korrekt, entschlossen, sich

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