Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Landkarte der Zeit

Titel: Die Landkarte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Félix J. Palma
Vom Netzwerk:
achtete darauf, vor Marcus und
     dessen Leibwächter und rechts von James und Stoker zu stehen zu kommen; die ideale Position, um als Letzter erschossen zu
     werden.
    «Vielen Dank, Mr.   Wells», sagte Marcus mit wohlgefälligem Blick auf die Beute, die auf dem Tischchen lag.
    Jetzt wird er lächeln, dachte Wells. Und Marcus lächelte. Jetzt wird er damit aufhören und uns mit plötzlichem Ernst betrachten.
     Und Marcus hörte auf zu lächeln, um sie mit plötzlichem Ernst zu betrachten. Und jetzt wird er die rechte Hand heben. Doch
     es war Wells, der die Hand hob. Marcus beobachtete ihn mit belustigter Miene.
    «Ist was, Mr.   Wells?», fragte er.
    «Oh, ich hoffe, dass nichts sein wird, Mr.   Rhys», antwortete Wells. «Wir werden es aber gleich sehen.»
    Nach diesen Worten ließ er die Hand sinken, und da er nicht besonders geübt in solchen Befehlsgesten war, sah es eher aus
     wie die Bewegung eines Ministranten, der feierlich sein Weihrauchfass schwingt. Trotzdem wurde sie richtig gedeutet. Von oben
     war plötzlich ein Geräusch zu hören, sodass die unten Versammelten einmütig die Köpfe zum ersten Treppenabsatz hoben, von
     wo etwas zu ihnen heruntergesprungen kam, das sie im ersten Moment nur als vagen menschlichen Schatten erkannten. Erst als
     der tapfere Hauptmann Derek Shackleton mitten im Lichtrechteck auf dem Boden landete, sahen sie, dass es sich tatsächlich
     um eine menschliche Gestalt handelte.
    Wells musste unwillkürlich lächeln, als er die Pose sah, |687| in der Tom gelandet war: Mit angewinkelten Knien und gespannten Muskeln stand er dort wie eine sprungbereite Wildkatze, die
     sich auf ihre Beute stürzen will. Im Kerzenlicht schimmerte seine Rüstung, die den ganzen Körper bedeckte und nur sein energisches
     Kinn sehen ließ. Ein wahrhaft heldenhaftes Bild, dachte Wells und begriff jetzt, warum Tom seine ehemaligen Kameraden gebeten
     hatte, ihm die Rüstung aus Gilliam Murrays Asservatenkammer zu stehlen. Bevor jemand recht begriff, was geschehen war, zog
     Shackleton sein Schwert, wirbelte die Klinge durch die Luft und stieß sie in einer gleitenden Bewegung einem der Leibwächter
     in den Bauch. Sein Gefährte versuchte, die Waffe auf den Angreifer zu richten, doch stand er viel zu nah bei ihm, um sie schnell
     genug in Anschlag zu bringen, sodass der Hauptmann Zeit genug hatte, das Schwert aus dem Bauch seines Opfers herauszuziehen
     und sich mit einer eleganten Drehung vor dem zweiten Mann in Stellung zu bringen. Der sah voller Faszination und Entsetzen
     das Schwert aufblitzen, bevor Shackleton ihn mit einem beidhändigen Hieb enthauptete. Mit einer Grimasse des Grauens im Gesicht
     rollte der Kopf über den Boden und verschwand im gnädigen Dunkel jenseits des Lichts.
    «Haben Sie diesmal einen Mörder mitgebracht, Mr.   Wells?», rief James, empört über das blutige Spektakel, das sich vor ihren Augen abspielte.
    Wells beachtete ihn nicht. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, Toms Bewegungen zu folgen. Endlich reagierte auch Marcus.
     Wells sah, wie er die Waffe eines der Leibwächter an sich riss und auf Tom anlegte, der im selben Moment seinen blutigen Säbel
     auf ihn richtete. Die Entfernung zwischen den beiden betrug mindestens vier |688| Schritte, und Wells erkannte voller Entsetzen, dass der Hauptmann sie unmöglich überwinden konnte, bevor der andere abdrückte.
     Und so war es. Tom schaffte gerade zwei Schritte, bevor der Hitzestrahl seine Brust durchbohrte. Die Rüstung zersplitterte
     wie der Panzer eines Krustentiers, auf das mit einem Knüppel eingeschlagen wird. Der Hauptmann wurde nach hinten geschleudert
     und verlor seinen Helm. Mit einem rauchenden Loch in der Brust, das schöne Gesicht vom Schein des nächsten Kandelabers beleuchtet,
     blieb er liegen. Blut rann aus seinem Mundwinkel, und in den herrlichen grünen Augen schimmerte kein anderes Licht mehr als
     das der Kerzen.
    Marcus’ triumphierendes Knurren zerbrach die Stille und zwang Wells, den Blick von Tom abzuwenden und auf den Zeitreisenden
     zu richten. Mit einer Art belustigter Ungläubigkeit starrte Marcus auf die drei am Boden liegenden Leichen. Dann schüttelte
     er langsam den Kopf und wandte sich den drei Schriftstellern zu, die an die Wand zurückgewichen waren.
    «Netter Versuch, Mr.   Wells», sagte er und kam grausam lächelnd auf sie zu. «Ich muss gestehen, Sie haben mich überrascht. Aber außer ein paar weiteren
     Toten hat Ihr hübscher Plan nichts gebracht.»
    Wells gab

Weitere Kostenlose Bücher