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Die Lanze Gottes (German Edition)

Die Lanze Gottes (German Edition)

Titel: Die Lanze Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Beckmann
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Urteil über Graf von Esken gesprochen worden ist.«
    »Ich diene nicht dem Grafen von Werl.« Johannes verschränkte seine Arme vor der Brust. »Ich bin Johannes Wohlfarth, Stallmeister der Eskeburg. Ich bin ein freier Mann und kann gehen, wohin ich will. Dann wandte er sich ab und ging zu den Stallungen. Nach wenigen Augenblicken sah Janus ihn zurückkommen. Johannes überreichte dem Anführer der Soldaten eine Urkunde. Der nahm das Pergament, schaute darauf und nickte. »Geh, Johannes Wohlfarth! Der Rest bleibt hier!«
    Konstanzes Amme Gelsa brachte Janus an diesem Abend zu Bett. Die Schwärze dieses Tages legte sich wie eine undurchdringbare Decke über seine Seele. Sie führte dazu, dass er schlecht träumte. Er sah einen Riesen, der ihn und seinen Vater verfolgte. Der Riese hatte stechend schwarze Augen und ein Habicht saß auf seiner Schulter. Janus´ Vater stolperte und verlor sein Schwert. Er lag auf dem Boden und schrie: »Lauf, Janus! Es ist wichtig, dass du lebst!« Janus drehte sich um und dann sah er, wie der Riese seinen Vater packte und der Habicht ihm die Augen auspickte. Sein Vater schrie und rief immer wieder: »Krieche in das Loch vor dir, Janus!« Das alles spielte sich in einer Höhle ab. Der Riese kam langsam auf Janus zu und entblößte sein Gesicht. Schwarze riesige Zähne kamen zum Vorschein. »Spring in das Loch! Du musst in das Loch springen! Es führt dich in die Freiheit, Janus«, hörte er seinen Vater rufen. Janus konnte ihn jedoch nicht sehen, denn der Riese stand zwischen ihnen. Er blickte in das Loch vor sich. »Spring!«, hörte er seinen Vater abermals rufen. Dann sprang Janus hinein und fiel ins Nichts. Immer tiefer …
    Jemand rüttelte ihn plötzlich an der Schulter. Er war sofort hellwach. Schweißgebadet saß er da und blickte in das Gesicht von Johannes. Hinter ihm in der Tür zur Kemenate stand Gelsa mit Konstanze auf dem Arm. »Wir müssen so schnell wie möglich weg«, flüsterte der Stallmeister.
    »Wohin gehen wir?«, fragte Janus schlaftrunken und zog sich seine Tunika über den Kopf. »Folge mir, Janus von Esken, wenn du leben willst!«, sagte er und zog ihn bei der Hand. Janus folgte ihm widerstandslos, schließlich war Johannes einer der engsten Freunde seines Vaters und er vertraute ihm.
    Sie traten ins Freie. Es standen zwei Wachen am Tor, der Rest lagerte außerhalb der Burg.
    »Kommt«, flüsterte der Stallmeister und zog Janus am Arm hinter sich her. Gelsa hatte Konstanze im Arm und folgte ihnen. Sie gelangten in den Burghof. Unterhalb der Motte, unweit des Brunnens, kniete sich Johannes nieder und schob etwas Erde mit den Armen zur Seite. Zum Vorschein kam eine Falltür. Er öffnete sie leise und Janus blickte in das schwarze Loch unter seinen Füßen. Unwillkürlich musste er an seinen Traum denken und seine Hände wurden schweißnass. Johannes flüsterte: »Schaut, hier führt eine Leiter nach unten. Gebt acht, dass ihr die Sprossen nicht verfehlt.«
    Der Gang am Ende der Leiter führte auf der anderen Seite durch den Fels. Sie stiegen hinab und gelangten auf einen schmalen Pfad, der unterhalb der Motte entlang der Palisaden verlief. Johannes hatte zwei Pferde bereitgestellt. Mit diesen ritten sie in Richtung Oberdorf.
    Janus wusste nicht, was der Stallmeister plante. »Warum müssen wir fliehen wie Diebe?«
    »Ich bringe euch an einen sicheren Ort. Ich habe es deinem Vater versprochen«, antwortete er, während sie immer tiefer in den Wald eindrangen, dessen Schwärze Janus zu verschlucken schien.

IV
    Man brachte ihn auf die Rüdenburg. Hier saß er nun seit einigen Tagen. Das dunkle Loch, in das man ihn geworfen hatte, maß etwa acht Ellen, schätzte Siegmar. Man hatte ihn wie einen Hund angekettet, doch die Länge der Kette erlaubte es, die lehmigen Wände abzuschreiten. Sein Kerker befand sich in einem Gebäude in der Vorburg und wurde nach oben durch eine hölzerne Klappe verschlossen. Etwas Stroh bedeckte den Boden. Tagelang bekam Siegmar nichts zu essen. Lediglich einen Eimer mit Wasser ließen die Wächter hinunter.
    Siegmar verlor in der Dunkelheit jegliches Zeitgefühl. Er wusste nicht mehr, ob Tag oder Nacht war. Dennoch versuchte er ruhig zu bleiben. Er hatte in seinem Leben in vielen Kämpfen und scheinbar ausweglosen Situationen eines gelernt: seine Furcht zu kontrollieren, dieses kalte Gefühl, das sich übermächtig über die Menschen stülpte und ihre Reaktionen lähmte. Würde ihn Gott im Stich lassen oder ihm helfen, aus diesem Kerker

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