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Die Lanze Gottes (German Edition)

Die Lanze Gottes (German Edition)

Titel: Die Lanze Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Beckmann
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breit machte. »Es reicht schon, dass Sahra sich vor dem Arbeiten drückt, jetzt haben wir noch so einen Schmarotzer in der Gruppe.«
    »Halt den Mund! Es war abgemacht, dass ich den Zeitpunkt bestimme, an dem Sahra anfängt«, herrschte Rachel sie an. Dabei funkelten ihre braunen Augen und sie strich sich mit der Hand eine Locke aus dem Gesicht.
    »Anfangen? Womit anfangen?«, fragte Janus und sein Blick suchte Uhlmann, der mit verschränkten Armen im Zelt stand. »Rachel ist eine Huora und gibt sich für Geld fremden Männern hin, genauso wie Juliana. Sahra ist noch zu jung für das Gewerbe, meint Rachel jedenfalls.« Janus schluckte. Huren, Vaganten, wo war er hier nur?
    Später saßen sie gemeinsam um das Feuer und Janus erfuhr, dass alle auf eine seltsame Art und Weise aufeinander angewiesen waren. Sie zogen von Markt zu Markt und besaßen einen Karren, auf dem sich ihre Habseligkeiten und ein Zelt befanden. Das war ungewöhnlich, da Zelte sehr teuer waren. Es war zwar nicht besonders groß und besaß an vielen Stellen Löcher, doch so mussten sie wenigstens nicht immer im Freien schlafen.
    Spät in der Nacht erzählte er den Fahrenden seine Geschichte und sie erzählten ihm ihre. Es half Janus, denn das Schicksal hatte seinen neuen Gefährten wirklich übel mitgespielt. Und glaubte er bis zu jenem Tag, niemand habe es so schwer gehabt wie er, so belehrten ihn diese Menschen eines Besseren.
    Janus war der Ansicht gewesen, alle würden von den Adligen in gleicher Weise behandelt, wie er es von seinem Vater kannte. In ihrem Lehen hatte sich nie ein Bauer oder Handwerker beschwert. Siegmar von Esken war als gerechter Lehnsherr bekannt gewesen. Gab es Schwierigkeiten, so hatte sein Vater eine Lösung gefunden.
    Seine neuen Gefährten stammten überwiegend aus armen Verhältnissen, ihre Familien waren Bauern, sofern sie überhaupt etwas über sie wussten. Sahra und Rachel bildeten die Ausnahme. Sie erzählten ihm, ihre Familie sei vor einiger Zeit ums Leben gekommen. Ihr Vater war ein jüdischer Geldverleiher gewesen. Er hatte Geschäfte mit einem Adeligen gemacht und dieser hatte ihre Eltern umbringen lassen, doch seine Schuld konnte nie bewiesen werden. Rachel hatte Juliana kennengelernt und diese wiederum sah in den jungen hübschen Mädchen eine gute Möglichkeit, ihre Einnahmen zu verbessern. Sie kümmerte sich um die beiden und hatte Rachel in das Gewerbe eingeführt.
    »Und was macht ihr morgen auf dem Markt?«, fragte Janus in die Runde. Juliana umfasste ihre Brüste, wackelte mit ihnen und lachte. »Etwas, wofür du noch ein wenig zu jung bist, kleiner Graf.«
    »Hör auf damit!« Uhlmann blickte Juliana mürrisch an.
    Gotwig, der Zwerg, lächelte, dann zog er eine Flöte aus seiner Tasche und fing an, eine lustige Melodie auf ihr zu spielen. Uhlmann ging zum Karren und kam mit einem merkwürdigen Sack zurück, an dem sich mehrere Stangen befanden. In eine blies er mit seinem Mund. Der Sack füllte sich langsam mit Luft und es erklangen die wunderbarsten Töne, die Janus bis dahin gehört hatte. Die Melodie fügte sich in das Flötenspiel des Zwergs ein. Nun stand auch der Trommler auf, holte eine große Trume vom Wagen und begleitete die anderen beiden. Rachel und Sahra kicherten, dann begannen sie zu tanzen.
    Die Vaganten spielten eine ganze Weile und Janus vergaß für einen Moment sein Schicksal.
    Als sie später wieder um das Feuer saßen, wandte er sich Uhlmann zu. »Dieser Sack, dem du solch herrliche Töne entlockst, sage mir, was das ist.«
    Uhlmann lächelte. »Man nennt es Sackpfeife, kleiner Graf. Zu Zeiten des alten Germanenkönigs Chlodwig ein sehr beliebtes
    Instrument in deutschen Landen. Es stammt aus Byzanz. Überhaupt waren wir Musikanten damals hoch geachtet.«
    »Du sprichst von der Vergangenheit?« Janus sah Uhlmann fragend an.
    »Unsere Mutter Kirche sieht uns nicht besonders gern. Zwar sind wir geduldete Gäste auf den Märkten, sobald sie schließen, jagt man uns jedoch vor die Stadttore. Manchmal dürfen wir auch auf einer Burg oder in einem Palas spielen. Dann bekommen wir Essen für zwei oder drei Tage und einen Schlafplatz. Wenn wir nicht mehr gebraucht werden, ziehen wir weiter. Wir sind vogelfrei.«
    »Seid ihr Geächtete?«, fragte Janus.
    Uhlmann lachte laut auf. »Nein, bestimmt nicht. Wir tun niemandem etwas zuleide, obwohl wir von der Obrigkeit manchmal behandelt werden, als seien wir Verbrecher. Aber ich will mich nicht beklagen. Das Leben ist herrlich. Ich muss keinem

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