Die Lanze Gottes (German Edition)
nicht so spannend!«
Adam faltete die Hände über dem Kopf und lehnte sich zurück. »Ich sah einst bei einem Steinmetz in der Nähe von Bonn
Grabsteine aus jener Zeit. Auf einigen von ihnen war eine Waffe abgebildet, die jeder römische Legionär trug. In den alten Schriften wird sie als Pilum bezeichnet. Die Legionäre waren mit diesen Pila ausgerüstet. Sie bestanden zu einer Hälfte aus Holz, zur anderen aus Metall. Und entsprechen genau der Beschreibung, die Jared in diesem Kodex macht. Kein Legionär auf den Grabsteinen ist mit einer Flügellanze abgebildet. Sie tragen alle ein Pilum, daher komme ich zu dem Schluss: Die Lanze in Lindisfarne war das Original.«
Janus pfiff leise durch die Zähne. Die Argumente Adams waren schwer zu widerlegen.
Der Bischof wurde bleich, stand auf und ging wieder zum Fenster. Abermals blickte er hinaus. Janus schaute Adam anerkennend an und der zwinkerte ihm grinsend zu. Es bereitete ihm augenscheinlich tiefes Vergnügen, sein Gegenüber allein durch die Kraft seiner Gedanken übervorteilt zu haben. Dabei machte er selbst vor seinem Bischof nicht halt. Adam hatte ihm in den letzten Tagen erzählt, dass der Bischof seine Forschheit schätze, da sie Adalbert manches Mal gute Dienste erwiesen hatte. Es gäbe wenige, die so mit ihm sprechen könnten wie er.
Janus spürte seinen Herzschlag bis zum Hals. Wie würde der Bischof reagieren?
Der unterbrach schließlich das Schweigen. »Und was erwartet Ihr jetzt von mir, das ich tun soll?« Dabei starrte er weiter aus dem Fenster.
Janus wollte etwas sagen, doch Adam gab ihm zu verstehen, den Mund zu halten, dann stand er auf und trat hinter den Bischof. »Wir müssen diese Lüge aufdecken. Unsere Christenpflicht verlangt es von uns!«
Der Bischof drehte sich um. »Soll ich etwa mit dieser Geschichte am Hofe der Kaiserin um Gehör bitten? Ihr seid von Sinnen, Adam! Nicht jeder am Hofe ist so gebildet wie Ihr. Und ich habe mächtige Feinde. Also, was schlagt Ihr vor?«
Adam hielt einen Moment inne, bevor er antwortete. »Lasst mich und meinen jungen Freund hier die echte Lanze finden! Wenn es uns gelingt, werden die Beweise erdrückend sein. Wenn wir scheitern, könnt Ihr Euch immer noch an den Papst wenden und die Verantwortung ihm übertragen, oder den Kodex auf ewig in der Bremer Dombibliothek belassen.«
»Warum sollte Euch gelingen, was dem großen Carolus Magnus nicht gelungen ist?«, fragte der Bischof ungläubig.
»Vielleicht, weil Carolus Magnus die Nordmänner als Feinde betrachtet hat, Ihr jedoch verfügt über gute Kontakte zu dem Dänenkönig Sven Estridsson, der, wie wir alle wissen, dem christlichen Glauben sehr zugetan ist. Er wird uns helfen. Ich bin überzeugt davon, dass die echte Lanze noch existiert. Für die Nordmänner sind Speere und Lanzen immer große Symbole gewesen. Und die besagte Waffe erst recht. Sie haben sie verwahrt und tun es noch. Irgendwo im Norden befindet sich die Heilige Lanze. Und vielleicht ist es unser Schicksal, nach ihr zu suchen. Daher bitte ich Euch um die Erlaubnis, mich und Janus von Esken nach Norden reisen zu lassen. Was habt Ihr zu verlieren? Wenn wir nichts finden, bleibt alles so, wie es ist. Und ganz nebenbei …«
Der Bischof hob abwehrend die Hand. »… ganz nebenbei möchtet Ihr gerne die Länder des Nordens vermessen und die Völker bekehren.«
»Eure Eminenz, wir haben schon häufig darüber gesprochen und ich bin der Ansicht, dass …«
Bischof Adalbert fiel Adam ins Wort. »Ja, ja, ich weiß! Ich kenne Eure Pläne. Und Ihr wisst, dass ich sie eigentlich billige. Aber ich
brauche Euch hier, Adam! Ihr seid nicht der Heilige Ansgar. Ich weiß sehr wohl, dass er Euer großes Vorbild ist, dass Ihr seinem Leben nacheifert. Ich kenne Euren Ehrgeiz. Ihr wollt in die Geschichte eingehen als derjenige, der die Nordmeere endgültig christianisiert hat.« Der Bischof setzte sich wieder, kniff die Augen zusammen und rieb sich mit der flachen Hand über seine Stirn.
»Eure Eminenz, lasst uns reisen! Wir können nur gewinnen!«, bohrte Adam eindringlich.
Der Bischof atmete tief durch. »So reist mit Gott, Adam von Bremen. Und ich hoffe, ich werde Euch gesund und munter wiedersehen und Euren jungen Freund ebenso. Kommt übermorgen wieder zu mir, bis dahin habe ich eine Nachricht für König Sven Estridsson von Dänemark vorbereitet. Ich hoffe, er wird Euch Schutz gewähren und kann Euch in Eurem Vorhaben unterstützen. Geht jetzt!«
Adam verbeugte sich. »Danke, Eure
Weitere Kostenlose Bücher