Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
Reaktionszeit mit dem Alkohol zu tun haben musste.
    Dann leuchtete Mikaels Gesicht auf. »Da bist du ja, Truls, ich habe dich gar nicht kommen gehört. Und? Ist Leben da drinnen?«
    »O ja.«
    Sie sahen sich an. Und Truls fragte sich, wann genau sie verlernt hatten, miteinander zu reden. Wo waren sie, ihre sorglosen Gespräche über Gott und die Welt, die miteinander geteilten Tagträume? Damals waren sie ein Herz und eine Seele gewesen. Wie ein Mann. Wie ganz am Anfang ihrer Karriere, als sie gemeinsam den Typen vermöbelt hatten, der sich an Ulla herangemacht hatte. Oder dieser schwule Arsch aus dem Kriminalamt, der es auf Mikael abgesehen hatte, bis sie ihn sich im Heizungsraum in Bryn vorgenommen hatten. Der Kerl hatte geheult und immer wieder behauptet, er habe Mikaels Verhalten falsch gedeutet. Sein Gesicht hatten sie damals verschont, damit man nichts sah, aber sein blödes Geflenne hatte Truls so wütend gemacht, dass er mit dem Schlagstock wohl etwas zu fest auf ihn eingeschlagen hätte, wäre Mikael nicht im letzten Moment noch dazwischengegangen. Vielleicht waren das nicht gerade gute Erinnerungen, jedenfalls nicht im herkömmlichen Sinne, aber es waren ganz sicher Erinnerungen, die zwei Menschen miteinander verbanden.
    »Tja, ich stehe bloß hier und bewundere die Terrasse«, sagte Mikael.
    »Danke.«
    »Mir ist da übrigens eine Sache in den Sinn gekommen. In dieser Nacht, als du die Terrasse betoniert hast …«
    »Ja?«
    »Du hast damals gesagt, du wärst so unruhig gewesen und hättest nicht schlafen können. Aber dann ist mir später aufgefallen, dass das genau die Nacht war, in der wir Odin verhaftet und dann die Razzia in Alnabru gemacht haben. Und der war da ja weg, dieser …«
    »Tutu.«
    »Tutu, ja. Du hättest bei dieser Verhaftung ja eigentlich dabei sein sollen. Aber das konntest du nicht, du hattest dich ja krankgemeldet. Aber stattdessen hast du dann meine Terrasse betoniert?«
    Ein Lächeln ging über Truls’ Gesicht. Dann sah er Mikael an. Endlich gelang es ihm, seinen Blick festzuhalten.
    »Okay, Mikael, wenn du wirklich die Wahrheit wissen willst?«
    Mikael sah aus, als zögerte er, bevor er antwortete: »Gerne.«
    »Ich habe blaugemacht.«
    Ein paar Sekunden lang hörte man nur das entfernte Rauschen der Stadt.
    »Blaugemacht?« Mikael lachte. Ungläubig, aber gutgelaunt. Truls gefiel dieses Lachen. Es gefiel allen, Männern wie Frauen. Es war ein Lachen, das einem zu sagen schien, du-bist-witzig-und-sympathisch-und-sicher-ein-herzliches-Lachen-wert.
    »Blaugemacht, du? Du hast doch sonst nie auch nur einen Tag gefehlt, und erst recht nicht bei Festnahmen?«
    »Ja«, sagte Truls. »Aber ich konnte wirklich nicht. Ich hatte ein Date, musste wen flachlegen.«
    Erneut wurde es still.
    Dann platzte ein lautes Lachen aus Mikael heraus. Er legte den Kopf nach hinten und hickste. Alles klar. Dann beugte er sich wieder vor und schlug Truls auf den Rücken. Sein Lachen war so befreiend und froh, dass Truls nach ein paar Sekunden einfach mitlachen musste.
    »Flachlegen und dann betonieren«, rief Bellman lachend. »Du bist wirklich ein echter Mann, Truls. Ein echter Kerl.«
    Truls spürte, wie das Lob ihn wieder zu gewöhnlicher Größe heranwachsen ließ. Und für einen kurzen Moment war es fast so wie in alten Zeiten. Nein, nicht fast, es war wie in alten Zeiten.
    »Weißt du«, grunzte Truls lachend. »Manchmal muss man Sachen einfach ganz allein machen. Sonst wird das irgendwie nicht richtig gut.«
    »Stimmt«, sagte Mikael, legte seinen Arm um Truls’ Schultern und stampfte mit beiden Füßen auf dem Boden auf. »Aber das hier, Truls, das ist verdammt viel Zement für einen einzelnen Mann.«
    Ja, dachte Truls und spürte, wie angenehm das Lachen in seiner Brust brodelte. Verdammt viel Zement für einen Mann.
    »Ich hätte den Gameboy behalten sollen, als du neulich damit angekommen bist«, sagte Oleg.
    »Das hättest du«, sagte Harry und stützte sich mit der Hand am Rahmen der Küchentür ab. »Um deine Tetris-Technik aufzubessern.«
    »Und du hättest das Magazin aus dieser Pistole nehmen sollen, bevor du sie zurückgelegt hast.«
    »Vielleicht.« Harry versuchte, nicht auf die Odessa zu blicken, die halb auf den Boden, halb auf ihn zielte.
    Oleg lächelte matt. »Wir haben wohl beide unsere Fehler gemacht. Nicht wahr?«
    Harry nickte.
    Oleg hatte sich aufgerichtet und stand jetzt neben dem Backofen. »Ich habe nicht alles falsch gemacht, oder?«
    »Nein, du hast viel richtig

Weitere Kostenlose Bücher