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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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zu Irene. Sie wachte mit einem leisen Schrei auf, als er ihren Arm nahm und sie auf die Beine zog.
    Er hielt sie fest, während er mit der anderen Hand ein paar ihrer Sachen in einen Rucksack stopfte, und als er sie schließlich zur Tür führte, wehrte sie sich nicht mehr.
    »Stein …«, versuchte ich es.
    Er blieb in der Türöffnung stehen und sah mich fragend an, aber irgendwie wusste ich nicht, was ich sagen sollte.
    »Du hast diese Familie schon kaputt genug gemacht«, sagte er.
    Er sah aus wie dieser Scheiß-Bruce-Lee, als er den Fuß nach oben schwang und die Stahltür hinter sich ins Schloss kickte. Die Luft zitterte. Oleg hob seinen Kopf zwischen den Verstärkern an und sagte etwas, aber ich war wieder taub.
    Ich stand mit dem Rücken zum Kamin und spürte die Wärme auf meiner Haut kribbeln. Die Flammen und eine antike, hässliche Tischlampe waren die einzigen Lichtquellen im Raum. Der Alte saß in einem Ledersessel und musterte den Mann, den wir mit der Limousine von der Skippergata mitgebracht hatten. Er trug noch immer seine Allwetterjacke. Andrej stand hinter ihm und löste ihm die Augenbinde.
    »Nun«, sagte der Alte. »Sie sind also der Lieferant des Produktes, von dem ich jetzt schon so viel gehört habe.«
    »Ja«, sagte der Mann, setzte sich die Brille auf und sah sich im Raum um.
    »Woher kommt dieser Stoff?«
    »Ich will Ihnen etwas verkaufen und Ihnen nicht alle möglichen Informationen geben.«
    Der Alte strich sich mit zwei Fingern über das Kinn. »In diesem Fall habe ich kein Interesse. Das Diebesgut von anderen zu übernehmen bringt einem in dieser Branche immer nur den Tod. Und tote Menschen bedeuten Schwierigkeiten, und die wiederum sind schlecht fürs Geschäft.«
    »Es handelt sich nicht um Diebesgut.«
    »Ich glaube, sagen zu dürfen, dass ich einen ziemlich guten Überblick über alle Kanäle habe, und dieses Produkt scheint noch niemand gesehen zu haben. Ich sage es also noch einmal; ich kaufe nichts, bevor ich nicht sicher bin, dass das keine negativen Konsequenzen für mich hat.«
    »Ich habe eingewilligt, mit verbundenen Augen hierhergebracht zu werden, weil ich Ihren Wunsch nach Diskretion respektiere. Ich habe das gleiche Anliegen und hoffe auch auf Ihr Verständnis.«
    Die Wärme hatte seine Brille beschlagen lassen, er behielt sie aber trotzdem auf. Andrej und Peter hatten ihn im Auto durchsucht, während ich mich auf seinen Blick konzentriert hatte, auf seine Körpersprache, seine Stimme und seine Hände. Ich hatte aber nur Einsamkeit gefunden. Keine fette, hässliche Lebensgefährtin. Die gab es nicht. Es gab nur diesen Mann und sein phantastisches Dope.
    »Woher soll ich denn wissen, dass Sie kein Polizist sind?«, fragte der Alte.
    »Mit dem hier?«, sagte der Mann und zeigte auf seinen Fuß.
    »Wenn Sie Waren einführen, warum habe ich dann noch nie von Ihnen gehört?«
    »Weil ich neu bin. Ich habe keine Akte, niemand kennt mich, weder bei der Polizei noch in der Branche. Ich habe einen – wie man sagt – respektablen Beruf und habe bis jetzt auch ein normales Leben geführt.« Er schnitt eine vorsichtige Grimasse, die wohl ein Lächeln darstellen sollte. »Ein unnormal normales Leben, wie sicher viele meinen würden.«
    »Hm.« Der Alte strich sich noch immer über das Kinn. Dann nahm er meine Hand und zog mich zu seinem Sessel, so dass ich neben ihm stand und den Mann ansehen konnte.
    »Weißt du, was ich glaube, Gusto? Ich glaube, der macht das Zeug selbst. Was meinst du?«
    Ich dachte nach. »Vielleicht«, sagte ich.
    »Weißt du, Gusto, man muss dafür nicht gerade ein Einstein der Chemie sein. Es gibt im Internet detaillierte Anleitungen, wie man Opium in Morphium und schließlich in Heroin verwandelt. Gehen wir mal davon aus, dass Sie in den Besitz von 10 Kilo Rohopium gekommen sind. Sie beschaffen sich ein kleines Labor, einen Kühlschrank, etwas Methanol und einen Abzug und – schwups – haben Sie 8,5 Kilogramm Heroinkristalle. Strecken Sie’s, ergibt das 1,2 Kilogramm Straßenheroin.«
    Der Mann mit der Allwetterjacke räusperte sich. »Ganz so einfach ist das nicht.«
    »Die Frage ist nur«, sagte der Alte, »woher Sie das Opium haben.«
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    »Aha«, sagte der Alte langsam und streichelte die Innenseite meines Arms. »Kein Opiat. Ein Opioid.«
    Der Mann antwortete nicht.
    »Hast du das gehört, Gusto?« Der Alte richtete seinen Zeigefinger auf den Klumpfuß. »Der macht vollsynthetisches Dope. Der braucht weder Hilfe von der

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