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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Evangelium wirklich? Bist nicht auch du ein Zweifler?
    In achtzehn Stunden würde er in Schanghai sein.
    Konnte er in Schanghai sein.
    Verdammt.
    Sie nahm nach dem zweiten Klingeln ab.
    »Was willst du?«
    »Leg nicht wieder auf, okay?«
    »Hier bin ich.«
    »Sag mal, wie viel Einfluss hast du auf Nils Christian?«
    »Hans Christian.«
    »Ist er genug in dich verliebt, damit du ihn zu einem etwas zweifelhaften Stunt überreden kannst?«
    Kapitel 13
    E s hatte die ganze Nacht geregnet, und als Harry vor dem Osloer Gefängnis stand, bemerkte er, dass sich eine neue Schicht Laub wie eine nasse, gelbe Persenning über den Park gelegt hatte. Er hatte nicht viel geschlafen, sondern war vom Flughafen direkt zu Rakel gefahren. Auch Hans Christian war gekommen, hatte zaghaft, aber wenig standhaft sein Veto eingelegt und war dann wieder gefahren. Anschließend hatte Harry mit Rakel Tee getrunken und über Oleg geredet. Darüber, wie es früher gewesen war, und wie es jetzt war. Nicht aber darüber, was werden könnte. Gegen Morgen hatte Rakel Harry Olegs Bett angeboten. Bevor er sich aber wirklich schlafen gelegt hatte, hatte er mit Olegs PC noch alte Artikel über den Polizisten herausgesucht, der unter der Älvsborg-Brücke in Göteborg ermordet aufgefunden worden war. Was dort stand, bestätigte Catos Äußerungen, aber das war noch nicht alles, denn in einem Artikel der immer etwas sensationslüsternen Göteborgstidningen war offen darüber spekuliert worden, ob es sich bei dem Polizisten um einen Brenner gehandelt haben könnte, einen Mann also, den Kriminelle nutzten, um mögliche Beweise gegen sie zu vernichten. Es war gerade erst zwei Stunden her, dass Rakel ihn flüsternd mit einer dampfend heißen Tasse Kaffee geweckt hatte. Wie früher. Rakel wollte ihren Lieben immer einen sanften Übergang von den Träumen in die Wirklichkeit ermöglichen.
    Harry blickte in die Videokamera, hörte das leise Summen und drückte die Tür auf. Dann ging er schnell hinein. Er hielt den Aktenkoffer so, dass ihn jeder sehen konnte, legte die ID -Karte auf den Tisch vor der Pförtnerin und wandte ihr seine gute Seite zu.
    »Hans Christian Simonsen …«, murmelte sie, ohne aufzublicken, und ging mit den Augen die Liste der Gefangenen durch. »Da, ja, zu Oleg Fauke.«
    »Stimmt«, sagte Harry.
    Ein anderer Wärter führte ihn durch die Korridore und über die offene Galerie in die Mitte des Gefängnisses. Der Beamte redete darüber, wie warm der Herbst zu werden schien, und klirrte mit dem großen Schlüsselbund herum, wenn er eine Tür öffnen musste. Sie gingen durch den Gemeinschaftsraum, und Harry sah eine Tischtennisplatte mit zwei Schlägern, ein aufgeschlagenes Buch auf einem Tisch und eine Teeküche, in der Brotaufstrich, Vollkornbrot und ein Brotmesser lagen. Gefangene waren keine zu sehen.
    Etwas später hielten sie vor einer weißen Tür, die der Wärter für ihn öffnete.
    »Ich dachte, die Zellen wären zu dieser Tageszeit offen?«, fragte Harry.
    »Die anderen sind das auch, aber dieser Gefangene ist ein 171er«, sagte der Beamte. »Nur eine Stunde Freigang pro Tag.«
    »Und wo sind all die anderen?«
    »Das wissen die Götter. Vielleicht haben sie im Fernsehraum jetzt wieder den Hustler Channel.«
    Als der Wärter ihm aufgeschlossen hatte, blieb Harry neben der Tür stehen, bis er hörte, dass die Schritte sich entfernten. Die Zelle war wie alle anderen. Zehn Quadratmeter. Ein Bett, ein Schrank, ein Schreibtisch mit einem Stuhl, ein Bücherregal und ein Fernseher. Oleg saß am Schreibtisch und sah ihn überrascht an.
    »Du wolltest mich sehen«, sagte Harry.
    »Ich dachte, ich hätte Besuchsverbot?«, sagte Oleg.
    »Das ist kein Besuch, sondern eine offizielle Beratung mit deinem Verteidiger.«
    »Meinem Verteidiger?«
    Harry nickte. Und konnte sehen, dass Oleg zu verstehen begann. Kluger Junge.
    »Wie …«
    »Du sitzt hier ja nicht gerade in einem Hochsicherheitstrakt, dafür ist der Mord, den man dir vorwirft, nicht schlimm genug, so schwer war das also nicht.« Harry öffnete den Aktenkoffer, holte den weißen Gameboy heraus und reichte ihn Oleg. »Bitte, der ist für dich.«
    Oleg ließ die Finger über das Display gleiten. »Wo hast du den denn her?«
    Harry glaubte die Andeutung eines Lächelns in dem ernsten Jungengesicht zu erkennen. »Das ist ein Vintage-Modell mit Batterie. Habe ich in Hongkong gefunden. Eigentlich hatte ich vor, dich bei unserer nächsten Begegnung in Tetris zu schlagen.«
    »Niemals!«, lachte

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