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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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immer entgegengekommen. Deshalb hatte er auch keine Erklärung dafür, warum sein Leben zu einem solchen Chaos aus Selbstzerstörung und kaputten Beziehungen geworden war, immer wieder unterbrochen von tiefschwarzen Phasen voller Drogen und Alkohol.
    Die folgenden leeren Rubriken starrten ihn fragend an. Aber sie waren viel zu kurz für die Antworten, die sie forderten.
    Permanent Address .
    Nun. Die Wohnung in der Sofies gate war direkt nach seiner Abreise vor drei Jahren verkauft worden, desgleichen sein Elternhaus oben in Oppsal. Bei seinem aktuellen Job hätte eine feste, offizielle Adresse ein gewisses Risiko dargestellt. Also schrieb er auf, was er immer aufschrieb, wenn er in ein Hotel zog: Chungking Mansion, Hongkong. Eine Angabe, die im Grunde nicht weit von der Wahrheit entfernt war.
    Profession.
    Mord. Er ließ das Feld leer. Es war nicht angekreuzt.
    Phone Number.
    Er notierte eine beliebige Zahl. Handys können aufgespürt werden, so dass weder die Gespräche noch der Aufenthaltsort geheim bleiben.
    Phone Number Next of Kin.
    Nächste Angehörige? Welcher Ehemann gab freiwillig die Nummer seiner Frau an, wenn er im Leons eincheckte? Dieser Ort war doch fast so etwas wie ein Bordell inmitten von Oslo.
    Der Mann hinter dem Empfangstresen las offensichtlich seine Gedanken: »Nur für den Fall, dass Sie krank werden sollten und wir jemanden rufen müssen.«
    Harry nickte. Für den Fall eines Herzinfarktes während des Aktes.
    »Sie brauchen da nichts einzutragen, wenn es niemanden gibt …«
    »Nein«, sagte der Mann und starrte die Worte an. Nächste Angehörige. Er hatte Søs. Eine Schwester mit einem – wie sie es selbst nannte – »Anflug von Down-Syndrom«, die ihr Leben aber weitaus besser gemeistert hatte als ihr großer Bruder. Sonst hatte er niemanden. Wirklich niemanden.
    Tja, nächste Angehörige.
    Er kreuzte an, cash zahlen zu wollen, unterzeichnete und gab dem Mann das Formular zurück, der es kurz überflog. Und endlich sah er so etwas wie Misstrauen aufflackern.
    »Sie sind … Harry Hole?«
    Harry Hole nickte. »Ist das ein Problem?«
    Der junge Mann schüttelte den Kopf. Schluckte.
    »Gut«, sagte Harry Hole. »Geben Sie mir dann einen Schlüssel?«
    »Oh, entschuldigen Sie! Hier, die 301.«
    Harry nahm den Schlüssel entgegen und registrierte, dass sich die Pupillen des Jungen geweitet hatten und seine Stimme gequälter klang.
    »Das ist … wegen meinem Onkel«, sagte der junge Mann. »Er betreibt das Hotel und hat früher immer hier gesessen. Er hat mir von Ihnen erzählt.«
    »Nur Gutes, hoffe ich«, sagte Harry, lächelte, nahm seinen kleinen Koffer und ging die Treppe hoch.
    »Der Fahrstuhl …«
    »Mag keine Fahrstühle«, sagte Harry, ohne sich umzudrehen.
    Der Raum war wie früher. Abgelebt, klein, aber einigermaßen sauber. Nein, nicht ganz, es gab eine neue Gardine. Grün und steif. Sicher bügelfrei. Apropos. Er hängte den Anzug ins Badezimmer und drehte die Dusche auf, damit der Dampf die Falten glättete. Der Anzug hatte ihn im Punjab House in der Nathan Road achthundert Hongkong-Dollar gekostet, aber in seinem Job war das eine notwendige Investition. Niemand respektierte einen Mann in Lumpen. Dann stieg er selbst unter die Dusche und ließ das heiße Wasser auf seine Haut prasseln, bis sie sich noppte. Anschließend ging er nackt durch den Raum, trat ans Fenster und öffnete es. Zweiter Stock. Hinterhof. Aus einem geöffneten Fenster drang gekünsteltes enthusiastisches Stöhnen. Er legte die Hände an die Gardinenstange und lehnte sich nach draußen. Direkt unter ihm stand ein offener Müllcontainer. Der süßliche Gestank drang bis zu ihm nach oben. Er spuckte aus und hörte den Speichel unten auf Papier klatschen. Dann folgten ein Knistern, das nichts mit dem Papier zu tun hatte, ein Knacken, und die grüne, steife Gardine ging rechts und links neben ihm zu Boden. Verdammt! Er zog die dünne Gardinenstange aus den Ringen. Die alte, hölzerne Stange mit den zwiebelartigen Spitzen an jedem Ende war gebrochen. Aber nicht zum ersten Mal, wie er an dem einfachen Klebeband sehen konnte, mit dem sie geflickt worden war. Harry setzte sich aufs Bett und öffnete die Schublade des Nachtschränkchens. Eine Bibel mit hellblauem Skaibezug und ein Nähset in Form einer Nadel und eines schwarzen Fadens, der um ein Stückchen Pappe gewickelt war, lagen darin. Gar nicht so unpassend, dachte Harry nach einer Weile. So konnten die Gäste abgerissene Hosenknöpfe wieder annähen und sich

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