Die Last der Schuld
dich?«
»Ich werdâs überleben.« Ein Krankenwagen fuhr mit heulenden Sirenen auf den Parkplatz.
»Das will ich dir auch geraten haben«, erwiderte Grant. »Monroe sagt, sie haben die Männer, die Lana in Armenien gesehen hat, inzwischen lokalisiert. Wir werden in zehn Minuten vom Hubschrauber abgeholt. Wenn du zu viel rumjammerst, wird er dich nicht an dem Spaà teilhaben lassen, die Typen zur Strecke zu bringen.«
Von wegen! Caleb würde die Sache selbst in die Hand nehmen. Er würde Lanas Albtraum höchstpersönlich beenden. Und dann würde er zu ihr zurückkehren. Um jeden Preis.
***
Caleb war seit nunmehr sechs Tagen unterwegs, und Lanas Leben fühlte sich entsetzlich leer an. Trostlos.
Sie hatte sich entschlossen, in Schutzgewahrsam zu gehen, um ihre Angehörigen zu schützen â zumindest so lange, bis man die Männer, die Lana identifiziert hatte, festnahm und vor Gericht stellte. Erst wenn der Prozess beendet wäre, würde sie in ihr normales Leben zurückkehren können.
Zum Glück erlaubte man ihr, kurz mit ihrer Familie zu telefonieren, so konnte sie immerhin ein wenig in Kontakt mit ihnen bleiben. Und ihnen mitteilen, dass es ihr gut ging.
Sie versuchte, sich über die positive Entwicklung in ihrem Leben zu freuen. Kara war tot und konnte niemanden mehr verletzen. Der Erlös der Benefizveranstaltung reichte aus, um die Stiftung zurück in die schwarzen Zahlen zu bringen, und die Pressemeldungen anlässlich des Bombenangriffs hatten zur Folge, dass zusätzlich zahlreiche Spenden eingingen. Stacie war wieder auf den Beinen und würde im Herbst mit ihrer Schwester auf Europareise gehen. Lanas Eltern arbeiteten eifrig an den Plänen für ihr neues Haus. Ihre Mutter war begeistert, erneut Teppiche und Farben aussuchen zu dürfen, zumal die Versicherung für alles aufkam, und ihr Vater war damit beschäftigt, einen neuen Garten zu entwerfen, einschlieÃlich eines Gewächshauses, das er das ganze Jahr über würde nutzen können.
Brittney hatte ihre Verlobung mit Oran gelöst, als sie die peinlichen Aufnahmen in der Tageszeitung und in den Nachrichten gesehen hatte. Gerüchten zufolge hatte er seine politischen Ambitionen an den Nagel gehängt.
Die Zeitungen stellten Lana als eine Art Heldin dar, was ihr absolut gegen den Strich ging. Ganz gleich, wie oft sie betonte, dass sie ein Feigling sei und die Wahrheit schon viel eher hätte sagen müssen, die Leute schienen diese Tatsache geflissentlich zu ignorieren. Insbesondere ihre Familie.
Caleb war der wahre Held. Er hatte die Bombe entschärft und Lana davor bewahrt, erschossen zu werden. Er machte zurzeit Jagd auf Terroristen, während Lana in ihrem wohlbewachten Zimmer saà und betete, ihm möge nichts zustoÃen. Er möge unbeschadet zu ihr zurückkehren. Nicht, dass sie ihm irgendeinen Anlass dazu gegeben hätte. Sie hatte ihm mehr als deutlich gemacht, dass sie keine gemeinsame Zukunft mit ihm wollte. Warum also sollte er zu ihr zurückkehren?
Hätte sie doch nur irgendetwas gesagt, um ihn wissen zu lassen, wie viel er ihr bedeutete, wie sehr sie sich wünschte, dass er zu ihr zurückkäme. Doch das hatte sie nicht. Er war in den Hubschrauber gestiegen, und ihr war nichts Besseres eingefallen, als zu sagen: »Machâs gut.«
Sie wünschte sich, sie hätte ihn zum Abschied geküsst.
Die Late-Night-Show, die sie sich angesehen hatte, ging zu Ende, ohne dass sie irgendetwas davon mitbekommen hatte. Obwohl ihre Albträume so gut wie verschwunden waren, ging sie nur ungern allein zu Bett. Sie vermisste Caleb so sehr.
Sie liebte ihn so sehr. Jetzt, da sie nicht mehr von Angst zerfressen wurde, war ihr diese Tatsache mehr als bewusst. Sie hatte endlich Platz für Liebe in ihrem Leben, und sie hoffte inständig, dass es noch nicht zu spät war. Sobald sie sich auÃer Gefahr befände, würde sie ihn suchen und ihm ihre Gefühle gestehen. Sie hoffte nur, dass seine Reaktion positiver ausfallen würde als dereinst ihre.
Ein Klopfen an der Tür lieà sie zusammenzucken. Es war schon nach Mitternacht, und sie erwartete niemanden. Ein Aufblitzen von Angst lieà sie innerlich erstarren. Sie wusste, dass sie in Sicherheit war, doch achtzehn Monate voll panischer Angst lieÃen sich nicht ohne Weiteres abschütteln.
Lana atmete tief ein und zwang sich zu entspannen. Sie war hier in Sicherheit.
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