Die Launen des Teufels
vereinzelte Schneeflocken in seinem dunklen Schopf schmolzen. Würde es dem Grafen gelingen, in Erfahrung zu bringen, wer der Vater des Bastards war, der seine Erblinie gefährden konnte? Würde Ulrich Häscher ausschicken, um den Jungen zu suchen, mit dem Katharina aller Welt beweisen konnte, dass die Kinderlosigkeit ihrer Ehe sein Verschulden war? Er schloss die Augen und ließ ihr wundervolles Gesicht vor sich aufsteigen. Die rotbraunen Locken, die im Schein des Feuers glänzten wie samtige Kastanien; die schlanken Hände und die weiblichen Kurven, die ihm den Verstand geraubt hatten; die honigfarbenen Augen, in denen so viel Liebe lag, wenn sie auf dem hilflosen Säugling ruhten. Er stieß einen tiefen Seufzer aus. Würde Ulrich sie einsperren wie eine gewöhnliche Verbrecherin oder würde er Großherzigkeit zeigen und ihr vergeben? Er lächelte freudlos und massierte die Schläfen, in denen sich ein Kopfschmerz ausbreitete. Großherzigkeit war keine Tugend, für die der Graf von Württemberg bekannt war! Mit zusammengekniffenen Augen blickte er in die Ferne und versuchte, die düsteren Gedanken zu verdrängen, indem er dem heiteren Treiben zusah. Die leise rieselnden Schneeflocken verdichteten sich allmählich zu einem Vorhang aus wirbelndem Weiß, und wenn die Tendenz anhielt, würde die Landschaft schon bald unter einer neuen Schneedecke versinken.
Es dauerte nicht lange, bis er erneut abschweifte. Wann würde er seinen Sohn wiedersehen? Die Kälte ließ seine unbehandschuhten Finger steif werden, und er vergrub sie in den Falten seines Obergewandes. War Katharinas Vertrauen in ihre Zofe gerechtfertigt, oder würde das Mädchen das Geld nehmen und sang- und klanglos verschwinden? Er kannte nicht einmal ihren Namen, geschweige denn den Ort, an dem sie das Kind in Sicherheit bringen würde! Der pochende Schmerz in seinen Schläfen verstärkte sich. War Wulf bei ihr gut genug geschützt?
Nachdem er einige Zeit lang Löcher in die Winterluft gestarrt hatte, wandte er sich schließlich von der Brustwehr ab, raufte sich das nasse Haar und trat zurück in die Dunkelheit des Turmes. Es hatte keinen Zweck, sich zu quälen! Wenn er so weitermachte, würde Ulrich sein Ziel erreichen, ohne jemals Hand an ihn gelegt zu haben!
Ohne Hast folgte er der Wendeltreppe nach unten, überquerte den Innenhof und verschwand im angrenzenden Palas. Ein riesiges Feuer in der Halle verriet die Anwesenheit seiner Bediensteten, die ihn mit scheuen Blicken verfolgten. Mürrisch erklomm er die Stufen in den ersten Stock, betrat seine Gemächer und blickte sich unschlüssig um. Sollte er die Einladung des Grafen von Dillingen annehmen und mit ihm zur Jagd reiten? Würde ihn dieser frivole Zeitvertreib von seinen Sorgen ablenken? Da sein Page ihm bereits Jagdrock und Armbrust bereitgelegt hatte, wog er die Waffe abwägend in den Händen, bevor er energisch in die Hände klatschte und dem daraufhin eintretenden Burschen befahl, ihm beim Umkleiden behilflich zu sein.
Kurze Zeit später betrat er in flammendes Rot gekleidet die Stallungen, gab einem der Stallburschen zu verstehen, seinen Rapphengst zu satteln und tätschelte einer nervösen Schimmelstute den Hals. Mit einem Wiehern warf der kapriziöse Neuzugang den Kopf in den Nacken und wich an die Wand der Sattelgasse zurück, als Wulf sich an ihr vorbeidrängte. Der Duft von trockenem Stroh und Pferdedung stach ihm in die Nase, als er sich in den Teil des Stalles begab, in dem die Einjährigen auf den Frühling warteten, um nach einem Falben zu sehen, den er im nächsten Jahr einreiten wollte. Mit einer Mischung aus Wehmut und Zufriedenheit betrachtete er das stämmige Tier, das alle Voraussetzungen für ein zuverlässiges Schlachtross mitbrachte.
Ob sein Sohn ein ebenso leidenschaftlicher Pferdenarr werden würde wie sein Vater?, fragte er sich und griff in den Futtertrog, um das vorwitzige Fohlen näher zu locken. Weich betasteten die haarigen Lippen seine Hand, bevor das Tier den schrumpeligen Apfel schnappte und zufrieden kaute. Das Klappern von Hufen in der Sattelgasse verriet, dass sein Rappe bereit war, und mit einem letzten Blick auf die vielversprechenden Einjährigen wandte Wulf der Kinderstube den Rücken. Vielleicht konnte ihn die Pferdezucht die bangen Monate des Wartens überstehen lassen, ohne dass seine geistige Gesundheit Schaden litt?
Er straffte die mächtigen Schultern, stülpte den Helm auf den Kopf und ließ sich von seinem Knappen in den Steigbügel helfen.
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