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Die Lava

Die Lava

Titel: Die Lava Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Magin
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Arbeit abhanden gekommen war – sie hätten ebenso über einen Karnevalsumzug oder ein Gartenfest berichtet. Ein paar Journalisten wirkten sehr jung, Berufsanfänger, die vielleicht von großen,lukrativen Zeitschriftenengagements träumten. Reginald MacGinnis hatte die Fachpresse für Flugzeugwesen, Militär und Technik außen vor gelassen – eine notwendige Sicherheitsmaßnahme, um eventuell bei Interviews auftretende peinliche Wissenslücken erst gar nicht zuzulassen.
    So saßen nun Journalisten von Lokalzeitungen und Wochenblättern sowie das TV-Team des lokalen Fernsehsenders, der sonst Werbebeiträge der Gemeinden brachte, in dem nüchternen Raum, in dem normalerweise das Kloster seine Presseempfänge ausrichtete. Die Vorhänge wurden zugezogen, und nur ein gelbliches, fahles Licht kroch müde in den Raum.
    MacGinnis sprach mit einem breiten englischen Akzent und tat häufiger so, als suche er den passenden deutschen Ausdruck – wie sagt man das? –, als er grob beschrieb, welches Interesse das britische Team an dem Wrack des Flugzeuges hatte. Einmal erntete er sogar einen lauten Lacher, als er meinte, man hole den Bomber aus dem See, »weil ein Flugzeug nicht ins Wasser gehört – dort ist es fehl am Platz«.
    Er erklärte, sie seien eine Gruppe britischer Flugzeugenthusiasten, die das Wrack eines im Zweiten Weltkrieg nach einem Abschuss in den Laacher See gestürzten Halifax Bombers Modell Handly Page 57 bergen und danach restaurieren und dann in das englische Flugzeugmuseum Brooklands in Weybridge, Surrey bringen wollten. Dort stehe auch bereits ein anderes Schmuckstück, eine Wellington N2980, die am 28. September 1985 durch ein Team der Herriot Watt University aus 69 Metern Tiefe im schottischen Loch Ness gefischt worden war, in den sie während eines Trainingsflugs am Neujahrsabend 1940 gestürzt war.
    MacGinnis beantwortete alle Fragen zu der Bergung, erklärte, warum es so wichtig war, das Flugzeug in ein Museum zu bringen. Technikenthusiasmus und eine verklärte Sicht auf den Zweiten Weltkrieg seien wohl in ihrem Heimatlandweiter verbreitet als in Deutschland. Immerhin erzählte einer der schon älteren Journalisten mit glänzenden Augen, er habe nur gute Erinnerungen an die Handly Page Halifax, weil sie das erste Airfix-Modell gewesen sei, das er als Kind ordentlich hinbekommen hatte.
    »Haben Sie keine Angst, dass Ihre Bergung durch eine Eruption gestört wird?«, fragte jemand.
    MacGinnis blieb gelassen. »Nun, wir Briten sagen: no risk, no fun! «
    Eine der Kulturdamen schüttelte im Fortgehen den Kopf. So viel Aufwand um ein rostiges Flugzeug erschloss sich ihr nicht.
    Joe mochte es, diesen ausgeglichenen, gutgelaunten und jovialen MacGinnis zu betrachten: Es schien so, als halte der Alte durchaus noch ein paar Überraschungen bereit. Er lächelte, als sein Chef einen Scherz machte, der den offiziellen Teil der Pressekonferenz beendete.
    Danach verteilte MacGinnis auf Hochglanzpapier gedruckte Imagebroschüren des Museums, in dem schon mehrere andere Bomber und Jagdflugzeuge ausgestellt wurden, die man aufwendig aus Seen, Mooren und Meeren gerettet hatte, und teilte einen Zeitungsartikel über die Bergung des Wellington-Bombers aus, den man aus den Tiefen des Loch Ness geholt hatte.
    Die Reporter mochten immer einen »persönlichen Touch« selbst in die langweiligsten Sachartikel bringen. Nachrichten sind keine Nachrichten mehr, wenn die Menschen dahinter nicht sichtbar werden. Einige Reporter folgten MacGinnis, als der sich erhoben hatte und schon zur Tür schritt.
    »Wie gefällt Ihnen unsere schöne Eifel?«, fragte ihn eine junge Journalistin. Sie fuhr sich immer wieder nervös durch die Haare, wollte offenbar alles richtig machen.
    »Na ja, sie swängt mir etwas zu oft.« Sollte heißen: Sie schwankt.
    »Können Sie sich vorstellen, hier mit Ihrer Gattin die Ferien zu verbringen?«
    Joe horchte auf. Diese Journalisten und ihre Klischeefragen! Vor knapp zwei Jahren hatte MacGinnis seine Frau durch einen Autounfall verloren. Er ließ sich das zwar nicht anmerken, doch Joe war überzeugt, dass der alte Griesgram furchtbar litt und sehr um sie trauerte. Noch immer trug er den Ehering am Finger. Um seine Augen lag ein müder Zug, wenn er von ihr sprach.
    Doch MacGinnis blieb cool, ganz Profi. »Ich bin mir sicher«, sagte er ohne ein Wanken in der Stimme, »dass Frau MacGinnis bald hier mit mir einen … wie sagt man … paradiesischen Urlaub verbringen wird.«
    Gerd Schmidtdresdner hätte am

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