Die Lava
liebsten den Fernseher eingetreten, dabei war niemand schuld daran, dass ihm diese blöden Engländer zuvorkamen, niemand außer seiner Gruppe und ihm.
Chancen hatten sie wahrhaft genug gehabt, nur genutzt hatten sie die nicht. Einer seiner Leute war sogar bei der Suche umgekommen – vermutlich durch die Hand der Konkurrenten. Um Archy war es nicht schade, er war ein Idiot gewesen und hätte die Polizei fast auf ihre Spur geführt. Dann diese ominösen anderen Taucher, einen hatte man verletzt, vermutlich sogar getötet, das konnte Ärger mit der Polizei geben.
Das untersuchte Wrack hatte sich ebenfalls als Enttäuschung entpuppt. Endlich gefunden – und dann gab es in dem Flugzeug kein Gold.
Allerdings: Im Fernsehen sprachen die Engländer immer von einem Bomber. Das Flugzeug, das sie durchsucht hatten, war kein Bomber gewesen. Aber vielleicht wussten die Engländer auch gar nichts von dem Schatz. Wer so öffentlich herumerzählt, dass er ein Flugzeug im See sucht, der mussdamit rechnen, dass er Zuschauer haben wird. So ein Gerede macht den heimlichen Abtransport von Goldbarren nicht einfacher.
Es gab also noch eine Chance – eine letzte Chance!
Wollte er nicht auf seinen bereits beträchtlichen Kosten sitzen bleiben und seinen Tippgeber, der ja selbst einiges zugeschossen hatte, verärgern, musste er schnell handeln. Er stellte sich vor, wie sein Auftraggeber zu Hause vor seinem Bildschirm saß und seine Investitionen ebenfalls schwinden sah.
Gerd Schmidtdresdner überlegte noch einmal: Er hatte auf Bestellung Nazikrempel aus Tümpeln, Flüssen und Seen geborgen und an die Nachfahren von irgendwelchen Bonzen geschickt, die in Südamerika hockten und sich das Zeug voller Stolz an die Wand hängten. Er hatte archäologische Kostbarkeiten heimlich aus Pfahlbaudörfern geholt und sie an den staatlichen Stellen vorbei an private Sammler mit antiquarischem Geschmack vermittelt. Er hatte Schiffswracks betaucht, Segelschiffe und große Metallkolosse, deren Safe geknackt und Goldbarren in Geld verwandelt. Kurz: Eigentlich gelang ihm immer alles, was er anfasste.
Und nun sollten ihm ein paar englische Dorftrottel den größten Fund seines Lebens wegschnappen? Das kam nicht in Frage.
Andererseits bedeutete eine öffentliche Ankündigung der Bergung dieses verdammten Flugzeugwracks auch, dass diese Newcomer sich mit den Behörden arrangiert hatten, dass alles rechtens war, was sie taten, dass sich eventuell sogar Polizeibeamte vor Ort befanden, um die Bergung zu sichern und ihre Ausführung zu überwachen.
Schmidtdresdner nahm sich das Telefon und machte ein paar hektische Anrufe. Olav Bernick war in seiner Mannschaft sicher der verwegenste und – ja! – auch skrupelloseste Taucher. Jemand, dem er vertraute, dem er aber auch zutraute,dass er das ein oder andere für ihn erledigte, mit dem er sich selbst die Hände nicht schmutzig machen wollte.
Bernick verstand sofort, wovon Schmidtdresdner redete. Mehr noch: Ihm war die Begeisterung deutlich anzuhören – Begeisterung und Wut, denn auch Bernick empfand die Briten als Störenfriede, die sich aneignen wollten, was ihm und seinem Team gehörte. Es verstand sich auch ohne große Worte, dass man an das Flugzeug, wenn es erst einmal geborgen am Seeufer stand, so einfach nicht mehr herankommen würde.
Als beste Lösung bot sich nach wie vor ein Tauchgang an. Besonders jetzt, da der See wegen der Vulkanhysterie gesperrt war: Die Vernünftigen gingen dort nicht mehr spazieren, und die Unvernünftigen, die Sensationssucher, wurden von der Polizei kontrolliert. Baden war verboten, Bootsfahren untersagt, Tauchen erst recht ein no go .
»Wir sollten möglichst frühzeitig mit dabei sein«, erklärte Schmidtdresdner. Er hörte Bernicks Antwort aufmerksam zu und nickte dann: »In Ordnung, so erledigen wir den Job!«
Die Engländer würden Augen machen!
Nun zeigte sich, welche Simulationen der Nordengländer die ganze Zeit über programmiert hatte. Mit einem Beamer warf er ein hellblaues, wolkiges Rechteck auf eine Leinwand.
Der Nordengländer griff sich einen Laserpointer vom Tisch und klickte mit der Maus das Icon »Simulation starten« an. Auf dem Schirm erschien eine topographische Karte des Laacher Sees und seiner Umgebung. Ein X markierte die Stelle, an der sich das Wrack der Halifax befand.
»Ich habe nicht ausgerechnet, was geschieht, wenn wir die Bombe bergen und einfach nur unschädlich machen.« Er lachte humorlos. »Dann passiert nichts.«
Das Bild blieb,
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