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Die Lava

Die Lava

Titel: Die Lava Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Magin
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wie es war, nur das X verblasste allmählich, bis es völlig verschwunden war.
    »Nun geht es darum, was geschieht, wenn nicht alles nach Plan läuft. Vom See ausgehend werdet ihr jeweils einen roten Fleck sehen, der stellt das Gebiet dar, das dann von der Infektion betroffen sein wird – also die Region, in der alles Leben ausgelöscht werden wird.«
    Er klickte die nächste Simulation an – wieder das gleiche Ausgangsbild: der See und das Kreuz, dieses Mal am Ufer.
    »Hier haben wir die erste Option: Das Flugzeug wird geborgen und etwas geht schief. Da wird nur der Kraterkessel betroffen sein. Dann gibt es rund fünfhundert tote Biokühe und, wenn die Witterung günstig ist, einen Todeskreis um den See mit einem Durchmesser von etwa zehn Meilen.«
    Der Kessel des Laacher Sees wurde tiefrot, das Umland rosa. Offenbar würden nach den Berechnungen des Nordengländers die Berge des Kraterwalls die Verbreitung des Erregers aufhalten, zumindest so lange, bis Gegenmaßnahmen getroffen werden konnten. Er zog, wie um das zu unterstreichen, mit dem Lichtpunkt des Laserpointers einen Kreis um die Caldera.
    »Nun zur zweiten Option: Die Bombe verbleibt im See. Dann bleibt alles beim Alten, es sei denn, die Bombe korrodiert, und ein Geysir erfasst die Erreger.«
    Das müsste doch ähnlich glimpflich ablaufen wie bei der missglückten Bergung, fuhr es Joe durch den Kopf.
    Der Nordengländer schien seine Gedanken zu lesen. »Ein Geysir trägt die Erreger in die Luft, von wo aus sie im Wind weiterverteilt werden können. Schlimmer noch wären ein Geysir und ein Sturm mit Böen. Der Wind könnte die Erreger in hohe Schichten der Atmosphäre tragen, von wo aus sie sich theoretisch weltweit verbreiten können. Aber das ist ein worst-case-Szenario.«
    Er klickte eine neue Simulation an, und wie in einem Zeichentrickfilm breitete sich der rote Fleck ungebremst aus.
    »Hier bin ich ausgegangen von einem 300 Fuß hohen Geysir«, erklärte der Nordengländer, »also in etwa wie die Fontäne von Andernach. Er trägt die Erreger, kombiniert mit einem leichten Wind aus Westen.« Er deutete auf die Karte auf dem Bildschirm, auf der sich ein roter Fleck ruckartig vom Laacher See immer weiter nach Osten zog, sich dann dreiteilte und entlang des Rheins und seiner wichtigsten Nebenflüsse nach oben, rechts und unten weiter verbreitete. »Gelangen die Erreger auf Schiffe, sind sie innerhalb von zwei bis fünf Tagen überall von Rotterdam bis Basel. In dieser Zeit vermehren sich die Erreger, teilen sich. Ich rechne damit, dass Deutschland, Ostfrankreich, Belgien und die Niederlande innerhalb von zwei Wochen komplett entvölkert wären, mit leichterem Befall in den Randgebieten, etwa Süddänemark, Westfrankreich oder Norditalien.« Der Nordengländer verfolgte die Ausbreitung des mutierten Milzbrandbazillus mit dem Laserpointer, zog schließlich mit dem Lichtpunkt einen Kreis von rund tausend Kilometern um den See.
    »Wir haben noch eine dritte Option«, berichtete er dann weiter und startete den nächsten Film. »Der Geysir bricht aus, die Erreger befinden sich in der heißen Wassersäule, und ein Orkan fegt über den See. Kann tatsächlich passieren. Es reicht vielleicht schon ein einfaches Gewitter – wir haben dann dasselbe Szenario wie zuvor, allerdings im Zeitraffer.« Er klickte ein neues Ikon an, die todbringende rote Fläche verteilte sich schneller und breiter auf der Landkarte. »Vermutlich könnten dann noch am gleichen Abend Koblenz, Wiesbaden und Frankfurt entvölkert sein – je nach dem, mit welcher Geschwindigkeit die Unwetterfront voranrückt.«
    MacGinnis seufzte und rutschte auf seinem Stuhl hin und her.
    »Wir haben also nur die Möglichkeit«, fuhr der Nordengländer unbeirrt fort, »die Bombe auf jeden Fall zu hebenund zu neutralisieren. Abwarten wäre in der gegenwärtigen Lage zu riskant. Bei der Bergung kann ebenfalls einiges schiefgehen. Aber wenn wir nichts tun, stehen wir vor der Alternative Pech oder Schwefel, anders ausgedrückt: halb oder ganz Europa.«
    »Also nur Schwefel«, fasste MacGinnis zusammen. »Ganz gleich, was wir tun – entweder wir bergen die Bombe, oder es kommt zu einer Katastrophe.«
    Der Nordengländer nickte. »Ich habe noch eine letzte Simulation«, sagte er dann. Von dem Kreuz im See ausgehend wurde zuerst Deutschland, dann Europa, schließlich die ganze Welt von Rot überzogen. »Das würde geschehen«, erklärte er dazu, »wenn der Vulkan ausbricht und sich die Erreger in der Aschewolke

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