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Die Lebensfreude

Die Lebensfreude

Titel: Die Lebensfreude Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola
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ihrer früheren einschmeichelnden Art. Es war ihm schon recht: wenn es nur ging, wie es ihm Vergnügen machte, fand er alles gut.
    »Und du, Lazare, sagst ihr nichts?«
    Der junge Mann war im Hintergrunde gezwungen lächelnd stehengeblieben. Die Bemerkung des Vaters erhöhte seine Verlegenheit, um so mehr, als Luise wieder errötete, ohne einen Schritt hin zu ihm zu machen. Warum war sie da? Warum führte die Base diese Nebenbuhlerin zurück, die sie erst in so rauher Weise verjagt hatte! In seinem Staunen fand er sich nicht mehr zurecht.
    »Küsse sie, Lazare, sie wagt es nicht«, sagte Pauline freundlich.
    Sie sah ganz bleich in ihrer Trauer aus, aber ihr Gesicht war ruhig, die Augen klar. Sie schaute beide mit ihrer mütterlichen, ernsten Miene an, die sie in den wichtigen Stunden des häuslichen Lebens annahm; sie lächelte nur, als er sich entschloß, die dargereichten Wangen des jungen Mädchens mit seinen Lippen flüchtig zu streifen.
    Veronika, die es von ihrer Küche aus mit schlenkernden Händen ansah, wandte sich plötzlich wie dem Ersticken nahe ab. Sie verstand von alldem nichts mehr. Nach dem, was geschehen war, mußte man wirklich wenig Herz haben. Das Fräulein wurde unerträglich, wenn es gut sein wollte. Es war nicht genug, daß sie die verlausten Rangen ins Haus brachte und sogar unter das Tafelgeschirr setzte: jetzt führte sie dem Herrn Lazare schon Geliebte zu. Das Haus wurde wirklich sauber! Als die Magd brummend sich mit diesen Worten das Herz erleichtert hatte, rief sie laut hinein:
    »Das Frühstück wartet bereits seit einer Stunde, wie Sie wissen. Die Kartoffeln sind schon ganz verbrannt.«
    Man frühstückte mit großem Appetit, aber Chanteau allein lachte gutmütig, er war zu vergnügt, um das anhaltende Unbehagen der drei anderen zu bemerken. Sie waren alle drei von einer zärtlichen Zuvorkommenheit, schienen aber dennoch im Grunde einen Rest von Unruhe und Trauer zu bewahren, wie es nach solchen Zänkereien immer der Fall ist; man vergibt sich zwar gegenseitig, man kann jedoch die nicht wiedergutzumachenden Beleidigungen nicht vergessen. Den Nachmittag benutzte man zur Unterbringung der Neuangekommenen. Sie bezog ihr Zimmer im ersten Stock wieder. Wäre Frau Chanteau am Abend mit ihren kleinen, hastigen Schritten hinuntergekommen, um sich an den Tisch zu setzen, so hätte man glauben können, die ganze Vergangenheit sei wiedererstanden.
    Fast eine volle Woche hindurch dauerte das Unbehagen an. Lazare, der Pauline nicht zu wagen fragte, erklärte sich noch immer nicht das, was er für einen absonderlichen Einfall hielt; denn der Gedanke eines möglichen Opfers, einer einfach und großmütig dargebotenen Wahl kam ihm in keiner Weise. In den Stunden der Begierden, die während seiner Untätigkeit über ihn kamen, hatte er nie daran gedacht, Luise zu heiraten. Seitdem sie alle drei beisammen lebten, fühlten sie sich denn auch in einer falschen Lage, unter der sie litten. Es entstanden verlegene Pausen, gewisse Sätze blieben ihnen halb auf den Lippen aus Furcht vor einer nicht beabsichtigten Anspielung. Pauline, von diesem unvorhergesehenen Ergebnis überrascht, war genötigt, ihr Lachen zu übertreiben, um die Sorglosigkeit von ehemals wiederzufinden. Anfänglich empfand sie jedoch eine tiefe Freude; sie glaubte zu fühlen, daß Lazare zu ihr zurückkehrte. Luisens Gegenwart hatte ihn beruhigt, er floh sie fast, vermied es, allein mit ihr zu sein, von dem Gedanken empört, daß er noch einmal das Vertrauen seiner Base hintergehen könne, und von einer fieberhaften Zärtlichkeit gequält, wandte er sich ihr wieder zu und erklärte mit gerührter Miene, sie sei die beste der Frauen, eine wahre Heilige, deren er unwürdig sei. Sie freute sich in himmlischer Seligkeit ihres Sieges, als sie ihn so wenig liebenswürdig zu der andern sah. Gegen Ende der Woche war sie es selbst, die ihm darüber Vorwürfe machte.
    »Warum fliehst du, sowie ich mit ihr zusammen bin? ... Das bekümmert mich. Sie ist nicht zu uns gekommen, damit wir ihr ein saures Gesicht machen.«
    Lazare vermied es zu antworten und machte eine unbestimmte Bewegung. Sie erlaubte sich darauf eine Anspielung, die einzige, die ihr je entschlüpfte.
    »Wenn ich sie hergeführt habe, so geschah es, damit du weißt, daß ich euch schon seit langem verziehen habe. Ich wollte diesen häßlichen Traum auslöschen, es bleibt nichts davon übrig. Und du siehst, ich habe keine Furcht mehr, ich setze Vertrauen in euch.«
    Er schlang seine Arme

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