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Die Lebensfreude

Die Lebensfreude

Titel: Die Lebensfreude Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola
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blauen Himmel zugebracht, und sie tauschten zärtliche Blicke aus, in denen die Verwirrung dieser Furcht vor sich selbst erzitterte, die ihre Kameradschaft jetzt so leidenschaftlich gestaltete.
    Alle drei lachten, als Veronika gerade im Augenblicke, als sie den Nachtisch auftragen sollte, in der Küchentür erschien und rief:
    »Die Frau ist hier!«
    »Was für eine Frau?« fragte Pauline bestürzt.
    »Frau Luise!«
    Unterdrückte Ausrufe erfolgten. Der bestürzte Chanteau schaute Pauline und Lazare an, die beide erbleichten. Der letztere aber erhob sich heftig, seine Stimme erzitterte vor Zorn.
    »Wie? Luise! Aber sie hat es mir nicht geschrieben! Ich würde ihr verboten haben zu kommen... Ist sie denn toll?«
    Die Dämmerung brach sehr klar und milde herein. Nachdem Lazare sein Mundtuch fortgeworfen hatte, war er hinausgelaufen, Pauline folgte ihm und bemühte sich, ihre lächelnde Heiterkeit wieder zu erlangen. Es war in der Tat Luise, die schwerfällig aus der Berline des Vaters Malivoire stieg. »Bist du toll?« schrie ihr Mann schon von der Mitte des Hofes aus. »Man begeht solche Tollheiten nicht, ohne vorher zu schreiben!«
    Sie brach in Tränen aus. Sie fühlte sich krank und langweilte sich so sehr. Da ihre zwei letzten Briefe ohne Antwort geblieben, hatte sie ein unüberwindliches Verlangen abzureisen erfaßt, ein Verlangen, in welches sich der sehnliche Wunsch mengte, Bonneville wiederzusehen. Sie hatte ihn nicht vorher benachrichtigt, weil sie fürchtete, er werde ihr verbieten, ihr Verlangen zu befriedigen.
    »Ich hatte mich so darauf gefreut, euch alle zu überraschen!«
    »Das ist lächerlich! Du wirst morgen wieder abreisen.«
    Luise warf sich von diesem Empfange niedergeschmettert, Pauline in die Arme. Als diese sie so unbeholfen in ihren Bewegungen sah mit dick gewordenen Hüften unter dem Kleide, war sie noch bleicher geworden. Jetzt fühlte sie den Leib dieser dicken Frau an dem ihrigen und empfand Entsetzen und Mitleid darüber. Es gelang ihr endlich, den Aufruhr ihrer Leidenschaft zu besiegen, sie brachte Lazare zum Schweigen.
    »Warum sprichst du so hart zu ihr? Umarme sie ... Du tatest recht daran zu kommen, wenn du denkst, dich in Bonneville wohler zu befinden. Du weißt, daß wir dich alle lieben, nicht wahr?«
    Loulou heulte wütend über die Stimmen, die den gewohnten Frieden des Hofes störten. Nachdem Minouche die Nase auf die Treppe vor der Tür gesteckt, hatte sie sich zurückgezogen und die Pfoten geschüttelt, als habe sie beinahe in einem unangenehmen Abenteuer ihr Ansehen auf das Spiel gesetzt. Alle traten ein, Veronika mußte ein neues Gedeck auflegen und das Essen nochmals auftragen.
    »Wie, du bist es, Luisette?« wiederholte Chanteau mit unruhigem Lächeln... »Du hast uns mit deiner Gesellschaft überraschen wollen? Ich hätte beinahe den Wein in die unrechte Kehle bekommen.«
    Doch der Abend endete angenehm. Alle hatten ihre Kaltblütigkeit wiedergefunden. Man vermied alle Abmachungen für die folgenden Tage. In dem Augenblicke, da man zur Ruhe gehen wollte, begann die Verwirrung von neuem, als die Magd fragte, ob Herr Lazare im Zimmer der Frau schlafe.
    »Nein, Luise wird besser allein gebettet sein«, murmelte Lazare, der unwillkürlich einen Blick Paulines aufgefangen hatte.
    »Ja, so ist es, schlafe nur oben«, sagte die junge Frau. »Ich bin entsetzlich matt und habe so das ganze Bett für mich.«
    Drei Tage verstrichen. Pauline faßte endlich einen Entschluß. Sie wollte das Haus am Montag verlassen. Das junge Paar sprach bereits davon, bis zum Augenblick der Entbindung zu bleiben, die man nicht vor einem Monat erwartete; aber sie erriet sehr wohl, daß ihrem Vetter Paris zuwider war und er schließlich seine Zinsen in Bonneville verzehren werde als ein über seine steten Fehlschläge verbitterter Mann. Das Beste war, ihnen ungesäumt den Platz zu räumen, denn es gelang ihr nicht, sich zu besiegen und sie fühlte, daß sie jetzt noch weniger als früher den Mut finden werde, in dieser ihrer Vertraulichkeit von Mann und Frau mit ihnen zu leben. War das nicht auch das Mittel, den Gefahren der wachsenden Leidenschaft zu entfliehen, unter denen sie und Lazare jetzt soviel gelitten? Luise allein war erstaunt, als sie den Entschluß ihrer Base erfuhr. Man brachte Gründe vor, gegen die nichts einzuwenden war. Doktor Cazenove erzählte, die Dame in Saint-Lô habe Pauline außergewöhnliche Anerbietungen gemacht und diese könne sich nicht länger weigern, ihre Verwandten

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