Die Lebensprinzipien
plutonisch. Besonders deutlich wird dies am Krokodil , das über ein wirklich schrecklich chaotisches, aber äußerst gefährliches Gebiss verfügt. Es frisst tagelang nichts, um dann riesige Mengen auf einmal zu verschlingen. Außerdem neigt es dazu, seine Opfer zu verstümmeln und ist selbst nicht selten verstümmelt nach rücksichtslosen Auseinandersetzungen mit Artgenossen, die durchaus bis zu Kannibalismus gehen. Ein Krokodil verbeißt sich in sein Opfer, zerrt es unter Wasser und lässt es dort ertrinken. Manchmal legt es – der Spinne ähnlich – einen Vorrat an und klemmt seine Beute irgendwo in der Unter(wasser)welt ein. Es ist einerseits gefürchtet, andererseits als Handtasche und in Gürtelform beliebt, was im plutonischen Sinn immer noch ein Weiterleben in anderer Form ist.
Ratten sind als Kanalisationsbewohner und Indikatoren für den Verschmutzungsgrad von Städten unbeliebt und sogar gefürchtet. Je mehr Dreck, desto größer die Rattenpopulation. Dabei tun Ratten
heute hierzulande keinem mehr etwas zuleide. Früher aber haben sie nicht nur die Pest übertragen mittels ihrer Flöhe, sondern auch geschwächte Menschen angefallen. Dass sich der Normalbürger vor ihnen ekelt, machte die Punks zu Rattenfans, und tatsächlich konnten sie damit anfangs bei vielen Leuten ein kurzes Grauen auslösen.
Die große Fruchtbarkeit der Ratten machte sie zu Lieblingen der Forscher. Wer sein Leben mit Ratten verbringen will, kann mit Tierversuchen und zum Beispiel Vivisektion, dem Zerschneiden lebender Tiere, ein in dieser Gesellschaft angesehenes Leben führen und seinen Sadismus in systematischer wissenschaftlicher Tierquälerei und sehr plutonisch ausleben. Seltsamerweise finden wir das weniger anrüchig, als wenn sich ein bekennender Sadist in der Nachfolge des Marquis de Sade einen Masochisten vom Gegenpol als Gespielen sucht und die beiden aneinander plutonische Lust auslassen.
Ratten leben aus Instinkten und sind uns diesbezüglich in einigem überlegen. Nicht umsonst heißt es: »Die Ratten verlassen das sinkende Schiff«, und zwar im letzten Hafen vor dem Untergang. Kluge Seeleute vergewisserten sich deshalb vor dem Anheuern, ob Ratten an Bord waren.
Abschließend sei hier noch der Kuckuck als Prototyp des Schmarotzers erwähnt. Als Plutonikerin und Extremistin legt das Weibchen ihr Ei vorsätzlich in ein fremdes Nest. Der Kuckuck nutzt dessen Besitzer aus menschlicher Sicht ebenso gnadenlos und hinterhältig wie unfair als Leihmutter, Amme und Babysitter aus, während er sich längst aus dem Staub gemacht hat und nur noch in der Gegend seinen lauten Ruf ertönen lässt. Der wiederum soll materielles Glück bringen, erinnert es doch daran, dass der Gott Pluto(n), der Reiche, in der Nähe ist.
Der geschlüpfte kleine Kuckuck ist vom selben (plutonischen) Schlag und bringt als Erstes seine Geschwister um, indem er sie einfach aus dem Nest wirft. Die ihren Instinkten verpflichteten Leiheltern ignorieren ihre über den Nestrand abgeschobene leibliche
Brut und füttern nun das rasch größer und dicker werdende Kuckuckskind hingebungs- und aufopferungsvoll, das sie bald an Größe und Unverschämtheit weit übertrifft, vor allem bei Zaunkönigsleiheltern. Wenn seine Zeit gekommen ist, fliegt der junge Kuckuck auf Nimmerwiedersehen davon. Die plutonische Unart liegt ihm im Blut, und er wird es wieder genauso tun und ein extremes, rücksichtslos egoistisches, andere überforderndes und ausnutzendes Leben führen und dafür noch laut schreiend Werbung machen.
Pflanzenreich
Die Blüte des Schlafmohns mit seinem graubläulichen Grün und dem Mandala seiner satt roten, in einen schwarzvioletten Grund mündenden Blütenblätter verwelkt rasch und drückt solcherart bereits das Stirb-und-werde-Prinzip aus. Die Fruchtknoten verströmen einen betörenden und betäubenden Duft. Die schöne Pflanze trägt in sich die Polarität, verlockend und gefährlich zugleich.
Das Opium der Mohnkapseln kann nicht nur Vögel, die davon kosten, berauschen, sondern natürlich auch Menschen auf entsprechende Reisen schicken, die dann nicht selten ihr restliches Leben auf ein Dasein in einschlägigen Opiumhöhlen beschränken. In der weiterverarbeiteten Form als Heroin ist es die süchtigmachendste Rauschdroge und Basis großer Drogenszenen der modernen Wohlstandsgesellschaft. Als Morphium – nach Morpheus, dem Gott des Schlafes – ist es jedoch ein Segen für Schmerzpatienten und deren mit Abstand beste Hilfe. Im Endstadium von
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