Die Lebensprinzipien
damals wie heute sind es die Bordelle.
Japan und seine Hauptstadt sind beide durch und durch plutonisch, und natürlich ist der heilige Berg Fuji ein Vulkan. Tokio mit seinen etwa 35 Millionen Einwohnern hat als infiltrativ wachsende Riesenmetropole für seine Umgebung die Eigenschaften eines Krebsgeschwürs. Bei dieser unheimlichen Ballung von Menschenmassen, die sich zu Tausenden in U-Bahn-Waggons hineinpressen und zur Arbeit anliefern lassen, sehen sich manche – aus Platzmangel – gezwungen, schon zu Lebzeiten in einer Art von Schlafsarg zu übernachten.
Als Ausgangsort einer aggressiv-verschlingenden Okkupationspolitik wurde Tokio das Zentrum des japanischen Faschismus und zum Schrecken für ganz Asien. Japans Kriegsführung war insgesamt so grausam und plutonisch wie der »göttliche Wind«, den ihre Kamikaze-Aktionen entfachten. Kaum hatten die US-Amerikaner auch diese Spielart des Faschismus niedergeschlagen, tauchte Japan nach Kriegsende wie ein Phönix aus der Asche wirtschaftlich wieder auf und eroberte die Welt, jetzt mit entsprechend offensivverschlingenden ökonomischen Wachstumsstrategien. Japans rotweiße Fahne symbolisiert nach außen den plutonischen Charakter des Landes. Seine Expansionsstrategien, die immer wieder in sich zusammenbrachen, so auch die wirtschaftliche Nachkriegsoffensive, lassen ihn nach innen spüren. Kaum war Toyota – »Nichts ist unmöglich« – zum größten Autokonzern der Welt aufgestiegen, untergruben Rückholaktionen von Millionen von Autos wegen eingebauter Fehler den wirtschaftlichen Erfolg und unterminierten das Ansehen.
Japans Sitten und seine Esskultur zeigen viel Plutonisches. Da
vollführten manche öffentlich Harakiri, schneiden sich andere einen Finger ab, um ihre Ehre wiederherzustellen. Daneben erleben wir ein Land ohne Jugendschutz und Vorstellung von sexuellen Perversionen, das alles erlaubt vom schwunghaften Handel mit gebrauchten Slips bis zu Sex mit gut rasierten Affenmädchen. Hier werden Fische so filettiert, dass sie beim Verspeistwerden noch atmen, wird Affenhirn aus dem aufgesägten Schädel bei vollem Bewusstsein der Tiere gelöffelt. Es ist ein Land, das das brutale und unverantwortliche Abschlachten der Wale nicht lassen konnte und die Übereinkünfte der Welt mit wissenschaftlichen Pseudoargumenten unterlief, das jedes Jahr eine große Meeresbucht vom Blut völlig sinnlos erschlagener und erstochener Delfine rot färbt. Und es ist das Land, das Hiroshima und Nagasaki heraufbeschworen und überlebt und doch immer noch nicht überstanden hat, das aber nichts daraus lernte und weiterhin kompromisslos auf Atomkraft setzte und so Fukushima mit drei Kernschmelzen notwendig machte und der Welt aufs (blinde) Auge drückte. Es ist aber auch das Land der Samurais, der Kampfkunst und der Zen-Tradition und damit des kompromisslosen Selbstverwirklichungsweges, der ebenso radikale wie wirksame Wege zu sich selbst aufzeigt. Jetzt nach Fukushima ist Japan zu einer radikalen plutonischen Wende aufgerufen, ansonsten wird wohl Pluto weiter in unerlöster Form seine Inselwelt prägen.
München als Hauptstadt von Bayern ist ebenfalls ein plutonischer Ort. Es ist die Stadt der Schickeria und des Geldes. Sie steht einerseits für eine auffällige Veräußerlichung der Werte, andererseits ist sie die Hauptstadt des Esoterikbooms in Deutschland. Hier trifft exzessiver Lebensstil auf extreme Spießigkeit. Die Polizei greift traditionell hart, kompromisslos und rücksichtslos durch. Hausbesetzungen, die sich in Hamburg oder Berlin über Jahre hinziehen, werden noch in derselben Nacht – koste es, was es wolle – beendet. Es ist eine Stadt mit Clubs und Discos, deren Ruf davon lebt, dass nicht alle hineindürfen. Und natürlich ist es die Stadt, in der sich der deutsche Faschismus vorbereitete und von der aus Hitler
Deutschland eroberte. Für alte und Neo-Nazis ist sie bis heute die »Hauptstadt der Bewegung«.
Messina in Sizilien verkörpert mit heißblütiger Leidenschaft und mafiösen Strukturen eine andere Variante des Plutoprinzips. Hier toben Verbrecherkriege mit Dutzenden Ermordeter auf offener Straße in Stadtteilen, in die sich die Obrigkeit erst gar nicht hineinwagt.
Das marokkanische Tanger ist als Ein- und Ausgangstor von Afrika auch ein Umschlagplatz des Drogenhandels, wo ein Leben wenig zählt und wert ist, aber für Geld alles zu haben ist.
Srinagar in Kaschmir, Tor nach Ladakh, dem indischen »Tibet« und Stadt der Hausboote, deren Wasserversorgung
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