Die Lebensprinzipien
Mitte. Hier verbinden sich Aspekte von Hermes-Merkur und Pluto.
In Indien ist die Schlange das Symbol der Kundalini- oder Energieschlange, die entlang der Wirbelsäule und damit der Chakras aufsteigt – vom untersten Chakra Muladhara, wo sie bei unentwickelten Menschen, wie denen der ersten Ebene, in dreieinhalb Windungen aufgerollt ruht, bis zum obersten Chakra Sahasrara – und den Entwicklungsweg des Menschen abbildet. Die sieben Chakras entsprechen wie erwähnt den sieben Sprossen der alttestamentarischen
Jakobsleiter, denn auf anatomischen, physiologischen und energetischen Ebenen gleichen sich natürlich die Menschen aller Kulturen. Beim Buddha, dem in allen Chakras Erwachten und auf allen Stufen Verwirklichten, überragt die Kundalini oft in künstlerischen Darstellungen als Königskobra den Kopf.
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In Bali werden die Schlangen des Meeres im Tempel Tanah Lot verehrt. Vor dem Tempel kann man mit großen Pythons, meterlangen Würgeschlangen, spielen und sich fotografieren lassen. Hier kann man gut sehen, wie groß der Respekt vor Schlangen bei den Balinesen ist, die noch völlig eingebunden in ihren religiösen Rahmen leben. Deutlich größer ist die Angst vor Schlangen bei Christen, die mehrheitlich losgelöst von ihrem Glauben leben und trotzdem die negative christliche Schlangensymbolik in ihrer Seele lebendig erhalten.
Die Schlange ist auch das Symbol der Ewigkeit, wenn sie sich als Uroboros in den eigenen Schwanz beißt. Außerdem zeigt sie uns die Chance, das Gift zu erlösen und in ein Geschenk der Entwicklung
und Gesundung zu verwandeln. Gift heißt im Englischen Geschenk; wir stellen heute sogar Heilmittel aus Schlangengiften her. Hier ist auch an die Mitgift zu denken; Gabe und Gift kommen beide etymologisch von Arzneigabe und Giftgabe. Die Dosis macht bekanntlich das Gift.
Lachesis muta, das Gift der Buschmeisterschlange und ein großes Mittel der Homöopathie, zeigt einiges vom Plutoprinzip. Es wird gegeben bei typischer Hochspannung und Überdruck, bei dem Wunsch, alles zu kontrollieren, ohne sich je selbst kontrollieren zu lassen, und der Tendenz zur Besserung durch Ausscheidungen bis hin zum vielen Reden, der Logorrhoe, dem Wortdurchfall oder Rededrang, den Willibald Gawlik hier diagnostizierte.
Um die Schlangenangst zu erlösen und sich ein gutes Stück mit Pluto auszusöhnen, müsste man sich mit dem Thema Verführung und der Neigung, zu verschlingen, zu erdrücken und zu vergiften, aussöhnen. Wer die Verführerin in sich akzeptiert und außen lebt, leidet nicht unter Schlangenangst. Man hat sie nur, wenn die uneingestandenen inneren Tendenzen auf äußere Schlangen projiziert werden, die Neigungen etwa, andere mit Liebe zu erdrücken, sie mit Haut und Haar zu verschlingen, um sie ganz zu besitzen, oder ihr Leben in kleinen Dosen und mit gezielten Injektionen zu vergiften, um sie gefügiger zu machen.
Die Spinne ist ein zoologisch sehr erfolgreiches, aber aufgrund ihres plutonischen Wesens wenig beliebtes Tier. Wenn das Weibchen gleich nach dem Geschlechtsakt »ihr« Männchen verspeist, wird sie rasch zur schwarzen Witwe . All das ist bio-logisch sinnvoll, wenn auch nicht jeder mann s Sache. Wenn die Spinne als Fallenstellerin ihre unsichtbaren Netze in Übergangsbereichen wie Fenster- und Türrahmen verankert, wo es ihre Opfer nicht vermuten, ist das sehr geschickt und erfolgversprechend. Und wenn sie jeden offenen Kampf vermeidet und versteckt im Hinterhalt lauert, bis sich ihre Beute in den klebrigen Fäden ihres Netzes ausgetobt hat, ist das kräftesparend und empfehlenswert. Auch das Opfer anschließend lebendig und folglich schön frisch in einen Kokon einzuspinnen
und in die im Schatten gelegene »Speisekammer« zu hängen, um es bei Bedarf und lebendigem Leibe auszusaugen, hat sich bestimmt bewährt.
All dies geht vor allem vielen Frauen in dieser Deutlichkeit viel zu weit. Jedenfalls all denen, die Angst vor Spinnen haben, weil sie in ihrem Wesen zu ähnlichen Eigenschaften partout nicht stehen können. Wer sich also mit Spinnen und den von ihnen verkörperten plutonischen Aspekten aussöhnen will, müsste auf die Suche nach seiner Lust zum Fallenstellen gehen, zur Planung von Hinterhalten bis zur Hinterhältigkeit, könnte seine feigen, aber erfolgreichen Strategien durchleuchten, Feinde kaltzustellen beziehungsweise hängenzulassen, Leute einzuwickeln und in Netze zu verwickeln, und vor allem auch die Tendenz hinterfragen, andere auszusaugen. Mit all dem ausgesöhnt
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