Die Legende
und den Arzt verraten. Es fragte auch keiner von den Behörden mehr nach ihnen. Die Beamten kamen vielmehr, um sich nach mir zu erkundigen. Irgendwie war ich nun doch in ihren Unterlagen aufgetaucht und verdächtig, etwas mit den Explosionen in einem der Lager zu tun zu haben. Doch als sie kamen und mich verhören wollten, war ich gerade dabei, meine neue Gabe zu trainieren und die Äste und Zweige eines Baumes mit der Kraft meiner Gedanken zu bewegen. Ich erzählte ich ihnen, das dort Ufos mit unsichtbaren Aliens gelandet seien, da ließen sie bald von mir ab. Wenn sie je wiederkamen, dann vermutlich mit einer Zwangsjacke.
Auch Leif war noch nicht zufrieden mit dem Ausgang der Ereignisse, denn seine Rechnung mit Karen blieb offen. Er setzte Himmel und Hölle in Bewegung, um an ihre Anschrift zu gelangen. Bisher zwar erfolglos, allerdings würde er nicht eher ruhen, bis er sie zur Strecke gebracht hatte, das betonte er mehrmals täglich. Aber das war nicht mehr mein Problem. Viviane hingegen wurde wieder zu einem, denn mit dem Verschwinden des Dämons büßte sie auch ihre Hexenfähigkeiten ein. Sie glitt zurück in die Einsamkeit ihres Lebens als Waise. Doch glücklicherweise duldete sie mich wieder in ihrem Leben und wir unternahmen vieles gemeinsam. Ihr zuliebe traf ich mich sogar weniger mit Robert, weil ich merkte, dass sie meine Beziehung zu ihm immer noch nicht wirklich guthieß.
Dafür bescherte uns Pfarrer Bernhard am Sonntag während der Predigt eine kleine Sensation. Er gestand, in seiner Jugend auf der Straße gelebt und ein zwielichtiges Dasein geführt zu haben. Er sagte uns auch, dass er erpresst worden sei, doch der Erpresser für seine Sünde bereits gebüßt habe. Es war der merkwürdige Besucher am Tag der Vernichtung des Dämons. (Dieser Tag wurde im Dorf übrigens offiziell als Feiertag eingetragen.) Er war damals ein Freier des Pfarrers gewesen und hatte sich von der Begegnung wohl mehr erhofft. Die Mullendorfer trugen dieses Geständnis nach den vergangenen Geschehnissen mit Fassung. Was galt ein ehemaliger Stricher gegen einen Dämon?! Nichts. Also ging der Ort bald zur Tagesordnung über, worüber ich sehr froh war. Mit dem Verschwinden des Dämons und des Fürsten, den niemand mehr gesehen hatte, kehrten meine Erinnerungen zurück. Schade allerdings war, dass die Behörden nicht viel gelernt hatten – aber wie sollten sie auch, sie hatten ja keine Ahnung, was bei uns wirklich passiert war – denn die Armee der Vampire wurde blutig zerschlagen und die Lager noch sicherer gemacht. Der beherzte Gerd Palitzki versuchte tatsächlich, zuerst einem Sachbearbeiter im Vampircenter und dann der Presse von den Ereignissen zu berichten, leider mit wenig Erfolg. Der Sachbearbeiter fühlte sich für Dämonen nicht zuständig und verwies ihn ans Ministerium, das wiederum erst eine Petition und jede Menge ausgefüllte Formulare forderte, bevor es sich der Sache annehmen wollte. Die Presse wiederum nahm die ganze Geschichte erst begierig auf, als Gerd dann jedoch den Körper des Dämonen beschrieb, wandten sie sich enttäuscht ab und widmeten sich der Spurensicherung bei den Lagerexplosionen, die jedoch wenig Neues ans Tageslicht brachten. Vermutlich hätten sie Gerd lieber in einer Zwangsjacke gesehen.
Mit den Toten konnte ich bisher noch nicht sprechen. Ich bin auch nicht so sonderlich scharf darauf, muss ich gestehen. Nur einen hätte ich gern gesprochen: meinen Vater.
Aber wenn ich seinen Worten Glauben schenken durfte, würde ich Anzeichen diese Gabe mit Sicherheit rechtzeitig bemerken. Doch erst einmal wollte ich die Ruhe in Mullendorf und in meiner Seele genießen. Mal sehen, wie lange der Frieden anhielt.
ENDE
Der Mörderclub
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