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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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der eine Mann ohne Umschweife. Er war jung, Mitte Zwanzig, und besaß ein hübsches Gesicht, was mir unter anderen Umständen sicherlich gefallen hätte. Aber heute hatte er keine Chance.
    Ich nickte. »Was kann ich für Sie tun? Einmal volltanken?«
    Der Hübsche verzog den Mund, als wollte er lächeln, jedoch nicht ausreichend Kraft dafür finden.
    »Sehr witzig. Es geht um den Grabflüchter, der unter dem Namen Leif Germann hier ansässig ist. Sie kennen ihn?«
    »Er war der Besitzer dieser Tankstelle, das wissen Sie doch sicherlich.«
    Ich hatte keine Ahnung, ob es gut war, wenn ich ihnen frech kam, aber ich hatte auch keine Lust, die Nette oder Naive zu spielen. Dafür hatte ich durch diese Kerle viel zu viel Ärger am Hals.
    »War?« Der andere Mann zog eine Augenbraue nach oben. Er war wesentlich älter, hatte schmale graue Augen und eine unangenehm hohe Stimme, als hätte ihm jemand die Kronjuwelen gestohlen.
    »Ja, war«, antwortete ich. »Er hat mir den Laden vermacht.«
    Jetzt runzelten beide synchron die Stirn.
    »Wieso?«
    Die Antwort auf diese Frage hatte ich bereits eingeübt. »Er ist tot, und da er keine Nachkommen hat und ich ihm zu Lebzeiten treu und nichtsahnend gedient habe, hat er mich als Alleinerbin eingesetzt.«
    »Er ist tot? Endgültig tot?«
    »Ja.«
    Leif und ich hatten überlegt, was ich den Behörden sagen würde, wenn sie fragten, und wir waren zu dem Schluss gekommen, dass es eindeutig das Beste wäre, wenn er als final verschieden galt. Das würde zwar seine ganze Existenz, die er sich in jahrelanger Arbeit mühsam aufgebaut hatte, zerstören, aber sie würden vermutlich die Suche nach ihm irgendwann einstellen.
    »Woher wissen Sie das?«
    Auch das hatten wir abgesprochen. »Als er gesehen hat, dass sein Freund Robert Bauer abtransportiert wurde, haben ihn Angst und Schmerz dermaßen überwältigt, dass er sich selbst getötet hat. Ich habe ihn danach auf seinen Wunsch hin verbrannt.«
    Es war fraglich, ob sie mir das glauben würden, aber etwas Besseres war uns nicht eingefallen. Und ich besaß noch einen Trumpf im Ärmel. »Ich kann Ihnen die Latte des Zaunes zeigen, auf die er sich aufgespießt hat.«
    Ich sah den Unglauben in ihren Augen, konnte förmlich hören, wie sie ›was für ein Scheiß, für wie blöd hält uns die Kleine eigentlich‹ dachten. Aber sie nickten nur. »Das wäre nett.«
    Nicht weit von der Tankstelle entfernt gab es eine alte Pferdekoppel. Dort hatte schon seit Jahrzehnten kein Pferd mehr gegrast, aber Bruchstücke des Zaunes waren noch vorhanden. Vorhin hatte ich beim Fleischer etwas Schweinefleisch gekauft und an dem abgebrochenen und spitz aufragenden Rest einer Latte verteilt. Leif hatte sich einen Liter seines Blutes abgezapft und darüber gegossen, bis es tatsächlich so aussah, als wäre jemand darauf aufgespießt worden.
    Dorthin führte ich die beiden AVEK-Männer, wobei ich ihnen auf dem Weg gleich meine halbe Lebensgeschichte erzählte. Jedenfalls die, die sie hören sollten.
    »Ich kenne Leif, seitdem er in Mullendorf ist. Allerdings hatte ich keine Ahnung, dass er ein Grabflüchter ist!« Dazu zeigte ich ihnen einen bestürzten Gesichtsausdruck und verlieh meiner Stimme jede Menge Entsetzen. »Sonst hätte ich ja niemals bei ihm angefangen zu arbeiten!« Noch mehr Grauen in der Stimme. »Es war die ganze Zeit nichts zu merken. Es ist schon unglaublich, wie sich diese Grabflüchter verstellen können.« Kopfschütteln. »Es ist sehr gut, dass das nun ein Ende hat und er endgültig tot ist.« Erleichtertes Aufatmen. »Und dass er mich nun zur Alleinerbin gemacht hat, entschädigt fast ein wenig für das Grausen.« Ein zartes Lächeln, doch dann schnell wieder ernst. »Obwohl ich noch nicht weiß, ob ich das Erbe wirklich antreten werde. Wer will schon was von einem Grabflüchter annehmen!« Ein verächtliches Schnauben, danach beendete ich erst einmal die Show, denn wir waren an der Pferdekoppel angekommen. Die beiden hatten zu meiner Ausführung nichts gesagt und sahen sich nun wortlos den Zaun an.
    »Hier war es«, sagte ich und deutete auf die blutige Latte. »›Ich will nicht mehr davonlaufen‹, hat er geschrien und sich dann vor meinen Augen aufgespießt.«
    Sie zogen Handschuhe an und nahmen mit Wattestäbchen, die sie aus ihren Jackentaschen zauberten, Proben des getrockneten Blutes vom Holz. Sie erwischten auch Fleischfasern. Das war nicht ganz so gut, aber Leifs Blut würden sie eindeutig ihm zuordnen können.
    »Wo haben Sie ihn

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