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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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brauchst dir nicht die Adern zu öffnen. Da draußen ist eine ganze Horde von Stammeskriegern, die das gern für dich übernehmen.«
    »Sie sind mir völlig egal – sie können den verdammten Ort haben. Ich wünschte, ich wäre nie hergekommen.«
    »Ich weiß«, sagte Druss sanft. »Ich habe gestern im Hospital mit Virae gesprochen. Sie hat mir gesagt, daß sie dich liebt. Sie sagte …«
    »Ich will es nicht hören.«
    »Doch, du willst. Weil es eine Erinnerung ist, an der du festhalten kannst. Und es hält sie in deinen Gedanken am Leben. Sie sagte, auch wenn sie sterben müßte, wäre es das wert, weil sie dich kennengelernt hatte. Sie hat dich angebetet, Rek. Sie hat mir von dem Tag erzählt, als du neben ihr gegen Reinard und all seinen Männern standest – sie war sehr stolz auf dich. Ich war es auch, als ich davon hörte. Du hattest etwas, mein Junge, das nur wenige Menschen je besitzen.«
    »Und jetzt habe ich es verloren.«
    »Aber du hattest es! Das kann dir niemand mehr nehmen. Sie hat nur bedauert, daß sie dir nie wirklich sagen konnte, wie sie fühlte.«
    »Oh, sie hat es mir gesagt – das brauchte keine Worte. Was war mit dir, als deine Frau starb? Wie hast du dich gefühlt?«
    »Ich glaube nicht, daß ich dir das sagen muß. Du weißt, wie ich mich gefühlt habe. Und glaube nicht, es wäre nach dreißig Jahren einfacher geworden. Wenn überhaupt, wird es noch schwerer. Und jetzt wartet Serbitar in der Halle auf dich. Er sagt, es ist wichtig.«
    »Nichts ist mehr wichtig. Druss, deckst du ihr Gesicht zu? Ich könnte es nicht ertragen.«
    »Ja. Dann mußt du zu dem Albino gehen. Er hat etwas für dich.«
     
    Serbitar wartete am Fuß der Treppe, als Rek langsam in die Halle hinunterging. Der Albino trug volle Rüstung und den Helm mit dem weißen Roßhaarbusch. Das Visier war herabgelassen, so daß seine Augen verborgen waren. Er sieht aus wie eine silberne Statue, dachte Rek. Nur seine Hände waren bloß und so weiß wie poliertes Elfenbein.
    »Du wolltest mich sprechen?« fragte Rek.
    »Folge mir«, sagte Serbitar. Er machte auf dem Absatz kehrt und ging durch die Halle zur steinernen Wendeltreppe, die zu den Verliesen unter der inneren Festung führte. Rek hatte eigentlich jede Bitte ablehnen wollen, aber jetzt war er gezwungen zu folgen, und sein Zorn wuchs. Der Albino blieb oben an der Treppe stehen und nahm eine brennende Fackel aus einem kupfernen Wandhalter.
    »Wohin gehen wir?« fragte Rek.
    »Folge mir«, wiederholte Serbitar.
    Langsam und vorsichtig stiegen die beiden Männer die ausgetretenen Stufen hinunter, bis sie schließlich die erste Ebene der Verliese erreichten. In dem lange nicht benutzten Gang glitzerten mit Wassertropfen überzogene Spinnweben; die Bögen waren mit feuchtem Moos bewachsen. Serbitar ging weiter, bis sie zu einer Eichentür kamen, die mit einem rostigen Riegel verschlossen war. Er mühte sich eine Weile mit dem Riegel ab, bis er ihn schließlich freibekam; dann mußten beide an der Tür zerren, bis sie sich knirschend und ächzend öffnete. Dahinter gähnte die Dunkelheit einer weiteren Treppe. Wieder ging Serbitar voraus. Die Stufen endeten in einem langen Gang, in dem knöcheltief das Wasser stand. Sie wateten hindurch bis zu einer Tür am Ende, die geformt war wie ein Eichenblatt und ein goldenes Schild mit einer eingravierten Inschrift in der Alten Sprache trug.
    »Was heißt das?« fragte Rek.
    »Es heißt: ›Dem Würdigen – willkommen. Hier ruht Egels Geheimnis und die Seele des Bronzegrafen.‹«
    »Und was bedeutet das?«
    Serbitar rüttelte am Türgriff, aber die Tür war verschlossen, anscheinend von innen, denn man konnte weder Riegel noch Kette oder Schlüsselloch sehen.
    »Sollen wir sie aufbrechen?« fragte Rek.
    »Nein. Du öffnest sie.«
    »Sie ist verschlossen. Ist das ein Spiel?«
    »Versuch’s.«
    Rek drehte den Griff behutsam, und die Tür schwang ohne einen Laut auf. Sanftes Licht glomm in dem Raum auf, aus glühenden Glaskugeln, die in die Wände eingelassen waren. Der Raum war trocken, wenn jetzt auch das Wasser aus dem Gang eindrang und sich über den reich mit Teppichen bedeckten Boden ergoß.
    In der Mitte des Raumes befand sich auf einem hölzernen Ständer eine herrliche Rüstung. Sie war wunderbar in Bronze gearbeitet; die überlappenden Metallschuppen glänzten im Licht. Die Brustplatte zeigte einen bronzenen Adler mit ausgebreiteten Schwingen, deren Spitzen bis an die Schultern reichten. Darüber hing ein geflügelter Helm,

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