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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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schalt er sich, als die Flammen höherschlugen und ihm der Schweiß ausbrach. Er zog Mantel und Schuhe aus und schob den Sessel vom Feuer weg.
    Ein leichtes Pochen an der Tür schreckte Rek aus seinen Gedanken auf. Er rief ›Herein‹, und Serbitar trat ein. Im ersten Moment erkannte Rek ihn nicht, denn er trug nicht seine Rüstung, sondern eine grüne Tunika. Das lange weiße Haar war im Nacken zusammengebunden.
    »Störe ich, Rek?« fragte er.
    »Überhaupt nicht. Setz dich zu mir.«
    »Danke. Frierst du?«
    »Nein. Ich sehe nur so gern den Flammen zu.«
    »Ich auch. Es hilft beim Nachdenken. Vielleicht eine weit zurückreichende Erinnerung an eine warme Höhle und die Sicherheit vor Raubtieren?« meinte Serbitar.
    »Damals habe ich noch nicht gelebt – trotz meines wilden Äußeren.«
    »O doch. Die Atome, aus denen du bestehst, sind so alt wie das Universum.«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wovon du sprichst, wenn ich auch nicht bezweifle, daß es stimmt«, sagte Rek. Ein unbehagliches Schweigen entstand; dann fingen beide gleichzeitig an zu reden, und Rek lachte. Serbitar lächelte und zuckte die Achseln.
    »Ich bin es nicht gewohnt, leichte Unterhaltungen zu führen. Ich kann das nicht.«
    »Das können nur die wenigsten, wenn es darauf ankommt. Es ist eine Kunst«, erklärte Rek. »Man muß sich entspannen und das Schweigen genießen, das ist es, was Freunde ausmacht – Menschen, mit denen man schweigen kann.«
    »Wirklich?«
    »Ich gebe dir mein Ehrenwort als Graf.«
    »Es ist schön, daß du deinen Humor wiedergefunden hast. Das hätte ich in Anbetracht der Umstände nicht für möglich gehalten.«
    »Anpassungsfähigkeit, mein lieber Serbitar. Man kann nur eine Zeitlang über den Tod nachdenken, dann wird es langweilig. Ich habe festgestellt, daß ich weniger Angst davor habe zu sterben als davor, ein Langweiler zu sein.«
    »Du bist selten langweilig, mein Freund.«
    »›Selten‹! ›Nie‹ ist das Wort, das ich zu hören hoffte.«
    »Verzeihung. ›Nie‹ ist natürlich das Wort, das ich suchte.«
    »Wie wird es morgen sein?«
    »Das kann ich nicht sagen«, antwortete Serbitar rasch. »Wo ist Virae?«
    »Bei Calvar Syn. Die Hälfte der zivilen Helfer ist nach Süden geflohen.«
    »Du kannst ihnen keinen Vorwurf machen«, sagte Serbitar. Er stand auf und ging zum Fenster. »Die Sterne strahlen heute nacht so hell«, stellte er fest. »Obwohl es akkurater wäre zu sagen, daß der Neigungswinkel der Erde die Sichtbarkeit erhöht.«
    »Ich glaube, ich ziehe ›die Sterne strahlen heute nacht so hell‹ vor«, meinte Rek und trat zu Serbitar ans Fenster.
    Unter ihnen ging Virae langsam dahin, einen weißen Mantel um die Schultern gelegt, das lange Haar im Nachtwind flatternd.
    »Ich glaube, ich gehe zu ihr, wenn du mich entschuldigst«, sagte Rek.
    Serbitar lächelte. »Natürlich. Ich bleibe ein bißchen am Feuer sitzen und denke nach, wenn ich darf.«
    »Fühl dich ganz wie zu Hause«, sagte Rek und zog sich die Stiefel an.
    Wenige Augenblicke, nachdem Rek gegangen war, trat Vintar ein. Auch er hatte die Rüstung abgelegt und mit einer schlichten, dicken Tunika aus weißer Wolle mit Kapuze getauscht.
    »Das war schmerzlich für dich, Serbitar. Du hättest mir erlauben sollen, mit dir zu kommen«, sagte er und legte dem jungen Mann die Hand auf die Schulter.
    »Ich konnte ihm nicht die Wahrheit sagen.«
    »Aber du hast nicht gelogen«, flüsterte Vintar.
    »Wann wird das Verschweigen der Wahrheit zur Lüge?«
    »Ich weiß nicht. Aber du hast die beiden zusammengebracht, und das war deine Absicht. Sie haben diese Nacht für sich.«
    »Hätte ich es ihm sagen sollen?«
    »Nein. Er hätte versucht zu ändern, was nicht geändert werden kann.«
    »Kann oder darf?« fragte Serbitar.
    »Kann. Er könnte ihr befehlen, morgen nicht zu kämpfen, und sie würde sich weigern. Er kann sie nicht einsperren – schließlich ist sie die Tochter eines Grafen.«
    »Und wenn wir es ihr sagen?«
    »Sie würde sich weigern, es zu glauben, oder dem Schicksal trotzen.«
    »Dann ist sie verdammt.«
    »Nein. Sie wird nur sterben.«
    »Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um sie zu schützen, Vintar. Das weißt du.«
    »Ich auch. Aber wir werden versagen. Morgen nacht mußt du dem Grafen Egels Geheimnis zeigen.«
    »Er wird kaum in der Stimmung sein, es zu sehen.«
     
    Rek legte Virae den Arm um die Schultern, beugte sich vor und küßte sie auf die Wange. »Ich liebe dich«, flüsterte er.
    Sie lächelte und

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