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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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Minuten war alles vorüber. An verschiedenen Stellen auf dem offenen Gelände wurden kleine Gruppen der Nadir umzingelt und getötet.
    Joacim Sathuli, dessen weißes Gewand blutbespritzt war, erklomm langsam die Stufen zur Brüstung der Brustwehr, gefolgt von sieben seiner Hauptleute. Er drehte sich um und reichte seine blutigen Krummsäbel einem Krieger mit dunklem Bart. Ein anderer reichte ihm ein parfümiertes Handtuch. Langsam und sorgfältig wischte er sich Gesicht und Hände ab. Schließlich sprach er:
    »Herzlich willkommen«, sagte er. Er lächelte nicht, aber in seinen Augen funkelte Humor.
    »Tatsächlich«, sagte Rek. »Glücklicherweise mußten unsere anderen Gäste gehen, sonst wäre es etwas eng geworden.«
    »Du bist also nicht überrascht, mich zu sehen?«
    »Nein, nicht überrascht. Erstaunt wäre der passende Ausdruck.«
    Joacim lachte. »Ist dein Gedächtnis so kurz, Delnoch? Du sagtest, wir sollten als Freunde scheiden, und ich habe zugestimmt. Wo sonst sollte ich sein, wenn ein Freund in Not ist?«
    »Du mußt mit Teufelszungen geredet haben, daß du deine Krieger dazu überreden konntest, dir zu folgen.«
    »Keineswegs«, erwiderte Joacim mit einem verschmitzten Funkeln in den Augen. »Sie haben sich immer schon gewünscht, in diesen Mauern zu kämpfen.«
     
    Der große Sathuli-Krieger stand auf den hohen Mauern von Geddon und blickte auf das Lager der Nadir hinab, das jenseits der verlassenen Brustwehr von Valteri lag. Rek schlief, und der bärtige Fürst schlenderte allein über die Mauer. Um ihn herum waren Wächter und Soldaten beider Völker, aber Joacim blieb allein.
    Wochenlang hatten Sathulispäher auf den Bergen um Delnoch die tobende Schlacht beobachtet. Oft war Joacim selbst auf die Gipfel geklettert, um dem Kampf zuzusehen. Dann hatte ein Kommando der Nadir ein Dorf der Sathuli überfallen, und Joacim hatte seine Leute überredet, ihm nach Delnoch zu folgen. Außerdem wußte er von dem Verräter, der mit den Nadir zusammenarbeitete, denn er war Zeuge eines Treffens auf einem schmalen Paß zwischen dem Verräter und dem Nadir-Hauptmann Ogasi gewesen.
    Zwei Tage später hatten die Nadir versucht, eine Truppe über die Berge zu schicken, doch die Sathuli hatten sie zurückgeschlagen.
    Joacim hörte mit Trauer von Viraes Tod. Auch wenn er Fatalist war, konnte er doch die Gefühle eines Mannes teilen, der die Frau verloren hatte. Seine eigene Frau war vor zwei Jahren im Kindbett gestorben, und die Wunde war noch immer nicht verheilt.
    Joacim schüttelte den Kopf. Der Krieg war eine wilde Geliebte, aber nichtsdestoweniger eine mächtige Kraft. Sie konnte mehr Schaden in der Seele eines Mannes anrichten als die Zeit. Die Sathuli waren zur rechten Zeit gekommen, und ihr Kampf war nicht ohne Verluste abgegangen. Vierhundert von Joacims Männern waren tot – ein kaum zu verkraftender Verlust für ein Bergvolk, das nur dreißigtausend Menschen zählte, von denen viele Kinder und Alte waren.
    Aber Schuld war Schuld.
    Hogun haßte ihn, das wußte Joacim. Aber das war verständlich, denn Hogun gehörte zur Legion, und die Sathuli hatten seit Jahren das Blut der Legion vergossen. Sie reservierten ihre ausgeklügeltsten Foltermethoden für gefangene Reiter. Das war eine Ehre, aber Joacim wußte, daß die Drenai das nie verstehen würden. Wenn ein Mann starb, wurde er auf die Probe gestellt – je schlimmer sein Tod war, desto größer seine Belohnung im Paradies. Folter erhöhte die Seele eines Mannes, und die Sathuli konnten einem gefangenen Feind keine größere Ehre antun.
    Er setzte sich auf die Brüstung und starrte die innere Festung an. Seit wie vielen Jahren hatte er sich gewünscht, diese Festung einzunehmen? Wie viele seiner Träume waren erfüllt von der Festung in Flammen?
    Und jetzt verteidigte er sie mit dem Leben seiner Leute. Er zuckte die Achseln. Ein Mann, der die Augen zum Himmel richtet, sieht den Skorpion zu seinen Füßen nicht. Ein Mann, der die Augen zu Boden richtet, sieht den Drachen am Himmel nicht.
    Er schritt über die Brustwehr, bis er schließlich den Torturm erreichte und die Inschrift, die dort eingemeißelt war: GEDDON.
    Die Mauer des Todes.
    Die Luft war schwer vom Geruch des Todes, und am Morgen würden die Krähen in Scharen kommen, um ihr Festmahl zu halten. Er hätte Rek im Wald töten sollen. Ein Versprechen gegenüber einem Ungläubigen zählte nicht. Warum hatte er es also gehalten? Plötzlich lachte er, als ihm die Antwort klar wurde: weil es den Mann

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