Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
sogar Königin Isi.
„Was ist jetzt? Soll ich etwa allein da hinunter steigen?“, meckerte diese vom Eingang her.
Eine verlockende Vorstellung. Sollte sie ihre Bälger doch allein suchen, was ging ihn die Sache eigentlich an. Aber sie könnte sich noch als nützlich erweisen, schließlich brauchte das Land einen neuen König und er wäre der geeignete Mann dafür. Natürlich musste sich dafür erst einmal das Chaos ein wenig legen. Derzeit gab es nur wenige Menschen, die eines Königs bedurften, oder besser, die einen König als solchen überhaupt anerkennen würden. Die letzten Wochen hatten gezeigt, nicht einmal der schmutzigste Bettler gehorchte noch irgendwelchen Anweisungen.
„Kirai!“, rief Isi noch einmal.
Er atmete tief durch, blickte noch einmal auf die heranbrausenden Wolken und stieg dann hinter Isi die Treppe hinunter in den Kerker. Natürlich würden sie die Kinder hier nicht finden, nicht einmal die würden freiwillig hierher gehen. Doch wenn er sich nicht noch mehrere Wochen Isis Gezeter anhören wollte, musste er mit ihr wirklich jeden erdenklichen Platz nach den beiden Jungen absuchen. Sicher ließen sich die beiden jetzt von einem armen Trottel durch die Einöde tragen, davon war Kirai überzeugt. Dass die Menschen dorthin gezogen waren, so viel hatte er zumindest herausbekommen. Nicht viel, angesichts der entvölkerten Stadt jedoch eine Menge. Sein gesamtes Netz aus Informanten war zusammengebrochen. Es würde seine erste Aufgabe als König sein, es wieder aufzubauen. Ohne Informanten fühlte er sich blind, und ein blinder König hielt sich nicht lange auf dem Thron. Plötzliche, heftige Erschütterungen schreckten Kirai aus seinen Gedanken. Vor ihm hielt sich Königin Isi an der Wand fest.
„Bei den Alten, was ist das? Der ganze Boden schwankt“, rief sie, „Unternehmt etwas, damit das aufhört!“
Erste Mauerbrocken lösten sich und rieselten auf sie nieder. Eine leichte Panik ergriff Kirai. Wenn die Decke einstürzte, wären sie hier im Kerker begraben. Er drehte sich um und lief die Treppen wieder nach oben.
„Wo wollt Ihr hin? Ihr könnt mich hier nicht im Dunklen zurücklassen“, schrie ihm Isi hinterher.
Er hörte nicht auf sie, nahm zwei Stufen mit einmal. Heiße Luft schlug ihm entgegen, sein Gesicht glühte beinahe. Ob es wirklich so heiß war oder ihm nur die Anstrengung das Blut in den Kopf trieb, wusste er nicht. Dennoch war er zu langsam. Zwei Treppen bevor er den Ausgang erreichte, stürzte das Treppenhaus in sich zusammen. Geröll schlug Kirai gegen die Beine, er verlor das Gleichgewicht und fiel vornüber. Eine Lawine aus kleinen Steinen und heißem Staub ergoss sich über seinen Rücken, brannte sich durch die Kleidung. Staub und Hitze schmerzten fürchterlich, machten das Atmen beinahe unmöglich. Er röchelte und hustete gleichzeitig, ihm wurde schwarz vor Augen. In der Ferne hörte er noch Isi kreischen, dann verlor er das Bewusstsein.
***
Mo schreckte aus dem Bett hoch, noch immer schrie sie vor Schmerz. Ihre Schreie brannten in Sleems Ohren, er litt mit ihr. Mo tastete mit den Händen vorsichtig ihr Gesicht ab, sah an sich herab, drehte die Hände noch einmal hin und her. Ihr Blick war dabei beinahe erstaunt. Sie schien völlig unverletzt, zumindest konnte Sleem keinerlei Wunden erkennen.
„Was ist mit Euch? Habt Ihr Schmerzen?“, fragte er dennoch.
Auch Beo und Ker standen neben dem Bett und sahen sie mit besorgter Miene an. Mo antwortete nicht gleich, starrte erst für eine Weile aus dem Fenster. Sleem folgte ihrem Blick. In weiter Ferne, für Sleem kaum noch zu erkennen, fiel ein heller Strahl vom Himmel. Düstere Wolken schnellten von da heran, kündeten von sehr schlechtem Wetter. Für einen Moment verbarg Mo ihr Gesicht in den Händen, weinte leise. Tröstend strich ihr Sleem über das Haar. Sie musste verdammt schlecht geträumt haben. Noch einmal schluchzte Mo auf, dann hob sie den Kopf und stieg entschieden aus dem Bett.
„Wir müssen hier weg. Gibt es hier Räume unter der Erde?“, fragte sie.
„Unter die Erde? Es gibt einen Vorratskeller. Aber da ist es ziemlich dunkel, eng und wenig gemütlich“, sagte Sleem, „Nicht einmal Stühle stehen da“
Draußen verdunkelte sich der Himmel weiter, die Fensterscheiben klirrten. Ker lief zu einem der Fenster, blickte den heranbrausenden Wolken neugierig entgegen.
„Sind die Stürme hier so schlimm wie in der Einöde?“, fragte er.
„Das ist kein einfacher Sturm. Schnell, wir müssen nach
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