Die Legende der Alten: Teil 2: Wiederkehr (German Edition)
finden. Seine Hoffnung erfüllte sich nicht. Vielleicht hätte er doch in der Stadt der Alten bleiben sollen, bei diesen Verdammten, auch wenn sie ihm mit ihrem stummen, beinahe gespenstisch wirkenden Verständnis untereinander unendlich fremd vorkamen. Zumindest wäre er unter Menschen gewesen. So blieb ihm nur die Maschine der Alten. Aber die sprach auch nicht viel.
Neue Hoffnung keimte, als sich vor ihm eine steile Felswand aus der trüben Atmosphäre schälte. Er bildete sich ein, diese Felsen zu kennen. Natürlich belog er sich damit selbst. Auch wenn es die große Klippe sein sollte, so fehlte es ihr doch an markanten Punkten, um sich daran zu erinnern. Und so wie die Einöde hatte auch die Klippe sich sicher verändert. Einige tief in die Klippe geschnittene Spalten kündeten davon. Wenig später war die Klippe sogar zusammengebrochen, eine mehr oder minder steile Rampe ermöglichte den Weg nach oben. Kex nahm diesen Weg. Wenn es die große Klippe war, so lag die Stadt, sein Zuhause, jenseits davon. Die Reste der Windräder und einige dunkle Schatten in der trüben Luft wiesen ihm oben den Weg. Einen Weg, den er in seiner Jugend so oft gegangen war. Das kurze Hochgefühl wich bald schon der Enttäuschung. Die Zerstörung wurde mit jedem Schritt stärker spürbar. An der Stadtmauer angekommen, konnte Kex sie greifen. Die Mauer lag in Trümmern, überall gaben Lücken den Blick auf geschwärzte Ruinen frei. Kex stieg durch eine der Lücken, kletterte über die Trümmer bis hinauf zu einem noch in Teilen intaktem Stück. Von hier aus konnte er die Stadt überblicken. Kaum ein Stein stand noch auf dem anderen, Kex hatte Mühe überhaupt etwas wiederzuerkennen. Zwischen den spärlichen Überresten einiger Gebäude klafften immer wieder große Lücken mit geschwärzter Erde. Wahrscheinlich die Asche der vielen Holzhäuser, mutmaßte Kex. Ein Geräusch, irgendwie bekannt, zog Kex Aufmerksamkeit auf sich. Schritt, Schritt, Klack, Taptap … Schritt, Schritt, Klack, Taptap … Eine Gestalt huschte unter ihm an der Mauer entlang, Kex bekam ein flaues Gefühl im Bauch. Verdrängte Erinnerungen an dunkle Gänge stahlen sich in seinen Kopf. Kos letzter Hilfeschrei hallte in seinen Ohren. Hatten die Menschenfresser seine Stadt erobert? Die Gestalt blieb stehen, schnüffelte in der Luft. Kex hielt den Atem an. Es nützte nichts, der Menschenfresser hatte ihn bereits entdeckt, blickte zu ihm hoch, ein junger Mann. Wenig später kletterte er zu Kex auf die Mauer.
„Kenne dich“, sprach er Kex an, „Du bist Mann, der Würmer isst. Du mich damals nicht getötet, ich dich heute auch nicht töten. Esse keine Menschen mehr, wie du. Menschen essen macht unsereiner verrückt. Andere essen noch Menschen, reden dann in fremder Sprache und tun seltsame Dinge. Was ist fliegendes Ding da neben dir?“
Kex schreckte ein wenig zusammen. Die Stimme eines anderen Menschen hatte er so lange nicht gehört. Einen Moment benötigte er, den Worten einen Sinn zu geben.
„Eine Maschine der Alten“, antwortete er schließlich, „Sie beschützt mich … irgendwie. Die Stadt sieht leer aus. Gibt es noch andere Überlebende?“
„Mich beschützt das hier“, sagte der Mann und klopfte dabei auf die Keule, die an seinem Hosenbund hing, „Andere Menschen verstecken sich, wollen nicht gefressen werden. Die noch Menschen essen sehr stark, hören und riechen noch besser als ich. Aber sind verrückt, wenn reden in fremder Sprache, dann sie sind ungefährlich, ansonsten besser weiten Bogen machen. Hinter anderer Mauer sich Menschen nicht verstecken. Sind aber noch gefährlicher als jene die noch Menschen essen. Frauen haben leuchtende Augen und fürchten die die Menschen essen nicht. Ich gehe ihnen aus dem Weg. Soll ich dir unser Zuhause zeigen? Du weißt sicher, wo es noch mehr Würmer gibt“
Zuhause, es fühlte sich nicht so an. Als Junge hatte Kex immer von großen Heldentaten geträumt, davon, glorreich aus den Städten der Alten zurückzukehren. Eine Stadt der Alten hatte er tatsächlich besucht, die Maschine neben seinem Kopf kündete davon. Doch die ehemaligen Menschenfresser würden ihm nicht zujubeln, sie kannten die Legenden der Alten nicht. Aber vielleicht erwartete er einfach zu viel. Immerhin wäre es ein Anfang, auch wenn Kex natürlich nicht wusste, wo es in diesen Ruinen etwas zu essen gab. Ein Schritt nach dem anderen. Er musste die Stadt neu kennenlernen und jene, die nun in ihr wohnten. Das tat er besser nicht allein, er
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