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Die Legende der Dunkelheit: Thriller

Die Legende der Dunkelheit: Thriller

Titel: Die Legende der Dunkelheit: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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Stunde zuvor aufgenommen worden war. Es war viel wirkungsvoller als eine Waffe. Schavilia wich zurück, nahm den Fuß vom Alarmknopf, dann legte er seine Pistole auf den Schreibtisch und hob die Hände. Sie hätten seine Ehefrau, seinen Vater oder seinen Bruder entführen können, und es hätte ihm nichts ausgemacht, er hätte den Fußalarm auch dann betätigt, wenn das für sie den Tod bedeutet hätte. Doch hier ging es um seinen Großvater. Der hatte ein schweres Leben gehabt und war trotzdem immer für Schavilia da gewesen. Er hatte ihm mit der Schule geholfen, wenn er Probleme mit der Polizei gehabt hatte, wenn er Geld brauchte. Und er hatte ihn auf den rechten Weg geführt.
    »Die Alarmanlage wird erst in viereinhalb Minuten wieder funktionieren«, sagte Jon auf Chinesisch. »Was wir uns hier holen wollen, wird niemand vermissen; der Mann, dem es gehört hat, ist tot. Wenn sich die Kameras wieder einschalten, dann sagen Sie, dass hier unten alles in Ordnung ist, und sobald wir aus dem Casino raus sind, werden wir Ihren Großvater freilassen und Ihnen für Ihr Schweigen fünfundzwanzigtausend Dollar zahlen.«
    Schavilia schwieg. Er zog seinen Stuhl hinter dem Schreibtisch hervor und stellte ihn in die Mitte des Raums, weg von dem Fußschalter, dann setzte er sich.
    Michael griff in seine Tasche und zog den langen dünnen Schlauch heraus und den Präzisionsbohrer. Er warf einen Blick auf Tresor Nummer 16. Es gab eine Schwachstelle: die dünne Platte über dem Schließmechanismus. Laut Schaltplan war sie fünf Zentimeter dick, aber Michael und alle, die sich in diesem Metier auskannten, wussten, dass sie in Wahrheit nur anderthalb Millimeter dick war. Es war ein Rettungsring, über den Stillschweigen bewahrt wurde, damit sich der Tresor sehr schnell öffnen ließ, wenn es um Leben und Tod ging – was in diesem Moment eindeutig der Fall war.
    Schnell trieb er den surrenden Bohrer durch die Platte und steckte den dünnen Schlauch durch das Loch. Er hatte sich das nur einen Millimeter dicke Endoskop aus biegsamem Glasfaserkabel gebastelt, in dem ein fadendünner Bowdenzug mit einer steuerbaren Spitze steckte, sodass sich das Gerät wie ein Periskop drehen und wenden ließ und um die Ecke schauen konnte. Er hatte vier haarfeine Drähte durch das Kabel geführt, die oben herausragten und mit kleinen Einstellrädern verbunden waren, mit denen er das biegsame Endoskop bedienen konnte wie eine Marionette. Am unteren Ende des Glasfaserkabels war ein winziges Objektiv angebracht. Wie ein Arzt, der eine Notoperation durchführen musste bei einem Patienten, dem nur noch ein paar Sekunden blieben, bis er starb, schaute er durch die Linse. Eine winzige LED-Lampe beleuchtete das Innenleben des Tresors, der nagelneu war und glänzte. Michael konnte alles so deutlich erkennen, als hätte er es direkt vor sich. Er drehte den Schlauch, bewegte ihn hin und her, schaute, suchte … und fand die Zentralverriegelung. Vier nebeneinanderliegende Metallrädchen mit Einkerbungen und mit einem Stift, die auf eine bestimmte Nummer eingestellt waren.
    Michael griff nach oben, drehte die Nummernscheibe dreimal, sodass die Stifte freilagen. Er konzentrierte sich und drehte das Rad nach rechts, beobachtete, wie die Wählscheibe sich drehte und ein Stift schließlich mit einem sachten Klicken in die Kerbe des zweiten Rädchens rutschte. Die Zahlen auf der Scheibe in seiner Hand beachtete er nicht, sie spielten keine Rolle, und außerdem hatte er hier nur einen Versuch. Er wiederholte den Vorgang nach links, sah, wie der zweite Stift in die Kerbe des dritten Rädchens fiel; wieder nach rechts, und nach zwei weiteren Wiederholungen fiel endlich der letzte Stift. Michael griff nach oben, drehte vorsichtig am Griff der Tresortür, und ein lautes Klicken hallte durch den Raum.
    Busch stand da und starrte auf seine Armbanduhr; noch nie im Leben hatte er die Sekunden so schnell dahinticken sehen.
    Michael rutschte von der Tür des Tresors weg, dessen automatische Innenbeleuchtung zeigte, was in dem Safe war. Was Michael sah, war nicht das, was er erwartet hatte, und ganz bestimmt nicht das, was man normalerweise in einem Casino-Tresor fand. Das helle Licht fiel auf eine Sammlung von Kunstwerken. Da waren Gemälde – von Govier, Picasso, Renoir und Monet –, die gestohlen worden waren. An den Wänden standen Statuen und Skulpturen.
    Der Boden war sauber und sah aus, als wäre er frisch gestrichen worden, und in der Mitte stand ganz allein eine einzelne

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