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Die Legende der Wächter 1: Die Entführung

Die Legende der Wächter 1: Die Entführung

Titel: Die Legende der Wächter 1: Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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fragte betont freundlich: „Du frisst keine Schlangen? Ja, warum denn nicht?“
    „Du frisst ja auch keine Füchse“, mischte sich Gylfie ein.
    Morgengrau blinzelte verdutzt. „Das ist ja wohl etwas ganz anderes. Es gibt sowieso nicht viele Eulen, die Fuchsfleisch fressen. Aber Schlange n … Schlangen gehören zu unserer Grundnahrung. Ich komm nicht drüber we g … Bist du total gaga oder was? ‚Ich fresse keine Schlangen.‘ Pah! Als ich so alt war wie ihr, hab ich alles gefressen, alles, was mich am Leben hielt und meinen Flügeln Kraft verlieh. Was soll das heißen, du frisst keine Schlangen? Was bist du für eine Eule, dass du dich so anstellst?“
    „Soren hat seine Gründe“, sagte Gylfie ruhig. „Familiäre Gründe. Seine Eltern beschäftigten eine ältere Blindschlange als Nesthälterin. Sie war auch eine Art Kinderfrau für die Küken. Soren hatte Mr s Plithiver sehr gern, darum frisst er kein Schlangenfleisch.“ Soren war gerührt, dass sich Gylfie noch an den Namen erinnerte.
    „Und genauso inständig, wie ich hoffe, Mr s Plithiver irgendwann einmal wiederzusehen, genauso inständig hoffe ich, dass sie dieses Gespräch nicht zufällig mit angehört hat“, setzte er hinzu.
    Morgengrau blinzelte, schüttelte übertrieben den Kopf und brummelte etwas über „verwöhnte Eulenbälger“ und „die harte Schule einer echten Waise“ vor sich hin. „Nesthälterinnen? Kinderfrauen?“ Er schien den Kopf einmal ganz herumzudrehen, als er ans Ende des Astes stapfte, dabei weiter vor sich hin brummelte und zwischendurch mit den Krallen in die Luft hieb. „So ein Blödsinn, bei meinem Magen! Als Nächstes kommt noch, dass seine Eltern eine Eule beschäftigt haben, die sämtliche Flüge für sie übernommen hat und auf Beutejagd gegangen ist. Das ist doch kein Leben, so was, das ist ein Riesenhaufen Waschbärkacke!“

Mrs P.!

    Sie rasteten in einem Gestrüpp an der Grenze. Hinter ihnen lag der Wald, vor ihnen erstreckte sich die im Mondlicht schimmernde Wüste. Morgengrau hatte ein Schläfchen angeordnet. Soren, den die Bemerkung des Bartkauzes über „verwöhnte Eulenbälger“ immer noch ärgerte, war aber entschlossen, sich als Jäger zu beweisen. Er wartete, bis Gylfie und Morgengrau die Köpfe unter die Flügel gesteckt hatten, dann flog er los, um eine Wühlmaus oder vielleicht sogar eine Ratte zu erbeuten.
    Was Soren bald vernahm, war aber nicht das Herzklopfen einer Maus, dafür war es viel zu langsam. Trotzdem war es unzweifelhaft das Pochen eines Herzens. Und hörte man zwischen den einzelnen Schlägen nicht noch etwas anderes? Ein eigentümliches, zutiefst kummervolles Zischeln?
    Nur wenige Geschöpfe auf Erden haben jemals eine Schlange weinen gehört. Schlangen haben zwar keine Tränen, trotzdem weinen sie manchmal. Und so kam es, dass Soren Mr s Plithiver entdeckte. Er landete auf einem moosbewachsenen Baumstumpf. Im Schein des fast vollen Mondes erspähte er davor, zwischen zwei aus der Erde ragenden Wurzeln, etwas Helles, Zusammengerolltes.
    Er reckte den Hals und blinzelte ungläubig.
    „Mr s P.?“
    Aus dem Knäuel erhob sich ein kleiner Kopf. Soren erkannten die beiden Vertiefungen, die sich an der Stelle der Augen befanden. „Mr s P.!“
    „Ist das denn die Möglichkeit? Nein, das ist ausgeschlossen!“
    „Ich bin’s, Mr s P., Soren.“
    „Ja natürlic h … Soren! Mein lieber Junge, du bist es tatsächlich!“
    Nicht zu fasse n – sie hatte ihn erkannt! Die bösen Ahnungen, die ihn gequält hatten, verflüchtigten sich schlagartig. Mr s P. entringelte den geschuppten Leib und glitt auf den Baumstumpf.
    Sie waren außer sich vor Freude, einander wiederzuhaben. Sie berührten einer das Gesicht des anderen, und hätte Mr s P. Augen gehabt, hätte sie sicherlich Freudentränen vergossen. So begnügte sie sich damit, sich über und unter Sorens Fittichen herumzuschlängeln und zu winden.
    „Nicht schimpfen, Schatz, ich möchte nur dein Gefieder befühlen. Nein, so was, dir sind ja prachtvolle Federn gewachsen! Bestimmt beherrschst du schon alle möglichen Flugkunststücke.“
    „Aber Mr s P., wo sind denn Mama und Papa und Eglantine und Kludd?“
    „Verschon mich bitte mit dieser Eule!“
    „Meinen Sie Kludd?“
    „Ja, Schatz. Es war dein eigener Bruder, der dich aus dem Nest gestoßen hat. Schon als er geschlüpft ist, habe ich geahnt, dass er einen schlechten Charakter hat.“
    „Aber Sie konnten doch gar nicht sehen, ob er mich rausgestoßen hat. Woher wollen Sie das

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