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Die Legende der Wächter 3: Die Rettung

Die Legende der Wächter 3: Die Rettung

Titel: Die Legende der Wächter 3: Die Rettung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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und betrachtete seine Eltern. Ihre Nebelgestalten veränderten unablässig die Form, aber er erkannte sie trotzdem. Sie waren es, daran bestand kein Zweifel. Warum tauchten sie nach dieser langen Zeit ausgerechnet hier im Geisterwald wieder auf?
    Habt ihr auf Erden noch eine Aufgabe zu erfüllen? Ist das der Grund? Wir nehmen es an, antwortete diesmal die Stimme seines Vaters. Wisst ihr es denn nicht?
Nicht so richtig, mein Schatz. Wir sind nicht sicher. Wir spüren nur, dass etwas nicht in Ordnung ist. Wir haben Ahnungen.
Seid ihr gekommen, weil ihr mich warnen wollt?
So ist es. Leider wissen wir selbst nicht, wovor.
    Ob seine Eltern inzwischen erfahren hatten, was Kludd damals getan hatte? Soren hätte ihnen gern erzählt, dass sein Bruder ihn aus dem Nest gestoßen hatte, aber das ging irgendwie nicht, jedenfalls nicht in Gedanken. Jetzt sprudelten Sätze aus seinem Schnabel, die er auch mit seinen Ohren hörte. Er schilderte Kludds böse Tat, aber seine Eltern zeigten keine Regung. Sie konnten ihn nicht hören. Und in seinem Kopf herrschte gähnende Leere. Wirklich sonderbar, das Ganze. Wenn er sprach wie sonst, hörten ihn seine Eltern nicht. Sie konnten sich nur auf diese seltsam stumme Art und Weise miteinander verständigen. Soren wiederum gelang es nicht, ihnen in Gedanken mitzuteilen, was Kludd verbrochen hatte, und seine Eltern konnten ihm nicht mitteilen, vor welcher Gefahr sie ihn warnen wollten.
    Eisen! Hüte dich vor dem Eisenschnabel! , hallte es plötzlich in Sorens Kopf wider. Der da sprach, war sein Vater, doch das Sprechen schien ihn alle Kraft gekostet zu haben, denn seine Nebelgestalt löste sich vor Sorens Augen auf, die seiner Mutter genauso. Die weißen Schwaden wallten noch einmal empor, dann verflüchtigten sie sich.
    Soren streckte den Fuß aus und rief flehentlich: „Bleibt hier! Lasst mich nicht allei n – kommt zurück!“
    „Was soll das Geschrei, Kumpel? Du weckst uns ja alle auf!“ Mit einem Mal war Soren wieder auf dem Hügel und vor ihm stand sein Brigadeführer Poot.
    Was war denn jetzt los? Eben hatte er doch noch auf dem Baum gesessen! Er konnte sich nicht daran erinnern, dass er den Ast verlassen hatte. Und der Nebel war plötzlich auch verschwunden, nicht einmal der zarteste Schleier war davon noch übrig.
    „Das wollte ich nicht, Poot. Ich bin bloß kurz auf den Baum da drüben geflogen, weil ich dachte, ich hätte etwas gesehen.“
    „Du bist nirgends hingeflogen. Ich bin nämlich schon ein Weilchen wach, du hast deinen Posten nicht verlassen. Vorbildlich. Sonst würde ich dir jetzt auch die Schwanzfedern einzeln ausrupfen!“
    Soren konnte es nicht glauben. „Ich habe meinen Posten nicht verlassen?“
    „Nein. Das hätte ich ja wohl mitgekriegt, wenn du auf einen Baum geflogen wärst.“ Poot musterte ihn forschend, als sei der junge Schleiereulerich womöglich gaga.
    Habe ich etwa nur geträumt?, überlegte Soren. Aber Mama und Papa haben wirklich mit mir gesprochen, ich habe sie doch gehört!
    „Zeit zum Abflug.“ Poot schaute zum Himmel empor, der sich schon violett färbte. Rosafarbene Wolken zogen vorbei. „Der Wind steht günstig“, stellte der Raufußkauz fest. „Wir sehen zu, dass wir einen schönen Westwind erwischen, der uns achtern anschiebt.“ Das bedeutete, dass der Wind nicht direkt von hinten kam, sondern ein bisschen seitlich von hinten und unten, was den Fliegenden einen stetigen Auftrieb gab. Soren sah, dass auch seine Kameraden jetzt einer nach dem anderen aufwachten.
    „Aufstellung nehmen!“, kommandierte Poot.
    Weil sie nicht von einem Ast, sondern vom Boden aus losflogen, mussten sie einen Steilstart durchführen, was viel schwieriger war. Aber es gelang. Soren und Martin waren die beiden Letzten, die sich abstießen. Die Eulen flogen in engen Kreisen aufwärts und hatten den Geisterwald bald hinter sich gelassen.
    Als Soren sich noch einmal umdrehte, sah er wieder Nebel aufkommen. Schon wogten silbrige Schwaden zwischen den Baumstämmen. Soren hielt angestrengt Ausschau nach seinen Eltern. Er hätte sie so gern noch einmal gesehen und sei es auch nur ganz kurz! Doch der Nebel bildete keine Gestalten mehr. Hätte Soren die weißen Schleier mit seinen Blicken durchdringen können, hätte er vielleicht erspäht, wie eine Feder, die aussah wie seine eigenen, nur durchsichtig, von einem Ast zur Erde niederschwebte.

In Bubos Schmiede

    Schon vor zwei Tagen war die Brigade in den Großen Ga’Hoole-Baum zurückgekehrt. Doch Soren hatte noch

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