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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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faszinierende, rätselhafte Spannung. Sie war sechzehn, ich ungefähr vierzehn, und diese zwei Jahre Altersunterschied standen zwischen uns wie eine Mauer. Trotzdem fand sie immer Zeit für mich und schien Freude an meiner Gesellschaft zu haben. Wenn ich aber nach ihr spürte, wich sie aus, blieb stehen, um einen Stein aus ihrem Schuh zu entfernen, oder kam plötzlich auf die Krankheit ihres Vaters zu sprechen und wie sehr er sie brauchte. Doch zog ich mich meinerseits zurück, wurde sie unsicher und wortkarg und versuchte, in meinem Gesicht zu lesen. Mir kam es vor, als wären wir durch ein straff gespanntes Seil verbunden, das geheimnisvolle Signale weiterleitete. Doch jetzt hörte ich einen Anflug von Unmut aus ihrem Ton heraus.
    »Oh. Ich verstehe. Wie schön, daß du so gut über die Entfremdeten Bescheid weißt, besser als Leute, die von ihnen beraubt worden sind.«
    Ihr bissiger Kommentar traf mich unvorbereitet, und ich mußte mich erst besinnen, bevor ich etwas sagen konnte. Molly wußte nichts von Chade und mir, ganz zu schweigen von unserem geheimen Ritt nach Ingot. Ihres Wissens war ich ein Laufbursche oben in der Burg und arbeitete für den Stallmeister, wenn ich nicht für den Schreiber Einkäufe besorgte. Natürlich konnte ich ihr nicht verraten, daß mein Wissen aus erster Hand stammte, und noch weniger, daß ich gefühlt hatte, was entfremdet sein bedeutete.
    »Ich habe die Wachen reden gehört, nachts, bei den Stallungen und in der Küche. Soldaten wie sie kommen viel herum und kennen Menschen jeden Schlags, und sie sagen, daß Entfremdete keine Freundschaft kennen und keine Blutsverwandtschaft. Trotzdem, ich nehme an, wenn einer von ihnen auf die Idee käme, Reisende auszurauben, würden die anderen sein Beispiel nachahmen, und es wäre fast das gleiche wie eine Räuberbande.«
    »Vielleicht.« Meine Erklärung schien sie besänftigt zu haben. »Was meinst du, machen wir da oben unser Picknick?«
    »Da oben« war ein Absatz am oberen Rand der Klippen, statt unseres Stammplatzes auf den Riffen. Doch ich nickte zustimmend, und die nächsten Minuten hatten wir unser Tun, den Aufstieg zu bewältigen. Es war eine mühselige Kletterpartie. Ich ertappte mich dabei, daß ich zu Molly hinschielte, um zu sehen, wie sie mit ihren Röcken zurechtkam, und auf Gelegenheiten wartete, stützend nach ihrem Arm zu greifen, wenn sie das Gleichgewicht zu verlieren drohte, oder ihr mit dem Korb über gefährliche Stellen hinwegzuhelfen. Eine blitzartige Einsicht sagte mir, daß sie den Platz ausgewählt hatte, um genau diese Situation herbeizuführen. Oben angelangt, setzten wir uns hin, den Korb zwischen uns, schauten aufs Meer hinaus, und ich genoß das Bewußtsein, daß sie sich meiner bewußt war. Die Strömung zwischen uns erinnerte mich an die Keulen der Jongleure beim Frühlingsfest, die sie sich gegenseitig zuwarfen, hin und her, hin und her, schneller und schneller. Das Schweigen dauerte an, bis einer von uns etwas sagen mußte. Ich schaute sie an, aber sie beugte sich rasch über den Picknickkorb und sagte: »Oh, Löwenzahnwein? Ich dachte, der muß liegen bis nach Mittwinter?«
    »Dieser ist noch vom letzten Jahr. Er hatte den ganzen Winter Zeit zum Reifen«, erklärte ich, griff nach der Flasche und versuchte, mit dem Messer den Korken herauszuziehen. Molly sah sich eine Weile an, wie ich mich abmühte. Dann nahm sie mir die Flasche aus der Hand, zog ihr kleines, schmales Gürtelmesser und hatte mit zwei geübten Handgriffen das Kunststück vollbracht.
    Sie bemerkte meinen neiderfüllten Blick und zuckte die Schultern. »Ich habe für meinen Vater Flaschen entkorkt, seit ich denken kann. Früher, weil er meistens zu betrunken war, heute, weil er nicht mehr die Kraft in den Händen hat, selbst wenn er nüchtern ist.« Schmerz und Bitterkeit sprachen aus ihren Worten.
    Ich wechselte hastig das Thema. »Sieh mal, die Regenfrei.« Ein schnittiger Segler näherte sich unter Rudern dem Hafen. »Ich finde, sie ist das schönste Schiff, das wir haben.«
    »Sie ist auf Begleitfahrt gewesen. Die Tuchhändler haben eine Sammlung veranstaltet. Fast jeder Kaufmann in der Stadt hat etwas beigetragen, auch ich, obwohl ich statt Geld nur die Kerzen für die Laternen geben konnte. An Bord sind Bewaffnete, und sie eskortiert die Frachter zwischen hier und Hohenheide. Dort wartet die Sturmreiter und begleitet sie weiter die Küste hinauf.«
    »Das wußte ich nicht.« In der Burg hatte ich davon nicht reden gehört, und es

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