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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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erhob ich mich rasch, stieß gegen den Tisch und hätte in meiner Eile fast noch die Bank umgeworfen. Auf halbem Weg zur Tür erinnerte ich mich an Burrichs Anweisungen, wie man sich wohlerzogen von einer Dame verabschiedet. Ich schluckte den letzten Bissen hinunter.
    »Habt eine gute Nacht, Mylady«, murmelte ich, weil mir nichts Gescheites einfiel, und schob mich weiter auf die Tür zu.
    »Warte«, sagte sie und fragte, als ich stehenblieb: »Schläfst du oben oder in den Ställen?«
    »Beides. Manchmal. Ich meine, sowohl als auch. Gute Nacht.« Diesmal ergriff ich regelrecht die Flucht und war schon auf der zweiten Treppe, bevor ich mich über die seltsame Frage zu wundern begann. Erst als ich mich ausziehen wollte, um ins Bett zu gehen, merkte ich, daß ich noch den leeren Bierkrug in der Hand hatte, und noch beim Einschlafen kam ich mir vor wie ein Narr. Nur wußte ich nicht, wieso eigentlich.

Kapitel 12
Prinzessin Philia
     
    Die Roten Korsaren waren die Geißel ihres eigenen Volkes, lange bevor sie die sechs Provinzen heimsuchten. Zu Beginn nicht mehr als der Anhängerkreis eines obskuren Geheimbunds, erlangten sie durch rücksichtsloses Taktieren sowohl politische als auch religiöse Macht. Clanführer und Älteste, die sich ihrem Diktat nicht beugen wollten, mußten oft erleben, daß ihre Frauen und Kinder Opfer des Fluchs geworden waren, den wir den Roten Wahn nennen. Hartherzig und grausam, wie die Outislander uns erscheinen mögen, haben sie doch einen hohen Begriff von Ehre und ahnden mit furchtbaren Strafen jeden Verstoß gegen das Gesetz der Gemeinschaft. Unvorstellbar der Schmerz des Vaters, dessen Sohn entfremdet wurde. Entweder muß er seine Missetaten verschweigen oder zusehen, wie er für seine Vergehen bei lebendigem Leib geschunden wird, und hinnehmen, daß er sowohl den Erben als auch den Respekt der anderen Clans verliert. Die Drohung des Entfremdens war ein wirkungsvolles Mittel zur Unterdrückung von Widerstand und Auflehnung gegen die Tyrannei der Roten Korsaren.
    Zu dem Zeitpunkt, als die Roten Korsaren immer häufiger an unseren Küsten auftauchten, konnten sie sich als die unangefochtenen Herrscher der Äußeren Inseln betrachten. Wer sich offen gegen sie stellte, starb oder mußte fliehen. Andere entrichteten widerwillig ihren Tribut und ertrugen zähneknirschend die Willkür der Großmeister des Geheimbundes. Doch viele schlossen sich aus freien Stücken den Korsaren an, strichen den Rumpf ihrer Schiffe rot und fragten nicht nach der Rechtmäßigkeit ihres Tuns. Man kann davon ausgehen, daß diese Konvertiten zumeist aus den geringeren Clans stammten, die nie zuvor eine Möglichkeit gehabt hatten, an Einfluß zu gewinnen. Doch er, der über die Roten Korsaren gebot, fragte nicht nach der Herkunft eines Mannes, solange er dessen unwandelbare Ergebenheit besaß.
     
    Ich sah die vornehme Dame noch zweimal, bevor ich herausfand, wer sie war. Die zweite Begegnung fand am nächsten Abend statt, ungefähr zur gleichen Stunde. Molly hatte mit Einmachen zu tun, deshalb war ich mit Kerry und Dick durch die Tavernen gezogen. Vielleicht hatte ich einen, höchstens zwei Becher Ale mehr gehabt, als ich vertragen konnte. Ich fühlte mich weder besudelt, noch war mir übel, aber ich paßte auf, wo ich meine Füße hinsetzte, denn einen Fehltritt in der hereinbrechenden Dunkelheit hatte ich bereits hinter mir.
    An den staubigen Küchenhof mit seinem Katzenkopfpflaster und den Wagenstellplätzen schließt sich ein von Hecken umfriedetes Geviert an, der sogenannte Frauenhag, nicht, weil er ausschließlich der Weiblichkeit vorbehalten gewesen wäre, sondern weil er von Frauen gehegt und gepflegt wird. Es ist ein schönes Fleckchen mit einem Teich und vielen Kräuterbeeten zwischen Blumenrabatten und Spalierobst und Rasenpfaden. Aus Erfahrung wußte ich, daß es ein Fehler wäre, jetzt schlafen zu gehen. Sobald ich die Augen zumachte, würde das Bett anfangen, sich zu drehen, und dann war es nur eine Frage der Zeit, bis ich mich übergeben mußte. Es war ein schöner Abend gewesen, der einen besseren Ausklang verdiente, deshalb ging ich in den Frauenhag, statt in mein Zimmer. In einem Winkel des Gartens, zwischen einer Feldsteinmauer und einem kleinen Tümpel, wuchsen verschiedene Arten Quendel. An einem heißen Tag kann das Aroma betäubend sein, aber jetzt in der Abendkühle hatten die vermischten Düfte eine wohltuende Wirkung auf meinen Brummschädel. Ich wusch mir in dem klaren Wasser das Gesicht,

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