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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Lage. Doch wenigstens verhälfe uns ein königlicher Erlaß zu einer einheitlichen Marschrichtung, und Einigkeit macht stark. Gleichzeitig müßte der König noch andere Maßnahmen in die Wege leiten.« Er beugte sich vor, um einen Blick auf die brodelnde Flüssigkeit zu werfen. »Mehr Hitze«, befahl er.
    Ich nahm den kleinen Blasebalg und fachte behutsam das Feuer an. »Zum Beispiel?«
    »Gegenangriffe ermutigen. Jedem, der bereit ist, seinerseits einen Raubzug gegen die Outislander zu unternehmen, ein Schiff samt Ausrüstung zur Verfügung stellen. Verbieten, daß Vieh- und Schafherden als verführerisch leichte Beute auf den Klippen grasen. An die Dörfer Waffen verteilen, wenn wir nicht in jeden Ort Soldaten schicken können. Bei Edas Pflug, jeder soll Carrissamen und Nachtschatten in einem Beutel am Handgelenk tragen und die Möglichkeit haben, sich im schlimmsten Fall selbst das Leben zu nehmen, statt wehrlos seinen Henkern ausgeliefert zu sein. Alles, was der König in dieser Situation täte, wäre besser als diese verfluchte Unentschlossenheit.«
    Ich starrte Chade an. Nie zuvor hatte ich ihn mit derartigem Nachdruck sprechen gehört oder erlebt, daß er so unverhohlen Kritik an Listenreich übte. Grenzte das nicht schon an Majestätsbeleidigung? Ich hielt den Atem an. Einerseits hoffte ich, daß er weiterredete, andererseits hatte ich Angst vor dem, was er vielleicht sagte. Er schien meine Bestürzung nicht zu bemerken. »Schieb den Tiegel noch etwas weiter in die Glut. Aber vorsichtig. Wenn das Zeug explodiert, hat König Listenreich möglicherweise zwei Narbenmänner statt einem.« Er sah mich an. »Ja, einem ähnlichen Unglücksfall verdanke ich mein Aussehen. Doch es könnten ebensogut echte Pocken sein, danach zu urteilen, wie Listenreich mir neuerdings begegnet. ›Du steckst voller böser Omen und düsterer Prophezeiungen‹ sagte er zu mir. ›Doch ich glaube, du willst nur deshalb, daß der Junge in der Gabe ausgebildet wird, weil es dir versagt geblieben ist. Ein verderblicher Ehrgeiz, Chade. Laß ab davon.‹ Da spricht der Geist der Königin mit des Königs Zunge.«
    Chades Bitterkeit machte mich sprachlos.
    »Chivalric. Ihn bräuchten wir jetzt«, fuhr er nach einer Weile fort. »Listenreich hält sich zurück, und Veritas ist zwar ein guter Soldat, doch er hört zu sehr auf seinen Vater. Er wurde erzogen, der zweite Mann zu sein, nicht der erste. Initiative ist seine Sache nicht. Chivalric wäre in die verwüsteten Dörfer gegangen, hätte mit den Leuten gesprochen, deren Angehörige zu seelenlosen Wiedergängern geworden sind. Verflucht, er hätte sogar mit den Entfremdeten selbst geredet ...«
    »Glaubst du, das hätte etwas genützt?« fragte ich leise. Ich wagte kaum, mich zu rühren, weil ich seinen Gedankengang nicht stören wollte.
    »Es wäre keine Lösung, nein. Aber das Volk hätte den Eindruck, in guter Hut zu sein. Manchmal ist das alles, worauf es ankommt – Tatkraft demonstrieren. Doch Veritas' Maßnahmen erschöpfen sich darin, seine Spielzeugsoldaten marschieren zu lassen und Strategien abzuwägen. Und Listenreich schaut zu und denkt nicht an sein Volk, sondern nur daran, wie er Edel vor Gefahren schützen und doch in einer Position halten kann, von der es nur ein Schritt an die erste Stelle ist, sollte es Veritas gelingen, sich umbringen zu lassen.«
    »Edel?« entfuhr es mir ungläubig. Edel, der eitle Gockel mit seinen bunten Federn? Er folgte Listenreich wie ein Schatten, aber nie hatte ich ihn als einen wirklichen Prinzen angesehen. Seinen Namen im Zusammenhang mit der Thronfolge erwähnt zu haben erstaunte mich.
    »Er hat sich zum Liebling seines Vaters gemausert«, erklärte Chade verdrossen. »Seit dem Tod der Königin hat Listenreich ihn nach Strich und Faden verwöhnt. Er will sich mit Geschenken das Herz des Jungen erkaufen, nun, da seine Mutter ihn nicht mehr beeinflussen kann. Und Edel versteht das auszunutzen. Er sagt nur, was der alte Mann hören möchte. Listenreich läßt ihm die Zügel zu locker. Sein Jüngster reist herum und verschwendet Gelder für sinnlose Besuche in Farrow und Tilth, wo die Verwandten mütterlicherseits ihm einreden, Wunders wie bedeutend er sei. Der Milchbart sollte zu Hause in die Zucht genommen werden und Rechenschaft darüber ablegen, was er mit seiner Zeit anfängt. Und mit seiner Apanage. Was er für Tand und Kurzweil zum Fenster hinauswirft, hätte ausgereicht, ein Kriegsschiff auszustaffieren.« Im selben Atemzug rief er

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