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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Prinzen aussieht wie eine Bauerndirne?«
    »Warum nicht? Besser als eine Gemahlin, die aussieht wie ein feister Karpfen in einer Wasserschüssel.«
    Molly kicherte.
    »Er sollte eine haben, die beim Morgengalopp neben ihm reitet, oder eine, die sich den Teil einer Landkarte anschaut, den er gerade fertiggestellt hat, und erkennt, mit wieviel Sorgfalt die Zeichnung ausgeführt ist. Das wäre eine Gemahlin für Prinz Veritas.«
    »Ich bin nie auf einem Pferd geritten«, bemerkte Molly plötzlich. »Und ich kenne nur wenige Buchstaben.«
    Ich schaute sie an und wunderte mich, weshalb sie plötzlich so niedergeschlagen aussah. »Na und? Du bist klug genug, um alles lernen zu können. Denk doch nur, was du dir alles selbst beigebracht hast, über Kerzen und duftende Pflanzen. Sag mir nicht, du hättest das von deinem Vater gelernt. Manchmal, wenn ich in den Laden komme, riechen dein Haar und deine Kleider nach frischen Kräutern, und ich weiß, du hast wieder neue Rezepturen ausprobiert. Wenn du den Wunsch hast, besser lesen und schreiben zu lernen, hindert dich nichts daran. Und das Reiten – du wärst ein Naturtalent. So, wie du hier in den Felsen herumkletterst, hast du Kraft und Gleichgewichtssinn. Und Tiere mögen dich. Fäustel hast du mir beinahe abspenstig gemacht.«
    »Dummes Zeug!« Sie gab mir einen Stoß mit der Schulter. »Du redest, als würde eines Tages ein Edelmann von der Burg herabgeritten kommen und mich mitnehmen.«
    Ich dachte an August mit seinem steifen Benehmen oder Edel, der um sie herumscharwenzelte. »Da sei Eda vor. Reine Verschwendung. Sie hätten nicht den Verstand, dich zu begreifen, und nicht das Herz, dich zu würdigen.«
    Molly senkte den Blick auf ihre abgearbeiteten Hände. »Aber wer könnte es dann?« fragte sie leise.
    Halbwüchsige Jungen sind Dummköpfe. Das Gespräch hatte sich ganz von selbst entwickelt, mit keinem meiner Worte verband ich irgendeinen Hintergedanken. Ich hatte nicht schmeicheln wollen oder ihr auf verdeckte Art den Hof machen. Die untergehende Sonne berührte den Horizont und warf eine goldene Bahn über die glatte Wasserfläche; wir saßen dicht beisammen, und der Strand lag wie die ganze Welt zu unseren Füßen. Hätte ich in diesem Augenblick gesagt: »Ich, zum Beispiel«, glaube ich, daß mir ihr Herz in die ungeschickten Hände gefallen wäre wie ein reifer Apfel vom Baum. Vielleicht hätte sie mich geküßt und sich mir aus eigenem Willen versprochen. Doch ich fühlte mich wie vor den Kopf geschlagen von der plötzlichen Erkenntnis dessen, was aus unserer Kinderfreundschaft geworden war, und brachte die schlichte Wahrheit nicht über die Lippen. Ich blieb stumm, und schon kam Fäustel angesaust, naß und voller Sand, so daß Molly aufsprang, um ihre Röcke vor dem Schlimmsten zu bewahren. Die Gelegenheit war vorüber, davongeweht wie Gischt im Wind.
    Wir standen auf und reckten uns, und Molly klagte, wie spät es schon sei, und ich spürte die tausend Schmerzen meines zerschlagenen Körpers. Das lange Stillsitzen in Wind und Feuchtigkeit war reiner Leichtsinn, bei einem kranken Pferd hätte ich besser aufgepaßt. Ich begleitete Molly nach Hause, und es gab einen Augenblick der Befangenheit vor ihrer Tür, bis sie sich bückte und Fäustel zum Abschied an sich drückte. Dann war ich allein, abgesehen von einem neugierigen jungen Hund, der wissen wollte, weshalb ich so langsam ging, dabei wäre er doch halbverhungert, und könnte man auf dem Rückweg nicht ein bißchen laufen und spielen?
    Ich stapfte den Berg hinauf, frierend an Geist und Körper. Nachdem ich Fäustel im Stall abgeliefert und Rußflocke gute Nacht gesagt hatte, stieg ich zum Palas hinauf. Galen und seine Zöglinge hatten soeben ihre Hungermahlzeit beendet und geschlossen den Speisesaal verlassen. Auch an den übrigen Tischen waren die meisten Plätze leer, und mich zog es dorthin zurück, wo ich früher Zuflucht gefunden hatte. In der großen Küche gab es immer zu essen und Gesellschaft in der angrenzenden Wachstube. Tag und Nacht herrschte ein reges Kommen und Gehen der Dienstmannen des Königs, deshalb hing stets ein Kessel über dem Feuer, der mit Wasser, Fleisch und Gemüse aufgefüllt wurde, sobald der Pegel sich senkte. Wein und Bier und Käse gab es auch, dazu die anspruchslose Unterhaltung derer, die die Burg und unser aller Leben bewachten. Vom ersten Tag an hatten sie mich in ihre Mitte aufgenommen. Also bereitete ich mir dort eine einfache Mahlzeit, weniger karg, als Galen mir

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