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Die Legende von Carter Prewitt

Die Legende von Carter Prewitt

Titel: Die Legende von Carter Prewitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Hackett
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Eile an. Ein Steilhang vor ihnen musste in voller Fahrt überquert werden. Die Fuhrwerke durften nicht aus dem Schwung kommen, die Tiere durften nicht ins Schritttempo zurückfallen. Denn wenn der Zug erst ins Stocken geriet und schließlich nicht mehr weiterfuhr, würden sie Stunden, vielleicht einen ganzen Tag verlieren.
    Mit heiserem Gebrüll trieben die Männer auf den Böcken die Ochsen und Maultiere an. Die Räder drehten sich kaum schneller. Aber die Tiere legten sich in die Riemen, stemmten die Hinterbeine wie Säulen gegen das Gefälle, Peitschenschnüre klatschten auf ihre Rücken, die Leinen waren zum Zerreißen gespannt und knarrten bedenklich in den Sielen.
    »Vorwärts! Nicht nachlassen! Treibt sie an! Sie dürfen nicht stehen bleiben!« Carter Prewitt schrie sich fast die Seele aus dem Leib.
    Unerbittlich wurden die Tiere vorwärts gepeitscht. Schaum trat aus ihren Nüstern und tropfte zu Boden. Die Fuhrwerke schaukelten, polterten und knarrten, und wer sich auf den Schonern befand, wurde durch und durch geschüttelt.
    Dann erreichte das erste Fuhrwerk den Kamm der Anhöhe. Es donnerte darüber hinweg und wurde auf dem sich anschließenden Plateau sofort zur Seite gelenkt, um Platz für das nächste zu machen.
    Schließlich war auch der letzte Wagen oben. Trotz der Kälte schwitzten Menschen und Tiere. Die Ochsen und Maultiere röchelten und röhrten. Und nach einer Stunde Pause ging es weiter. Sie zogen, bis die Nacht kam. Dann fuhren sie die Gefährte in einem Hochtal zu einem engen Kreis zusammen. Die letzte Lücke schloss sich.
    Auch diese Nacht verlief ruhig und ohne Zwischenfälle. Die Menschen lagen in einem totenähnlichen Schlaf. Sie waren erschöpft. Die Strapazen waren mit jedem Tag härter geworden, verlangten von jedem das Letzte und gingen an die Substanz.
    Am übernächsten Tag zog die Schlange der Fuhrwerke in die Schlucht eines reißenden Flusses ein. Das Wasser brach sich an Felsen, die aus dem Flussgrund ragten, bildete Stromschnellen und Wirbel und gischtete.
    An den Wänden der tiefen Spalte waren noch die Schlammspuren zu sehen, die verrieten, wie hoch die Schmelzwasser im Februar noch die Schlucht überschwemmt hatten. Von den Bergen herunter gespültes Geröll lag überall herum und musste oftmals erst mühsam zur Seite geräumt werden, damit die schwerfälligen, kaum zu manövrierenden Fuhrwerke passieren konnten. Sie zogen auf dem natürlichen Weg neben dem tosenden Fluss entlang. Wenn sie dem Bett des Flusses nach Westen folgten, erreichten sie nach etwa achtzig Meilen den South Pass. In acht bis zehn, vielleicht auch erst in zwölf oder vierzehn Tagen.
    Noch war die Schlucht ziemlich breit. Die lange Kette von Planwagen folgte Carter Prewitt. Der Strom kam um eine Krümmung. Eine Felswand schob sich bis an den Fluss heran. Nach rechts öffnete sich eine Schlucht. Carter Prewitt trieb das Pferd hinein. Er folgte den Windungen zwischen den Felsen und Hügeln. Irgendwann schwenkte er wieder nach Westen ein, und sie zogen die Route parallel zum Fluss, von dem den Wagenzug gigantische Felsmonumente trennten. Die Kolonne folgte ihrem Führer in einigem Abstand.
    Der Abend nahte. Die Konturen wurden unscharf, grauer Dunst verzerrte die Umrisse der Felsen, die den Trail säumten. Dahinter erhob sich grau in grau die schweigende Bergwelt.
    Sie campierten in einem staubigen Talkessel. Mit dem Morgengrauen brachen sie wieder auf. Sie stießen wieder zum Fluss vor und zogen nach Westen. Die Tage vergingen in zähem Gleichmaß. Erschöpfung vertiefte die Linien in den Gesichtern. An manchen Tagen schüttete es wie aus Eimern, die Menschen wurden gereizt, und gewiss bereute es so mancher von ihnen, mit auf diesen Trail gegangen zu sein.
    Je näher sie dem South Pass kamen, umso größer wurde die Indianergefahr. Es war das Land der Shoshonen, durch das die Fuhrwerke rollten. Carter Prewitt erkundete den Weg. Er spielte all seine Erfahrungen aus. Als sie nur noch wenige Meilen vom Pass trennten, sah er zwei berittene Indianer auf einem Hügel in der Ferne. Späher der Shoshonen, die sicherlich längst wussten, dass ein Auswanderertreck über ihr Land zog.
    Es war am späten Nachmittag. Carter Prewitts wachsamer Blick schweifte über die Hügel und suchte in den Hügellücken nach Anzeichen von weiterer Gefahr. Sein Gesicht wirkte straff und ausgesprochen konzentriert.
    Die indianischen Späher wendeten ihre Pferde und verschwanden hinter der Kuppe.
    Carter Prewitt ritt zurück. »Die

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