Die Legende von der Schlafhöhle (German Edition)
eine halbe Stunde auf seine Toilette, bürstete und reinigte seinen schwarzen verschossenen Rock aufs beste und ordnete seine Locken vor einem Stück Spiegel, das an der Wand hing. Um vor seiner Herzallerliebsten als ein wahrer Kavalier zu erscheinen, lieh er von einem Farmer, mit dem er in gutem Vernehmen stand, einem cholerischen alten Manne, Namens Hans van Rippers, ein Pferd, und so trat er wohlberitten seine Wanderschaft wie ein fahrender Ritter an, der auf Abenteuer ausgeht. Aber ich muß nothwendig, dem Geiste einer romantischen Geschichte gemäß, einen etwas näheren Bericht von dem Aussehen und der Ausstaffirung meines Helden und seines Rosses geben. Das Thier, das er ritt, war ein abgelebter Ackergaul, der fast um Alles in der Welt gekommen war, nur nicht um seine Bosheit. Er war dürr und langhaarig, mit einem Hals wie ein Schaf und einem Kopf wie ein Hammer; Mähne und Schweif zusammengewirrt und geknotet; ein Auge hatte seine Pupille verloren und war weiß und glänzend, das andere, aber hatte noch den wahren Teufel in sich. Er mußte zu seiner Zeit Muth und Feuer gehabt haben, wie man schon aus seinem Namen schließen kann; er hieß Gunpowder (Schießpulver). Wirklich war er das Lieblingspferd seines Herrn, des heftigen van Rippers, gewesen, der ein wüthender Reiter, und von dessen Geist wahrscheinlich etwas auf das Thier übergegangen war; denn so alt und zusammengebrochen er auch aussah, so hatte er doch den Teufel im Leibe, wie kein Füllen in Lande.
Ichabod war eine Figur, die ganz zu dem Pferde paßte. Er ritt mit kurzen Bügeln, so daß seine Kniee fast an den Sattelknopf stießen; seine spitzen Ellbogen standen hinaus wie bei den Heuschrecken; die Peitsche hielt er perpendikulär in der Hand wie ein Scepter, und wenn sein Pferd einen kurzen Paß ging, bewegten sich seine Arme wie ein paar Flügel; der Saum seines schwarzen Rockes flatterte fast bis zum Schweif seines Pferdes. So sah Ichabod und sein Pferd, aus, als sie aus Hans van Rippers’ Thor hinauszogen; es war eine Erscheinung, wie man sie nur selten zu sehen bekommt.
Wie ich schon erwähnt habe, war es ein schöner Herbsttag; der Himmel war hell und blau, und die Natur trug das reiche, goldene Kleid, welches wir immer mit der Idee des Ueberflusses verbinden. Die Wälder hatten ein braunes und gelbes Gewand angelegt, während einige zartere Bäume durch den Frost die brillanten Farben von Orange, Purpur und Scharlachroth angenommen hatten. Schaaren von wilden Tauben durchzogen hoch die Luft; von den Buchen-und Hickorybäumen hörte man das Geräusch der Eichhörnchen und zu Zeiten den schwermüthigen Wachtelschlag von den benachbarten Stoppelfeldern.
Die kleineren Vögel waren im Begriff ihren Abschiedsschmaus zu halten. In der Fülle des Genusses flatterten sie fröhlich zwitschernd von Busch zu Busch und von Baum zu Baum, verwundert über den Ueberfluß und den Wechsel um sie herum. Da war das schöne Rothkehlchen, das Lieblingsvögelchen der Knaben, mit seiner hellen klagenden Stimme, die Amseln mit ihrem weittönenden Gesang, die goldbeschwingten Spechte mit ihrem hochrothen Federbusch, ihrem breiten schwarzen Halskragen und ihrem glänzenden Gefieder; der Ledervogel mit seinen rothgefleckten Flügeln und Schwanz und seiner kleinen Reitkappe von Federn; der blaue Häher, dieser lärmende Gesell mit seinem hellblauen Kleid und weißen Unterkleidern, kreischend und plaudernd, nickend, baumelnd, sich biegend und sich benehmend, als wenn er mit allen Sängern des Waldes in gutem Vernehmen stände.
Als nun Ichabod so langsam hintrollirte, schweifte sein Auge, das für jedes Symptom von kulinarischem Ueberfluß immer offen war, mit Vergnügen über die Schätze des heiteren Herbstes. An allen Seiten sah er einen großen Vorrath von Aepfeln, einige in reicher Fülle an den Bäumen hängen, andere in Körben und Tonnen zum Verkauf gesammelt, wieder andere in großen Haufen aufgespeichert für die Cyderpresse. Ferner erblickte er große Felder welschen Korns, das mit seinen goldnen Aehren aus den blätterreichen Büscheln hervorsah und gute Kuchen und Puddings in Aussicht stellte; darunter gelbe Kürbisse, ihre runden Früchte gegen die Sonne gewendet, die herrlichsten Torten versprechend; darauf passirte er die wohlriechenden Buchweizenfelder, die Lust der Bienen, und indem er sie sah, stahlen sich Gedanken an schmackhafte, wohl mit Butter versehene und mit Honig oder Syrup versetzte, von der zarten kleinen Hand der Katharine van Tassel
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