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Die Legende von der Schlafhöhle (German Edition)

Die Legende von der Schlafhöhle (German Edition)

Titel: Die Legende von der Schlafhöhle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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vorwärts, durch Dick und Dünn; Steine flogen und Funken stoben mit jedem Sprung. Ichabods leichte Kleider flatterten in der Luft, während er in eiliger Flucht seinen langen dürren Leib über den Kopf seines Pferdes ausstreckte.
    Sie hatten nun die Straße, welche sich nach der Schlafhöhle wendet, erreicht; aber Gunpowder, der von einem Dämon besessen schien, machte, anstatt sich auf ihr zu halten, eine Wendung nach der entgegengesetzten Richtung und stürzte mit dem Kopfe voran den Hügel nach links herab. Dieser Weg führt durch eine sandige Höhle, ohngefähr eine Viertelmeile lang von Bäumen beschattet, wo er die in den Gespenstergeschichten so berüchtigte Brücke kreuzt, und gerade darüber ragt der grüne Hügel hervor, auf dem die weiße Kirche steht.
    Der panische Schrecken des Pferdes hatte jetzt seinem ungeschickten Reiter einen offenbaren Vortheil bei der Jagd gegeben; aber gerade als er halbweges durch die Höhle gekommen war, gab der Sattelgurt nach und drohte unter ihm wegzugleiten. Er hielt sich am Sattelknopf fest und suchte den Sattel fest zu halten, aber vergebens; er hatte gerade nur noch Zeit, sich an den Hals des alten Gunpowder festzuklammern, als der Sattel auf die Erde fiel und er hörte, wie er von seinem Verfolger unter die Füße gestampft wurde. Zeitweise dachte er wohl an Hans van Rippers’ Zorn – denn es war sein Sonntagssattel; aber zu solchen unbedeutenden Dingen war keine Zeit da, das Gespenst war ihm dicht auf der Ferse, und da er ein ungeschickter Reiter war, kostete es ihm viele Mühe, sich auf seinem Sitz zu erhalten. Bald rutschte er auf die eine Seilte, bald auf die andere, bald stieß er sich mit solcher Gewalt an das hohe Rückgrat seines Pferdes, daß er dachte, der Leib ginge ihm entzwei.
    Eine Oeffnung in den Bäumen gab ihm Hoffnung, daß die Kirchenbrücke in der Nähe sei. Der schwankende Reflex eines glänzenden Sternes in dem Flusse lehrte ihn, daß er sich nicht getäuscht hatte. Er sah die Wände der Kirche ziemlich deutlich zwischen den Bäumen hervorschimmern. Dabei erinnerte er sich des Platzes, wo Brom Bones’ unheimlicher Gegner verschwunden war. »Wenn ich nur die Brücke erreiche«, dachte Ichabod, »so bin ich geborgen.« In demselben Augenblick hörte er den schwarzen Hengst dicht hinter sich klopfen und schnauben; ja, er bildete sich ein, daß er seinen heißen Athem fühlte. Noch ein tüchtiger Tritt in die Rippen, und der alte Gunpowder sprang auf die Brücke; donnernd lief er über die widerhallenden Bohlen, gewann die entgegengesetzte Seite, und Ichabod warf jetzt einen Blick hinter sich, um zu sehen, ob sein Verfolger, wie gewöhnlich, in Feuer-und Schwefelflammen verschwinde. Gerade da sah er das Gespenst sich im Steigbügel erheben und seinen Kopf gegen ihn schleudern. Ichabod versuchte dem schrecklichen Wurf auszuweichen, aber zu spät. Er traf seinen Schädel mit einem fürchterlichen Krach – und warf ihn der Länge nach in den Staub, während Gunpowder, der schwarze Hengst und das Gespenst mit der Schnelligkeit des Wirbelwindes vorbeipassirten.
    Am nächsten Morgen fand man das alte Roß ohne Sattel, mit dem Zaum unter dem Fuß, ruhig an seines Herrn Thor grasend; Ichabod aber erschien weder beim Frühstück, noch beim Mittagstisch. Die Buben versammelten sich am Schulhause und schlenderten müßig an dem Ufer des Flusses herum, aber kein Schulmeister kam. Hans van Rippers fing nun an, einige Unruhe über das Schicksal des armen Ichabod und seines Sattels zu empfinden. Es wurde deßhalb eine nähere Untersuchung angestellt, und nach fleißiger Forschung kam man auf seine Spur. Auf einer Stelle des Weges, der zu der Kirche führte, fand man den Sattel in den Schmutz getreten; die Spuren der tief in den Weg eingegrabenen und von der höchsten Eile zeugenden Pferdehufe leiteten nach der Brücke, jenseits welcher, an dem Ufer einer breiten Stelle des Flusses, wo das Wasser tief und dunkel war, man den Hut des unglücklichen Ichabod und dicht dabei einen zertrümmerten Kürbis fand.
    Der Fluß wurde durchsucht, aber der Leichnam des Schulmeisters wurde nicht aufgefunden. Hans van Rippers, der zugleich Vermögensexekutor war, untersuchte den Bündel, der seine ganze irdische Habe enthielt. Sie bestand aus zwei und einem halben Hemde, zwei Halsbinden, einem paar wollenen Strümpfen, einem paar alten Hosen, einem rostigen Rasirmesser, einem Gesangbuch voll Eselsohren und einer zerbrochenen Tabakspfeife. Was die Bücher und die Geräthschaften

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