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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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erreichte: Sie brauchten einen erfahrenen Veteranen, der ihren Willen im Geheimen erfüllte, um das Volk vor dem schädlichen Tun der Ungetreuen zu bewahren.
    Lange Zeit zuvor waren schon die Handlungen verboten worden, und um den Glauben an die Infamen an der Wurzel auszurotten, sandten sie Drâcoràs aus. Ohne Aufsehen. Damit es keine Unruhe in den Strahlarmen gab und die Priester der Infamen nicht abtauchten. Solange sie sich vor Verfolgung sicher glaubten, konnte man sie mit ein wenig Gespür ausfindig machen.
    Und genau das gelang uns. Scheinbar restlos. Drâcoràs nippte an seinem Eiswein, genoss den Geschmack der Gewürze und die Süße. Manche der Priester brüsteten sich sogar noch im Angesicht der Veteranentruppe, die Infamen beschwören und Gegenleistungen von den Kreaturen einfordern zu können, wie das üppige Wachsen von Getreide oder ähnliches. Um so erstaunlicher, dass kein Infamer herbeieilt, um sie vor unseren Klingen zu bewahren.
    Noch wurde das Beten zu den Infamen oder ihr Name geduldet, aber Drâcoràs wusste, dass die Unauslöschlichen rigoroser gegen den Glauben vorgehen würden, sobald es keine Wunder mehr im Namen der Infamen gab.
    Das brachte ihn auf einen Gedanken.
    »Wie viele Köpfe fandet ihr?«, erkundigte Drâcoràs sich beinahe beiläufig und öffnete seine Unterlagen, blätterte bis zur Gesamtübersicht ihrer erbeuteten Stücke der letzten drei Teile der Unendlichkeit. »Dieses Mal, meine ich.«
    »Keinen«, sagte Hëironî pfeilschnell.
    »Zwei.« Tólanôri grinste siegessicher. »Von Kâsha’Lo und Try’palakis.«
    »Ich habe auch keinen vernichtet, und wenn Ishînaia uns keinen mitbringt« – er sah auf und ließ die Blicke zwischen den beiden Albinnen hin und her wechseln – »fehlt uns ein Kopf. Es müsste das Haupt von Shëidogîs sein.«
    Die rothaarige Veteranin wirkte besorgt. »Ich dachte, wir fanden Relikte in Überzahl?«
    »Viele Stücke, ja, wie Wirbel, Fingerteile, Schienbeine, aber« – Drâcoràs verglich die Zahlen nochmals und gelangte zum gleichen Ergebnis – »uns fehlt eben dieser Kopf.«
    Hëironî stieß einen Fluch aus und setzte den Becher ab. »Jetzt ist mir die Lust am Trunk vergangen. Sogar der Wein schmeckt leer.«
    »Prüfe es.« Drâcoràs schob die Übersicht zu Tólanôri, die mit schnellen Blicken die Aufstellungen überflog und die Mundwinkel zusammenkniff. Das genügte als Aussage.
    Die Inagsàri aßen stumm ihr Mahl, verzichteten auf weiteren Wein und hingen ihren Gedanken nach, zu denen sich mehr und mehr nicht nur Ungeduld, sondern auch die Sorge mischte, während draußen die Sonne versank und die milde Dunkelheit des Abends über Dsôn heraufzog.
    Das Rattern der Fuhrwerke und das geschäftige Treiben auf der Straße vor dem Gasthaus wurden weniger, die Handwerker und Händler stellten allmählich ihre Liefergeschäfte ein. Die Gestirne funkelten bereits leicht am Firmament, wie Drâcoràs mit einem knappen Blick aus dem Fenster bemerkte.
    »Sie hätte eine Nachricht geschrieben, wenn sie sich verspätete«, äußerte Hëironî, was unausgesprochen im Raum schwebte.
    Tólanôri überlegte. »Vielleicht hatte sie einen Unfall. Ihr Nachtmahr könnte sich das Bein gebrochen haben.«
    Oder sie fand ein Nest von Ungetreuen, die zu viel für ihre Kriegskunst gewesen waren. Drâcoràs mochte nicht glauben, was er gedacht hatte. Er selbst sah die schwarzhaarige Albin Schlachten gegen eine unglaubliche Überzahl bestehen, und in den Übungskämpfen gegen Gardisten ging sie gegen zehn Gegner gleichzeitig vor, ohne einmal geschlagen zu werden. Nein, das kann nicht sein. Er ertappte sich dabei, lieber an einen unzuverlässigen Nachtmahr oder ein Missgeschick zu glauben.
    Als Ishînaia bei Sonnenaufgang noch immer nicht erschienen war, schwangen sich Hëironî, Tólanôri und Drâcoràs in die Sättel und ritten nach Wèlèron.
    Dort war die Veteranin abhanden gekommen.
    Und genau da würden die Inagsàri ihre Suche beginnen. Unauffällig wie immer, doch härter als jemals zuvor – was keiner von den dreien aussprach, doch jeder insgeheim wusste.

    Ishím Voróo (Jenseitiges Land), Albaereich Dsôn Faïmon, Strahlarm Wèlèron, 4370. Teil der Unendlichkeit (5189. Sonnenzyklus), Spätsommer
    Die drei Inagsàri standen im Schutz einer riesigen Schwarzeiche und betrachteten den gewaltigen festungsähnlichen Bau, der sich am Hang über einem Tal erhob und dessen Fenster hell in der Finsternis erstrahlten.
    Er bestand aus einzelnen eckigen, in

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