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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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»Ich präsentierte euch: ein Haar von Nagsar Inàste!« Nun riefen alle durcheinander. Nur das laute Klopfen mit dem Zeremonienstab konnte die Ruhe in die Halle zurückzwingen.
    »Glaube mir, Ôpailos«, sagte Nâgal, »ich bin sehr neugierig auf deine Geschichte.«
    »Oh, das darfst du. Es ist ein Diebesstück der besten Sorte, mit allem, was es braucht, um legendär zu sein.« Der Alb breitete die Arme aus und drehte sich aufmerksamkeitsheischend um die eigene Achse. »Ihr werdet mir danach die Trophäe aufzwingen. Ich verwette darauf sogar meine Unendlichkeit.« Dann begann Ôpailos mit glühendem Eifer zu berichten: von der Beobachtung des Beinturms, von seinem Eindringen, von den unzähligen Fallen, von den blinden Wächtern, die ihn hetzten, von der Schönheit Nagsar Inàstes, die er in einem Spiegel sehen durfte, von der Einrichtung ihres Schlafgemachs, von seiner Flucht und seinem Sturz am Turm hinab und der Jagd quer durch Dsôn.
    Cothóra hing an seinen Lippen. Das ist ein wahrer Meistererzähler , dachte sie kurz und tauchte sofort wieder in die Geschichte ein, die Ôpailos zum Besten gab.
    Niemand sprach, alle lauschten und tranken, stießen sich gegenseitig an, wenn es sich doch zu ungeheuerlich anhörte. Aber keiner unterbrach den Tyvoi, der sich mehr und mehr steigerte, um zum Abschluss seiner Schilderung zu kommen.
    »So eilte ich zu euch. Lebendig. An einem Stück.« Ôpailos lachte und stampfte mit dem Fuß auf den Tisch, sodass Speer und Medaillon klirrend hopsten. Seine Miene nahm einen schelmischen Ausdruck an, während er seine Kumpanen betrachtete. »Und soeben gelang es mir, den größten, den besten, den einmaligsten Diebstahl zu begehen. Vor euer aller Augen«, setzte er hinzu. »Denn nach nichts anderem trachtete ich.« Wieder drehte er sich um sich selbst. »Ich bestahl euch ! Jeden Einzelnen und jede Einzelne.«
    Mich auch? Sofort tastete Cothóra an sich herum. »Bei mir versagtest du«, rief sie sofort. »Mir fehlt nichts.«
    »Mir auch nicht«, stimmte Acátor ein; nach und nach gesellten sich die zweifelnden Stimmen der anderen hinzu.
    Nâgal blickte zu dem Tyvoi hinauf. »Ich verstehe, dass du uns zum Narren halten wolltest, aber noch sehe ich nicht, worauf es hinausläuft.«
    »Nun, da ich euch nicht das Haar von Nagsar Inàste bringen konnte …«, setzte er an und wurde unverzüglich von Diamàs wütend unterbrochen.
    »Damit bist du nicht nur aus dem Wettstreit um die Trophäe«, rief sie, »sondern wirst auch aus der Gemeinschaft ausgeschlossen.« Sie starrte zu Nâgal. »Sag es ihm! Auch wenn die Geschichten von der Erbeutung ausgeschmückt werden dürfen, ein Tyvoi muss stets seine Eroberung vorweisen.« Diamàs reckte das Kinn.
    Schade. Aber sie ist im Recht. Cothóra bedauerte die Wende. Doch was meinte er damit, als er davon sprach, dass er uns bestahl?
    Dass Ôpailos schallend lachte, verwunderte die Albae. Es schien ihn nicht zu kümmern, dass ihm die Mitgliedschaft entzogen wurde. »Oh, ich behauptete niemals, dass ich das Haar hatte.«
    »Doch«, keifte Diamàs und eilte auf ihn zu. »Steig vom Tisch herab, damit ich …«
    Der Alb ging lässig in die Hocke und sah die Aufgebrachte erheitert an. »Ich sagte ich präsentierte euch, und das war ganz bewusst die Möglichkeitsform. Anschließend unterhielt ich euch mit meiner Fassung, wie der Diebstahl wohl verlaufen wäre , hätte ich ihn tatsächlich begangen.« Er legte einen Finger gegen das Kinn und tippte dagegen. »Und damit bestahl ich dich, Cothóra und Acátor sowie alle Tyvoi in dieser Halle.« Er wandte sich an Nâgal. »Sogar dich.« Er zwinkerte. »Außerdem kann ich gar nicht ausschließen, dass es kein Haar der Unauslöschlichen ist. Ich fand es in der Nähe des Turms. Mag sein, dass Samusin es mir sandte.«
    Wieder wurde es laut in der Halle. Die Tyvoi rätselten über den merkwürdigen Auftritt.
    Cothóra tastete sich erneut ab. Nein, es fehlt nichts , befand sie – und stutzte. Ihr Götter! Aber natürlich. Sie prustete und klatschte langsam Beifall, wurde immer schneller und lachte laut, sodass sich alle zu ihr umwandten.
    »Mir scheint, bei einer hatte er Glück«, kommentierte Diamàs schneidend. »Er entwand Maràkatas Verstand.«
    Cothóra beruhigte sich allmählich und stellte den Applaus ein, während Ôpailos und auch Nâgal neugierig zu ihr blickten. »Ich fand die Lösung«, verkündete sie und zeigte auf den Tyvoi. »Ich sah mich heimlich bereits mit der Trophäe nach Hause gehen, doch nun

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