Die Legenden der Albae: Tobender Sturm (Die Legenden der Albae 4) (German Edition)
nickte. »Gute Arbeit, die wir geleistet haben.«
Der Elb setzte zum Schritt an, zögerte, sah auffordernd zu Gosalyn und Rodîr.
Sie verstanden seinen Blick, und die Sohlen senkten sich zugleich auf die erste Stufe hinab. Seite an Seite schritten sie abwärts, Belogar und die Krieger folgten ihnen.
Auf dem Boden angekommen, befahl Rodîr seiner Truppe das Ausschwärmen und Sichern.
Belogar lachte ihn aus. »Du glaubst, hier seien Scheusale?« Er löste die Schnalle des Mantels und ließ ihn auf den Boden gleiten. Es war zu warm dafür.
»Glaubtest du an die Siedlung?«, konterte der Mann besonnen. »Es kann sich alles Mögliche hier vor uns verbergen.« Er zeigte auf den kleinen, dunklen Teich, auf dessen Oberfläche Wasserrosen tanzten. »Darin könnte eine Bestie hausen.«
»Vorsicht schadete noch nie«, gab ihm Phenîlas recht.
»Wie wahr.« Die Zwergin ließ ihre Blicke schweifen, eine Hand an den Griff der Axt gelegt. »Es ist wunderschön hier. Wenn ich kein Zuhause hätte, würde ich einziehen.«
»Oh, ich weiß, was du denkst«, warf Belogar ein, »aber wir haben nicht zu entscheiden, ob diese Siedlung je wieder von Zwergen und Elben …«
»Und Menschen«, warf Rodîr freundlich, doch bestimmt ein.
»Meinetwegen auch von Einhörnern und Feen bewohnt wird«, polterte Belogar. »Dazu haben wir Könige, die sich den Kopf zerbrechen.«
»Das werden sie sicherlich.« Rodîr amüsierte sich über den Zwerg und stützte sich auf seinen Speer. »Sag, wie kommst du auf Einhörner? Das ist ein geradezu idyllisches Bild.«
»Ja. Vor allem, wenn er darauf sitzt«, rief Gosalyn, zeigte auf Belogar und lachte schallend.
Der Zwerg verdrehte die Augen und stapfte los. »Ich schaue mich um«, brummte er in seinen Bart. »Falls es niemandem im Freudentaumel aufgefallen sein sollte« – er zeigte mit dem Streitkolben zu den Feldern –, »es wurde teilweise geerntet.«
Zwei Soldaten riefen die Anführer unvermittelt zu sich: In einem der Häuser, die sich in besserem Zustand befanden, waren sie auf eine Entdeckung gestoßen.
»Habe ich es nicht gesagt?« Belogar musste den Moment einfach genießen.
»Wehe, du wirst unausstehlich«, murmelte Gosalyn im Vorbeigehen.
Sie betraten die Hütte und sahen ein dunkelblondes Mädchen, das sich vor einer mit Zeichen bemalten, wagenradgroßen Scheibe zum Schlafen niedergelegt hatte. Ihre Haare waren zerzaust, das dunkelrote Leibchen wirkte abgetragen und zu klein.
Sie ließ sich nicht durch die Eindringlinge wecken, ihre Brust hob und senkte sich langsam.
Belogar deutete auf mehrere dünne Fladenbrote auf dem Tisch. »Eine kleine Bäckerin.« Er kostete davon. »Gar nicht schlecht. Sie hat sich Salz von den Wänden …«
Gosalyn packte ihn am Arm und zog ihn zurück. »Ich schätze sie auf elf, zwölf Zyklen.«
»Eine Elbin ist es nicht.« Phenîlas ging behutsam in die Hocke und betrachtete die Schlafende, dann streckte er die Hand aus, um sie wachzurütteln.
Das Mädchen zuckte zusammen, kroch rückwärts und knallte mit dem Kopf gegen die runenverzierte Scheibe, die daraufhin einen vielstimmigen metallischen Klang erschuf. Ohne die Lider zu heben, streckte sie tastend die rechte Hand aus, mit der anderen riss sie einen Dolch unter dem Kissen hervor. Die Worte aus ihrem Mund waren unverständlich.
»Sie ist blind.« Rodîr klang bedauernd.
»Sie hat nur die Augen geschlossen. Und ist nicht aus dem Geborgenen Land.« Belogars Miene verfinsterte sich. »Diese Sprache spricht man bei uns nicht.«
»Sie könnte schneeblind sein. Betrachtet ihre Haut und ihre Lider. Sie muss starken Sonnenbrand gehabt haben.« Phenîlas blickte den Zwerg freundlich an. »So bist du viel gereist und kennst jeden Dialekt?«
Belogar schnaufte. »Nein.«
»Was er in seiner launischen Art sagen möchte«, sprang die Zwergin ein, »ist, dass sie aus dem Jenseitigen Land kommen muss.«
Sie betrachteten das keuchende dunkelblonde Mädchen, das den Dolch abwehrend hin und her schwenkte.
»Sie besitzt Mut.« Phenîlas redete sie auf Elbisch an, Rodîr in der Sprache der Menschen, und Gosalyn versuchte es mit Zwergisch.
Aber die Kleine schüttelte stets den Kopf, antwortete unverständlich, doch sie verstaute die Waffe. Sie hatte begriffen, dass ihr keine Gefahr drohte.
»Wir sind nicht gelehrt genug.« Rodîr trat neben sie, berührte sie behutsam am Kopf und streichelte beruhigend über die wilden Haare. Dann zog er den Handschuh aus und deutete mit einer Berührung im Gesicht an,
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